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Rossini in Wildbad
Belcanto Opera Festival
08.07.2021 - 25.07.2021


Rossini & Co. III Opernszenen

Konzert der Teilnehmer der Masterclass von Raúl Giménez

In deutscher, italienischer und französischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 50' (keine Pause)

Aufführung im Königlichen Kurtheater am 25.07.2021

 

 

 

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Opernszenen im Königlichen Kurtheater

Von Thomas Molke / Fotos: © Karin Ferenbach

In diesem Jahr ist in Bad Wildbad alles anders. Wegen der Corona-Pandemie hat Festspiel-Intendant Jochen Schönleber alle Veranstaltungen im Freien geplant, um das Festival in diesem Jahr überhaupt stattfinden lassen zu können. So sollten beispielsweise die Konzerte der Teilnehmer der Meisterklassen auf dem Kurplatz vor dem Badhotel stattfinden. Doch das Wetter zeigte sich alles andere als gnädig, und so konnte nur das zweite Konzert am ursprünglich geplanten Ort stattfinden. Für das erste Konzert stand noch die Offene Halle Marienruhe zur Verfügung, in der aufgrund der Überdachung auch beim kräftigsten Regenschauer gespielt werden kann. Doch für das letzte Wochenende war diese Halle anderweitig gebucht. Aber auch hierfür fand man eine Lösung. Man öffnete die Türen des Königlichen Kurtheaters und konnte zum Ende des Festivals an die Spielstätte zurückkehren, in der die Konzerte auch in "normalen" Jahren stattfinden. Bei offenen Türen während der Vorstellung hatte man mit dem Rauschen der Enz und dem im Vergleich zum Kurplatz wesentlich dezenteren Läuten der Kirchenglocken ebenfalls einen "offenen Ort" gefunden, der ein wenig die Hoffnung aufkeimen ließ, dass im nächsten Jahr vielleicht alles wieder "wie früher" stattfinden kann. Zurückgekehrt ist in diesem Jahr auch Raúl Giménez, der in den vergangenen Jahren gemeinsam mit Lorenzo Regazzo die Meisterklassen zu einem Geheimtipp für junge talentierte Sängerinnen und Sänger des Belcanto entwickelt hat. 2019 war er leider verhindert, nun zeigt er mit den fünf Teilnehmern und zehn Teilnehmerinnen wieder, wieso das Konzert den Zusatz "Opernszenen" verdient.

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Meisterklasse beim Schlussapplaus: von links: Adina Vilichi, Gianluca Ascheri, Claudia Urru, Veronica Marini, Pierluigi D'Aloia, Luis Aguilar, Mara Gaudenzi, Alfonso Michele Ciulla, Gaja Pellizzari, Natalía Pérez, Alberto Ballesta, Alba Martínez, Raúl Giménez, Irina Golovina, Sophie Gallagher, Meagan Sill und Lorenzo Barbieri

Im Mittelpunkt steht nämlich nicht nur der Gesang, der bei den jungen Künstlerinnen und Künstlern vorzüglich und sehr vielversprechend für künftige Karrieren ist, sondern auch die szenische Umsetzung. So startet das Konzert mit einem Mozart-Block, in dem die ausgewählten Stücke auch genau auf die darstellerischen Fähigkeiten der Interpret*innen abgestimmt  zu sein scheinen. Den Anfang macht Gaja Pellizzari, die schon in den vergangenen beiden Konzerten mit stupenden Koloraturen und flexibler Stimmführung aufhorchen ließ. Dieses Mal hat man das Gefühl, dass ihr kräftiger Sopran schon beinahe den Rahmen des kleinen Kurtheaters sprengt. Mit dieser großartigen Stimme wird sie bald viel größere Hallen füllen können. Dabei verfügt sie auch über schauspielerisches Talent und legt die Despina aus Mozarts Così fan tutte sehr kokett und ein wenig frech an. Ganz andere Seiten zeigen Sophie Gallagher und Adina Vilichi. Mit rundem Sopran und der darstellerisch erforderlichen Zurückhaltung interpretiert Gallagher die Sorgen der Gräfin aus Le nozze di Figaro, die der glücklichen Zeit mit dem Grafen nachtrauert. Vilichi gestaltet die Arie der Pamina "Ach, ich fühl's" mit warmem Sopran und innigem Spiel. Aus dem zweiten Konzert wird das Duett Donna Anna und Don Ottavio aus Don Giovanni mit Veronica Marini und Luis Aguilar nachgeholt, der vor einer Woche krankheitsbedingt absagen musste.

