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Sonntag, 11.10.1998, 20.00 Uhr, Die Glocke, Bremen
Akademiekonzert

Johann Sebastian Bach: h-Moll Messe

Hellen Kwon, Sopran
Hedwig Fassbender, Alt
Peter Straka, Tenor
Ulf Bästlein, Bass
Bach-Ensemble der EuropaChorAkademie
Münchner Symphoniker
Leitung: Joshard Daus



Eigenwillige Interpretation

Die h-Moll-Messe mit jungem Chor und fantastischen Solisten

Von Annette van Dyck

Es ist Herbst und daher wieder Zeit für Vater Bachs Musik. In Bremen wurde die Saison eingeläutet mit der h-Moll Messe, die Bach kurz vor seinem Tod 1750 aus verschiedenen bereits vorher komponierten Sätzen zusammenstellte. Eine Herausforderung für jeden Chor wurde die "Hohe Messe h-Moll" vor allem im 19. Jahrhundert häufig aufgeführt und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit.

Hinsichtlich der Interpretationen gibt es keine Einigkeit: Sind die Tempi nun langsamer oder möglichst schnell anzusetzen? Soll man alte oder neue Instrumente nehmen? Achtet man auf den Text oder auf die instrumentale Führung der Stimmen? Soll die Phrasierung legato oder kurz und getupft sein? Beachtet man nur die sporadischen Dynamik-Anweisungen Bachs oder gestaltet man auch Teile ohne Anweisungen dynamisch unterschiedlich? - Es ist ein Kreuz mit diesen alten Komponisten, die wohl dachten, niemand außer ihnen selbst würde diese Musik je aufführen.

MITTELWEG

Nun, Joshard Daus versuchte einen Mittelweg, über den man geteilter Meinung sein kann. Das erste Kyrie in extremem Largo spickte Daus mit einigen mir merkwürdig erscheinenden, aber jetzt häufiger zu hörenden Staccato-Passagen. In diesem und vielen der langsameren Sätze dominierten dynamisch sehr zurückhaltende Passagen: mehrfach schienen die Frauenstimmen im tutti einfach zu fehlen. Der lateinische, hier italienisierte Text geriet meines Erachtens zu stark in den Hintergrund. Man muß nicht jedes Wort ausdeuten, aber Vokalstimmen sind trotz aller instrumentaler Führung, die Bach bevorzugte, keine Instrumente wie alle anderen, sondern sie können ein bißchen mehr!

Mit einem Solisten-Chor, mit älteren Stimmen, gar mit Laien hätte Daus seine Interpretation der h-Moll-Messe unmöglich durchführen können. Die EuropaChorAkademie glänzte durch präzise Intonationen, weitgespannte Bögen und eine flexible Interaktionsfähigkeit, für die der relativ lässig agierende Dirigent nur dankbar sein kann. Gleiches gilt für die Münchner Symphoniker, die ihre Einsätze und Tempi teils eher erahnen mußten und auf leicht überraschende Tempokorrekturen souverän reagierten.

EIN EIGENES KAPITEL

Den Solisten gebührt ein Kapitel für sich. Die musikalische Gestaltung ihrer Arien wirkte insgesamt wesentlich geschlossener und besaß mehr Atmosphäre als die Chorsätze, so leid es mir tut, das diesem wunderbaren Chor sagen zu müssen. Hellen Kwons warme und runde Stimme harmonierte gut mit dem wandelbaren Alt von Hedwig Fassbender; wunderschön die Phrasierungen ihrer Arien, der Ulf Bästlein und auch Peter Straka in nichts nachstanden. Der gepflegte Tenor von Straka ist eine Wohltat, Bästleins leicht rauher Baß paßte gut zu den Fanfaren des 'Quoniam tu solus sanctus'. Gestorben bin ich allerdings vor musikalischer Begeisterung beinahe beim 'Qui tollis' der Hedwig Fassbender. Wo hat die Frau bloß die Luft hergeholt, noch den hinterletzten Ton so schön zu formen? Dieses Farbenspektrum der Stimme! Diese Sicherheit der Interpretation! Außergewöhnlich!

FAZIT

Die Interpretation der h-Moll-Messe ist und bleibt eine Geschmacksfrage; an der musikalischen Qualität des Konzertes ist kein Zweifel erlaubt. Die EuropaChorAkademie geht in diesem Jahr mehrfach auf Tournee; ein Besuch lohnt sich in jedem Fall.

Tourdaten Bach, h-Moll-Messe: Zum Anfang der Seite

Donnerstag, 15. Oktober, 19.30 Uhr
Hamburg, Musikhalle
Hellen Kwon, Hedwig Fassbender, James Taylor, Peter Lika, Wolfgang Newerla, Münchner Symphoniker, Bach-Ensemble der EuropaChorAkademie, Leitung: Joshard Daus

Freitag, 16, Oktober, 20.00 Uhr
Wiesbaden, Kurhaus
Hellen Kwon, Hedwig Fassbender, Peter Straka, Peter Lika, Wolfgang Newerla, Münchner Symphoniker, Bach Ensemble der EuropaChorAkademie, Leitung: Joshard Daus

Samstag, 17. Oktober, 20.00 Uhr
Manchen, Gasteig
Hellen Kwon, Hedwig Fassbender, James Taylor, Peter Lika, Wolfgang Newerla, Münchner Symphoniker, Bach-Ensemble der EuropaChorAkademie, Leitung: Joshard Daus

Sonntag, 25. Oktober, 18.00 Uhr
Bad Kreuznach, Pauluskirche
Hellen Kwon, Ursula Eittinger, Peter Straka, Ulf Bästlein, Münchner Symphoniker, Bach-Ensemble der EuropaChorAkademie, Leitung: Joshard Daus



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