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Musikfestspiele
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Klangvokal 2022
Musikfestival Dortmund

Das Paradies und die Peri

Oratorium in drei Teilen
Libretto nach dem Versepos Lalla Rookh (1817) von Thomas Moore
Übersetzung und Bearbeitung von Robert Schumann und Emil Flechsig
Musik von Robert Schumann

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 05' (eine Pause)

Aufführung in der St. Reinoldikirche in Dortmund am 4. Juni 2022, 19.30 Uhr

 

 

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Auf der Suche nach dem höchsten Gut

Von Thomas Molke / Fotos: © Bülent Kirschbaum

Nachdem Robert Schumann sich 1840 vorrangig dem Lied, 1841 der Sinfonie und 1842 der Kammermusik gewidmet hatte, beabsichtigte er, im darauffolgenden Jahr ein "neues Genre für den Concertsaal" zu präsentieren. Herausgekommen ist ein großes Chorwerk: Das Paradies und die Peri. Die Uraufführung am 4. Dezember 1843 im Leipziger Gewandhaus wurde ein so großer Erfolg, dass das Werk eine Woche später wiederholt wurde und sich neben der Frühlingssinfonie zwei Jahre zuvor zu einem der erfolgreichsten Stücke Schumanns entwickelte, das innerhalb der nächsten Jahre über 50 Mal aufgeführt wurde und sogar in New York zu erleben war. Die große Begeisterung des Publikums mag wohl der Geschichte gegolten haben, die sich anders als andere Oratorien nicht mit einer biblischen Geschichte auseinandersetzt, sondern einer Erzählung aus dem Versepos Lalla Rookh des irischen Dichters Thomas Moore entnommen worden ist. Auch Richard Wagner soll von diesem Epos sehr fasziniert gewesen sein, und im Chor der Genien des Nils im zweiten Teil hat man das Gefühl, einen Vorläufer von Wagners Walküren zu hören, auch wenn die Genien weniger martialisch daherkommen.

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Sarah Wegener als Peri

Moores Epos erzählt von der Reise der indischen Prinzessin Lalla Rookh zu ihrem Bräutigam. Begleitet wird sie von einem Gefährten, der sie auf dem Weg nicht nur mit mehreren Gedichten unterhält, sondern, wie sich am Ende herausstellt, auch noch ihr designierter Ehemann ist. Eine Geschichte von diesen Erzählungen ist Das Paradies und die Peri. Schumann bearbeitete sie gemeinsam mit seinem Freund Emil Flechsig für eine Komposition in deutscher Sprache. Die Peri ist ein gefallener Engel, der aus einem nicht näher erläuterten Grund aus dem Paradies vertrieben worden ist und nun erneut Eingang in den Garten Eden begehrt. Dies wird aber von einem Engel verweigert. Erst müsse die Peri zur Entsühnung "des Himmels liebste Gabe" beibringen. In den drei Teilen des Oratoriums begibt sich die Peri nun auf eine Reise durch die ganze Welt, um dieses höchste Gut zu finden. Schumann, dessen Musik den Einfluss von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und Felix Mendelssohn-Bartholdy nicht zu verleugnen sucht, arbeitet in eindringlichen Klangfarben die verschiedenen Stimmungen der einzelnen Handlungsorte bildlich heraus. Wenn die Peri zu Beginn vor dem Tor zum Paradies steht, klingt die Musik beinahe ätherisch entrückt. Valentina Stadler verfügt als Engel über einen warmen Mezzosopran mit leuchtenden Höhen. In den erzählenden Rezitativen übernimmt sie sowohl die Solopartien für Mezzosopran und Alt. Sarah Wegener verleiht der Peri mit klarem Sopran engelhafte Züge und macht die Verzweiflung des "gefallenen Engels" spürbar.

