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Interview mit Onute Narbutaite

Zur Uraufführung des "Sonnet" beim Europäischen Musikfestivals Münsterland

Von Oliver Kautny

In diesem Jahr findet erstmals das Europäische Musikfestival Münsterland statt (14.8-29.8), für das man das westfälische 'Versaille' Schloß Nordkirchen bei Münster als festlichen Spielort ausgewählt hat.

15 Konzerte an 16 Tagen präsentieren ein Programm, das thematisch zu einer musikalischen Reise ins Baltikum einlädt. Im Mittelpunkt des Festivals stehen deshalb Interpreten und Komponisten aus den drei baltischen Staaten. Auf der Liste der renommierten Künstler stehen klingende Namen wie David Geringas (Vc, Lettland) oder Gideon Kremer (29.8), Arvo Pärt, Erkki Sven Tüür (beide Estland), Peteris Vasks (Lettland) oder - Onute Narbuteite (geb. 1956, Vilnius), die man als führende litauische Komponistin mit einer Komposition beauftragt hatte.

Vor der Uraufführung ihres "Sonnet à la amour" für Gitarre und Tenor, das ein Gedicht von Oscar V. de Milosz (1877-1939) vertont, hatte ich die Gelegenheit die Komponistin in der Orangerie des Schlosses zu sprechen.

OMM: Frau Narbutaite, Sie haben heute die Proben für die Uraufführung begleitet - mit welchen Gefühlen sehen Sie dem Konzert heute abend entgegen?

N: Ich denke, man ist immer aufgeregt. Wenn ich ein Stück schreibe, dann glaube ich, daß ich alles so mache wie ich will. Wenn es aber dann geschrieben ist, ist es noch ganz frisch und ich habe noch keine klare Beziehung: ich weiß nicht, ob es gut ist und gelungen ist. Und das macht etwas nervös.

OMM: Hören Sie die Musik schon, wenn Sie komponieren?

N: Ja, ich stelle mir es vor - und es ist auch alles so, wie ich dachte. Aber ich habe keine Distanz zu meiner Musik. Viele Komponisten haben keine Distanz zu ihren Stücken, das kommt dann später.

OMM: Jetzt sind wir natürlich auch sehr gespannt auf Ihr neues Stück - wie ist es gemacht?

N: Herr Prégardien hat gesagt, daß er am Anfang skeptisch war, als er noch keine Noten gesehen hatte. Er hat ein Stück Klassischen Modernismus' erwartet, der jetzt schon "Klassik" ist. Meine Musik hat tonale Zentren und Cantilene: es ist zum Singen! Ich habe nämlich viel Musik für Gitarre gesehen und gehört, die nicht klingt. Die Komponisten glauben, sie müssen verschiedenste Möglichkeiten und Effekte nutzen. Gitarre ist aber ein so subtiles Instrument, daß diese keinen Effekt haben. In dem Stück ist zeitgenössische Musik mit traditionellen Spielarten verbunden, da Tenor und Gitarre für mich etwas von den "alten Zeiten" hat. Da sind einige Momente, die an alte Musik erinnern.

OMM: Spielt Ihre Heimat Litauen als Tradition auch eine Rollle?

N: Das kann man im weitesten Sinne so sagen. Denn mit dem Dichter verbindet sich eine wichtige Tradition. Er ist eine sehr interessante Persönlichkeit: er ist litauischer Herkunft aus deutschem Adel. Er hat Litauen mystifiziert, gerade weil er nicht wirklich dort gelebt hat. Er ist in Weißrußland geboren und ist gemischter Herkunft - seine Mutter war Jüdin, seine Großmutter väterlicherseits aus Italien. In Frankreich ging er dann zu Schule, wo er studierte und sein ganzes Leben dortblieb. Er war als Dichter schon ein "französischer" Dichter. Er hat aber sehr viel über Litauen geschrieben. Er war auch der erste litauische Diplomat in Paris. Aber als Dichter gehört er zu Frankreich. Ich denke, das hört man auch in meiner Musik, die ja von seiner Poesie inspiriert ist. Er selbst hat auch großes Interesse an Spanien und dem Mittelmeer und hat Orientalistik studiert!

OMM: Ich habe in einem Zitat von Ihnen gelesen, daß Sie durch Assoziationen, Bildern oder Architektur zu Klängen kommen, daß Ihr Weg zur Musik oft außermusikalisch ist. Gab es neben der Poesie noch andere Anregungen für Ihre Kompositionen?

N: Das ist schwer zu sagen, Mensch und Kunst sind nicht zu trennen. Mein Stück verarbeitet aber nicht nur das eine Sonnett, das ich in drei Sätze geteilt habe. Meine Inspiration rührte aber auch von anderen Gedichten dieses Dichters. Für ihn ist typisch die Melancholie, aber auch Landschaften. Er hatte auch ein nostalgisches Interesse an den alten Zeiten.

OMM: Wie ich über Sie gelesen habe, sagt man von Ihrer Musik, daß Natürlichkeit und Schönheit ein große Rolle spielen. Würden Sie dem zustimmen?

N: Wie ist Natürlichkeit zu verstehen? Was für die einen schön ist, ist es für andere nicht!

OMM: Sicher, aber das dritte Streichquartett ist eher herber im Klang, während sich z.B. Ihr Interludium eher am Schönklang orientiert. Wie würden Sie ihr neues Stück da einordnen?

N: Eher Schönklang, denke ich.

OMM: Vielen Dank für das Gespräch.



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