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Klassik-Rezensionen

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Logo: Triennale Montag, 15.05.2000, 20.00 Uhr
Köln, Philharmonie
Ausstrahlung im Rundfunkprogramm WDR3 am 24.6.2000, 20.05 Uhr

WDR Rundfunkorchester Köln
Im Rahmen der MusikTriennale Köln

Leonard Bernstein (1918 - 1990): "Mass". Konzertante Aufführung in englischer Sprache

Besetzung:
John Cashmore, Celebrant
Eda Zari, Blues-Solistin
Anke Held, Rock-Solistin
Alexander Gelhausen, Blues-Solist
Alexandre Zindel, Rock-Solist
Sarah Schlüter, Sopran
Stefanie Kunschke, Sopran
Carl Kaiser, Bass
Andreas Martin Winkler, Prediger


Knaben des Kölner Domchores
Domkapellmeister Eberhard Metternich, Einstudierung
Dresdner Kapellknaben
Matthias Liebich, Einstudierung
Solistenensemble der Hochschule für Musik Köln
Thomas Wise, Einstudierung


WDR Rundfunkorchester Köln
Helmuth Froschauer, Dirigent

Beschnittene Flower-Power-Blüte

A Theatre Piece for Singers, Players and Dancers - so lautet der Untertitel zu Leonard Bernsteins Mass, die 1971 entstanden ist. Er bezeichnet ziemlich genau das, was die Aufführung dieser Sumpfblüte der Flower-Power-Zeit im Konzert der Kölner Triennale alles nicht gewesen ist. Gewiss: Man hat sich für die Kölner Philharmonie zwangsläufig auf eine konzertante Version des Werks einigen müssen. In ihr aber fehlen neben in der szenischen Version wichtigen Teilen ausgerechnet die berühmten Three Meditations, die drei Meditationen, die für sich genommen beliebte Konzertstücke für Cellisten sind. Die Frage, ob diese konzentrierte Konzertversion nun von Bernstein abgesegnet oder sogar eingerichtet worden ist oder nicht, sei zunächst dahingestellt. Tatsache ist: Das Werk wirkt bei weitem nicht so provokant und blasphemisch wie als Theaterstück (in dem der "Celebrant" immerhin mit den heiligen Sakramenten um sich wirft und einen "Tabledance" auf dem Altar vollführt).

Schwer ist es, ein Orchester zu finden für diese Musik, die alles ist, zwölftönig, rockig, polytonal, jazzig, avantgardistisch, blueslastig und zudem Anleihen nimmt bei Pop, Gospel und traditionellem Kirchenchoral. Das WDR Rundfunkorchester Köln kann das wie wohl kein zweites im Umkreis von einigen hundert Kilometern. Es scheitert ebenso wenig an der komplexen Rhythmik und den vielen Taktwechseln wie am angemessen jazzigen Sound. Bewundernswert auch Helmuth Froschauer, der Bernsteins Werk nüchtern und souverän auswendig dirigiert. Mit dem englischen Musicalsänger John Cashmore hat Froschauer sich für die Rolle des "Celebrant" zudem den rechten Interpreten mit Kraft und Leichtigkeit in der Stimme ausgesucht. Damit ist der Abend, der bei Bernstein-Werken oft und gerne in die Hose geht, schon einmal gerettet.

Negatives allerdings gibt es auch zu berichten: Über die leider zu verkrampften männlichen Solisten der Hochschule für Musik in Köln etwa, die nicht so überzeugen wie die Damen. Zu steif, zu dünn oder zu unbeweglich sind ihre Stimmen, zudem stoßen sie zu oft noch an stimmliche Grenzen. Hier wäre ein besseres Casting (Einstudierung: Thomas Wise) vonnöten gewesen. Sind die "Quadrophonic Tapes" Bernsteins, die aus den Lautsprechern an den Seiten der Bühne klingen, absichtlich in so bemitleidenswerter Qualität produziert worden, oder war dies sogar Absicht? Kann sich die Philharmonie vielleicht keine adäquaten Boxen leisten? Wir hoffen hier Ersteres.

Am Ende des Konzerts werden Solisten, Dirigent und Orchester gefeiert. Fazit des Abends jedoch bleibt: Es geht provokanter, bunter, agressiver, theatralischer - jedoch nur, wenn man auf die Bühnenversion der Mass zurückgreift.

Von Markus Bruderreck



Da capo al Fine

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