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Klavierabend Vladimir Ashkenazy

Von Markus Bruderreck

Mülheim an der Ruhr ist beim Klavierfestival der Ort für das Noble, für das Repräsentative, für die Stars: Hierhin kommen Ivo Pogorelich, András Schiff, Daniel Barenboim und Tzimon Barto. Nach dem Eröffnungskonzert am 18. Juni, das ebenfalls in Mülheim stattfand, war mit dem Klavierabend von Vladimir Ashkenazy einen Tag später bereits ein erster Höhepunkt erreicht. In der Mülheimer Stadthalle präsentiert Ashkenazy ein Programm, das sowohl innig und tiefsinnig ist als auch brilliant-virtuose Züge trägt.

Im ersten Teil konzentriert er sich auf Werke von Robert Schumann. Die Arabeske C-Dur op. 18 zu Beginn nimmt er schlicht und zurückhaltend. Auch bei der folgenden Kreisleriana op. 16 hält sich Ashkenazy zurück. Sein Stil ist einerseits geprägt von Klarheit und Durchhörbarkeit (mit dem Pedal ist er im Gegensatz zu seinem Kollegen Daniel Barenboim sparsam), die im Verein mit technischer Brillianz und Virtuosität stehen; andererseits ist er mit einem Sinn für Lyrik, für Sentiment versehen, und es entsteht eine Balance, die man nicht anders als glücklich beschreiben kann.

Nach der Pause dann wird es mit Maurice Ravels Gaspard de la Nuit („Schatzmeister der Nacht“) hochvirtuos. Ravels Komposition bezieht sich hier auf eine Dichtung von Aloysius Betrand. Im ersten Satz geht es um den romantische Undine-Stoff („Ondine“), während dann im zweiten und dritten Satz mit „Le Gibet“ (Der Galgen) und „Scarbo“ (einem grotesken Zwerg) die Sujets der Vertonungen ins skurrile und ins Nächtlich-Groteske abgleiten. Ravel, der nach eigener Aussage „ein Poem von transzendentaler Virtuosität“ schaffen wollte, ist dies hiermit mithin gut gelungen, er fährt immense technische Schwierigkeiten auf. Ashkenazy bewältigt sie quasi „spielerisch“ und mühelos, wenn auch emotional sehr kontrolliert, fast schüchtern.

Mit einer Auswahl an Werken von Segej Rachmaninow beendet Ashkenazy das Programm, einigen Preludes aus op. 23 und 32. Nichts ist hier verwischt, nichts überfrachtet: Wieder findet er die Balance zwischen Virtuosität und Sentiment. Zwar läßt ihn das Mülheimer Publikum nicht ohne eine Zugabe gehen – restlos begeistert war es jedoch nicht, kein Jubel, keine Bravos. Vielleicht hat das gerade mit Ashkenazys eher zurückhaltender, distanzierter Art und Weise des Spiels zu tun, das nicht auftrumpft oder donnert: Eine „sachliche Romanze“ mit Werk und Publikum.




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