Der nächste Block widmet sich Rossinis vierter Farsa L'occasione fa il ladro. Man hat fast den Eindruck, dass Giménez mit seiner Meisterklasse beinahe das ganze Stück erarbeitet hat. So lässt er den Tenor Alberto Ballesta und die Sopranistin Natalía Pérez gleich in mehreren Szenen in die Rollen des Conte Alberto und der Berenice schlüpfen, die eigentlich füreinander bestimmt sind, durch einige Verwicklungen aber nicht sofort zueinander finden können. Alberto hat in einer Herberge versehentlich seinen Koffer mit dem eines gewissen Don Parmenione vertauscht, der sich sofort in das Porträt der jungen Frau verliebt, das er in Albertos Koffer findet und beschließt, sich als Alberto auszugeben. Dass die junge Frau, die er schließlich antrifft, gar nicht dem Bild entspricht, da es sich dabei um ein Porträt von Albertos Schwester handelt, und obendrein auch nicht die designierte Braut Berenice ist, die vorsorglich mit ihrer Freundin die Rollen getauscht hat, um ihren zukünftigen noch unbekannten Ehemann zu testen, fällt dabei nicht ins Gewicht. Alba Martínez tritt als Ernestina auf, ohne dass sie dabei etwas zu sagen hat, während Pérez als Berenice den Grafen dabei genau in Augenschein nimmt, ob sein Interesse ihr oder der anderen gilt. Ballesta und Pérez überzeugen im ersten Duett, das Teil eines Quintetts in der Mitte der Oper ist, wenn Alberto und Parmenione beide behaupten Alberto zu sein und Berenice nicht weiß, wer von beiden der Betrüger ist. Im Anschluss teilt Ballesta dann in Albertos großer Arie Ernestina mit, die er für Berenice hält, dass er zwar auf sie verzichte, da er ihre Zofe, die eigentliche Berenice, liebe, aber dennoch den Betrug nicht auf sich sitzen lassen kann. Ballesta überzeugt hier mit kräftigem Tenor und sauber ausgesungenen Höhen. Im Anschluss lässt Pérez in strahlenden Koloraturen ihrer Wut über die beiden Männer freien Lauf, da sie immer noch nicht weiß, wer nun der wirkliche Graf ist. Alfonso Michele Ciulla schlüpft dafür in die Buffo-Rolle des Don Parmenione.

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Lorenzo Barbieri als Don Magnifico mit Natalía Pérez (links) und Alba Martínez (rechts) als Tisbe und Clorinda

Im Anschluss daran kommt auch die bis jetzt stumme Alba Martínez zu Wort. "Una voce poco fa" stammt zwar aus Il barbiere di Siviglia, würde aber auch zu Ernestina passen, die sich beim Verwirrspiel ja ebenfalls recht geschickt zeigt. Martínez punktet mit sauber ausgesungenen Koloraturen. Nach drei weiteren einzelnen Nummern folgt dann ein große Cenerentola-Block. Auch hier setzen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Meisterklasse wieder auf komödiantisches Spiel und szenische Umsetzung. In der Kavatine des Don Magnifico "Miei rampolli femminini" treten Natalía Pérez und Alba Martínez als seine leicht dummen Töchter Tisbe und Clorinda auf und untermalen die Szene mit großartigem Minenspiel. Lorenzo Barbieri beweist mit kräftigem Bassbariton und großartiger Komik als Don Magnifico erneut sein hervorragendes Buffo-Talent. Es folgt das Duett Angelina und Don Ramiro, in der die beiden erstmals im Haus Don Magnificos aufeinandertreffen. Mara Gaudenzi begeistert mit sattem Mezzosopran und herrlich schüchternem Spiel, wenn sie sich als "Aschenputtel" nicht einmal als würdig für den vermeintlichen Diener des Prinzen hält. Pierluigi D'Aloia gestaltet den verkleideten Prinzen mit sauberen Höhen. Danach empfiehlt sich Alfonso Michele Ciulla in der Kavatine des Dandini als großartiger Buffo-Bariton. Auch er gestaltet die Szene nicht alleine, sondern erhält Unterstützung von Barbieri als Don Magnifico, D'Aloia als Don Ramiro und Natalía Pérez und Sophie Gallagher als Clorinda und Tisbe. Wieso nicht Martínez wieder in die Rolle der Schwester schlüpft, ist ein wenig unklar, da Gallagher im Vergleich zu den anderen im Spiel ein wenig steif bleibt. Pérez spielt die Begeisterung für den vermeintlichen Prinzen wunderbar aus, und auch Barbieri glaubt als Don Magnifico, einen großen Fang gemacht zu haben, während D'Aloia mit herrlichem Minenspiel Don Ramiros Gefühl unterstreicht, dass sein Diener in der Verkleidung als Prinz ein bisschen zu weit zu gehen scheint.

