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Klassik-Rezensionen

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Logo: Triennale Sonntag, 07.05.2000, 11.00 Uhr, Philharmonie Köln
Wiederholung am 9. und 10.5.2000, 20 Uhr
Ausstrahlung im Westdeutschen Fernsehen am 21. Mai, 11 Uhr


Im Rahmen der MusikTriennale Köln
10. Abo-Konzert - Gürzenich-Orchester Kölner Philharmoniker


Francis Poulenc: La voix humaine (Die menschliche Stimme
Lyrisches Drama in einem Akt nach Jean Cocteau
für Sopran und Orchester

Alexander von Zemlinsky: Lyrische Symphonie in sieben Gesängen op. 18
nach Gedichten von Rabindranath Tagore

Jennifer Ringo, Sopran
Susan Anthony, Sopran
James Johnson, Bariton

Gürzenich-Orchester Kölner Philharmoniker
James Conlon, Leitung



Romantische Nachklänge

Innerhalb der Musik des 20. Jahrhunderts vertreten Zemlinsky und Poulenc, jeder auf seine Weise, eher traditionsorientierte denn avantgardistische Strömungen. Insofern ist die Gegenüberstellung im Rahmen der Triennale, in die das 10. Abokonzert des Gürzenich Orchesters eingebettet ist, durchaus reizvoll, zumal James Conlon und das Orchester sich mit ihren CD-Aufnahmen in der Vergangenheit einen Namen als Zemlinsky-Spezialisten gemacht haben.

Conlons Interpretation von Poulencs lyrischem Drama La voix humaine ist eher rückwärts gerichtet als an der Moderne orientiert: Er zaubert mit dem Orchester, schwelgt in Klangfarben und betont das lyrische Element; ein paar energische Blechbläserattacken heben den vorherrschenden samtigen Sound nur noch deutlicher hervor. Der kurzgliedrigen, an der Sprache orientierten Melodik Poulencs bekommt das nicht übermäßig gut. Die Musik bricht immer wieder ab, wo Conlon eigentlich aussingen möchte (aber bei Poulenc nicht darf), und die super-softigen Einsätze des Orchesters gehen zu oft zu Lasten der Präzision. Viele schöne Einzelheiten machen noch kein stringentes Konzept.

Eigentlich ein Stück Bühnenmusik, darf Jennifer Ringo den Einakter mit dem Text von Jean Cocteau szenisch gestalten - Sessel, Stehlampe, ein Koffer mit Kleidungsstücken und ein Telefon stellen die sparsam verwendeten Requisiten dar. Auch wenn dem Programmheft nicht zu entnehmen ist, wer für die "Inszenierung" verantwortlich ist, erweist sich diese als durchaus ambitioniert und mehr als schlichte Bebilderung: Das Telefongespräch mit dem früheren Liebhaber, das Poulenc vertont hat, findet nur in der Phantasie der Frau statt. Jennifer Ringo gestaltet das eindrucksvoll, auch wenn ihre Stimme in der hohen Lage nicht sehr wandlungsfähig ist.

Die Lyrische Symphonie Zemlinskys liegt Conlon mehr, weil er hier endlich große Spannungsbögen aussingen darf. Das Klangbild ist allerdings wenig plastisch, in den großen Steigerungen gehen viele Einzelheiten im massiven, wenig beweglichen Forte-Klang verloren. Zwar sind die Instrumentengruppen in sich sehr schön und homogen, aber das Zusammenspiel von Blech, Holzbläsern und Streichern ist zu wenig ausgewogen. Das Werk wirkt in dieser Gestalt doch deutlich überinstrumentiert.

Der Stimme von James Johnson fehlt leider jegliches sonore Element, so dass er recht kernig (und sehr deutlich) den Text deklamiert - sicher keine Idealbesetzung für eine Symphonie, die das Wort "lyrisch" schon im Titel trägt. Susan Anthony wird dem weitaus besser gerecht, und sie vermittelt durch ihre nachdrückliche Gestaltung mitunter sogar etwas von der Modernität, die - bei aller Romantik - auch in dieser Musik steckt. In der Summe ist das freilich für ein Triennale-Konzert etwas mager.

Von Stefan Schmöe



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