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Quartett mit (von links nach rechts): Sopran (Georgina Melville), Tenor (Maximilian Schmitt), Mezzosopran (Valentina Stadler) und Bariton (Jens Hamann) mit (in der Mitte) Christian Drengk, den Dortmunder Philharmonikern und dem Bachchor an St. Reinoldi

Die erste Reise führt die Peri nach Indien, wo ein mutiger junger Held dem tyrannischen Eroberer Gazna trotzt, diesem allerdings im Zweikampf unterliegt und stirbt. Christian Drengk, der als Reinoldikantor den Bachchor an St. Reinoldi leitet, arbeitet mit den Dortmunder Philharmonikern den tobenden Kampf zwischen den Indern und den angreifenden Afghanen mit heftigen und aggressiven Rhythmen plastisch heraus. Der Bachchor an St. Reinoldi klingt in diesem Teil sehr stimmgewaltig und martialisch. Leider geht bei dem Hall der Kirche die Textverständlichkeit in den Chorpassagen ein wenig verloren. Maximilian Schmitt gestaltet den Jüngling, der dem tyrannischen Eroberer Gazna mit Heldenmut trotzt, mit kraftvollem Tenor und sauberer Diktion und übernimmt gleichzeitig noch die erzählenden Rezitative. Jens Hamann punktet als Eroberer Gazna mit profundem Bariton und zeigt sich bereit zur Gnade, die von dem Jüngling allerdings abgelehnt wird. Die Peri hofft, dass ihr ein Blutstropfen des gefallenen Helden das Tor zum Paradies öffnen werde. Siegesgewiss tritt sie den Weg zum Paradies begleitet von einem Quartett und dem Chor an. Doch der Engel verweigert ihr weiter den Zutritt.

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Schlussapplaus: von links: Jungfrau (Georgina Melville), Jüngling (Maximilian Schmitt), Peri (Sarah Wegener), Christian Drengk (Dirigent), Engel (Valentina Stadler) und Gazna (Jens Hamann), dahinter die Dortmunder Philharmoniker und der Bachchor an St. Reinoldi

Der zweite Teil führt nach Ägypten, wo die Pest wütet und die Peri auf ein Liebespaar trifft. Der junge Mann hat sich an einen stillen See zurückgezogen,  um in Einsamkeit zu sterben. Sein einziger Trost besteht darin, seine Geliebte nicht angesteckt zu haben. Doch die Jungfrau will ohne den jungen Mann nicht weiterleben und sucht ihn auf. Mit einem Kuss will sie die Krankheit von ihm nehmen oder gemeinsam mit ihm in den Tod gehen. Georgina Melville punktet als Jungfrau mit zarten Höhen und lieblichem Sopran. Schmitt versucht als Jüngling vergeblich, seine Geliebte vor der Ansteckung zu bewahren. Wegener zeigt sich als Peri sichtlich gerührt von dem Schicksal und der Liebe der beiden. Während Schumanns Musik bereits den Hauch des Todes atmet, singt Wegener das sterbende Liebespaar mit einem bewegenden Wiegenlied in den Schlaf. So findet der zweite Teil einen etwas bedrückenden Abschluss.

Nach der Pause steht die Peri nun mit dem letzten Liebesseufzer des Paars vor der Himmelspforte. Doch erneut verweigert der Engel den Zutritt. Nun will die Peri schon aufgeben und begibt sich völlig verzweifelt nach Syrien. Wegener arbeitet die große Klage der Peri mit eindringlichem Sopran heraus. In Syrien trifft sie nun auf einen alten Mann, der sich der schlimmsten Verbrechen schuldig gemacht hat. Schumanns Musik suggeriert zunächst, dass er weitere Sünden begehen werde. Doch dann trifft dieser Mann auf einen reinen, unschuldigen Knaben und bereut seine Taten. Hamann macht diesen Wandel mit bewegtem Bariton deutlich. Es sind seine Tränen, die der Peri schließlich das Tor zum Garten Eden öffnen. Nun bringt sie ihre Freude in halsbrecherischen Koloraturen zum Ausdruck. Wegener punktet hier mit großer Beweglichkeit in der Stimme und großer Strahlkraft in der Höhe. Der Bachchor empfängt die Peri als Chor der Seligen erneut im Paradies und bringt das Stück zu einem fulminanten Abschluss.

FAZIT

Dieses Stück möchte man gern häufiger im Konzertsaal hören.

Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2022

 

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Christian Drengk

Bachchor an St. Reinoldi

Dortmunder Philharmoniker

 

Solistinnen und Solisten

Die Peri
Sarah Wegener

Der Jüngling / Tenor
Maximilian Schmitt

Der Engel / Mezzosopran / Alt
Valentina Stadler

Die Jungfrau / Sopran
Georgina Melville

Der Mann / Gazna / Bariton
Jens Hamann

 

Weitere
Informationen

erhalten Sie unter
Klangvokal Dortmund
(Homepage)



Da capo al Fine

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