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Mara Gaudenzi (Mitte) als Angelina aus Rossinis La Cenerentola beim Rondo finale (auf der linken Seite von links: Veronica Marini, Gianluca Ascheri, Claudia Urru und Adina Vilichi, auf der rechten Seite von links: Pierluigi D'Aloia, Alba Martínez, Luis Aguilar, Natalía Pérez, Alberto Ballesta, Sophie Gallagher, Meagan Sill, Gaja Pellizzari, Irina Golovina, Lorenzo Barbieri und Alfonso Michele Ciulla)

Im Anschluss bringt D'Aloia mit der anspruchsvollen Arie des Prinzen "Sì, ritrovarla io giuro" das Publikum im Saal so sehr zum Toben, dass er am Ende des Konzertes zu Recht dafür den diesjährigen Publikumspreis erhält. Schönleber formuliert die Entscheidung folgendermaßen: Der gemessene Applaus sei etwa zwei Sekunden länger gewesen als bei Herrn Ciulla (Dandini) und Frau Urru (die in diesem Konzert die Arie der Amina aus Bellinis La sonnambula mit stupenden Koloraturen präsentiert). Wie schon beim ersten Konzert Rossini & Co. I, bei dem D'Aloia in der anspruchsvollen Arie des Tonio aus Donizettis La fille du régiment mit kraftvollen und sauber angesetzten Spitzentönen aufhorchen ließ, meistert er auch die Arie des Don Ramiro mit scheinbarer Leichtigkeit und trifft die hohen Töne exakt. Für das Rondo finale lässt Giménez dann seine komplette Meisterklasse als "perticchini" auftreten, während Gaudenzi erneut als Angelina mit dem berühmten "Non più mesta accanto al foco" mit herrlich flexiblen Koloraturen und strahlenden Spitzentönen unter Beweis stellt, wieso sie in diesem Jahr zu Recht den Internationalen Belcanto Preis erhält, der mit einem Rollenangebot bei einem künftigen Festival verbunden ist. Als Zugabe gibt es dann noch das berühmte Sextett "Questo è un noddo avviluppato", bei dem neben Gaudenzi als Angelina erneut D'Aloia, Ciulla, Barbieri, Pérez und Gallagher die Rollen des Prinzen, seines Dieners, Don Magnificos und der beiden Töchter übernehmen. Besonders hervorzuheben ist auch Gianluca Ascheri am Klavier, der das Konzert mit gewohnter Präzision begleitet und den Solistinnen und Solisten die Möglichkeit zu strahlen gibt.

FAZIT

Das letzte Konzert der Meisterklasse darf in jeder Hinsicht als ein Höhepunkt des diesjährigen Festivals bezeichnet werden.

Weitere Rezensionen zu Rossini in Wildbad 2021

Programm des Konzertes

Wolfgang Amadeus Mozart: Così fan tutte (1790): Arie der Despina "Una donna a quindici anni (Gaja Pellizzari)

Wolfgang Amadeus Mozart: Le nozze di Figaro (1786): Rezitativ und Arie der Contessa "E Susanna non vien - Dovo sono i bei momenti" (Sophie Gallagher)

Wolfgang Amadeus Mozart: Don Giovanni (1787): Rezitativ und Duett Donna Anna - Don Ottavio "Qual mai s'offre, oh dei - Fuggi crudele" (Veronica Marini, Luis Aguilar)

Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte (1791): Arie der Pamina "Ach, ich fühl's" (Adina Vilichi)

Gioachino Rossini: L'occasione fa il ladro (1812): Duett Berenice - Conte Alberto "Se non m'inganna il core" (Natalía Pérez, Alberto Ballesta)

Gioachino Rossini: L'occasione fa il ladro (1812): Rezitativ und Arie des Conte Alberto "Voi pure dunque a mio danno - D'ogni più sacro impegno" (Alberto Ballesta)

Gioachino Rossini: L'occasione fa il ladro (1812): Rezitativ und Arie der Berenice "Ma se incerti voi siete - Voi la sposa pretendete" (Natalía Pérez, Alberto Ballesta, Alfonso Michele Ciulla)

Gioachino Rossini: Il barbiere di Siviglia (1816): Kavatine der Rosina "Una voce poco fa" (Alba Martínez)

Gioachino Rossini: Tancredi (1813): Kavatine der Amenaide "Come dolce all'alma mia" (Veronica Marini)

Gioachino Rossini: Guillaume Tell (1829): Rezitativ und Romanze der Mathilde "Ils s'éloignent enfin - Sombre forêt" (Meagan Sill)

Vincenzo Bellini: La sonnambula (1831): Arie der Amina "Ah! Non credea mirarti" (Claudia Urru)

Gioachino Rossini: La Cenerentola (1817): Canzone der Angelina "Una volta c'era un re" (Irina Golovina)

Gioachino Rossini: La Cenerentola (1817): Kavatine des Don Magnifico "Miei rampolli femminini" (Lorenzo Barbieri)

Gioachino Rossini: La Cenerentola (1817): Duett Angelina - Don Ramiro "Un soave non so che" (Mara Gaudenzi, Pierluigi D'Aloia)

Gioachino Rossini: La Cenerentola (1817): Kavatine des Dandini "Come un' ape nei giorni d' aprile" (Alfonso Michele Ciulla)

Gioachino Rossini: La Cenerentola (1817): Arie des Don Ramiro "Sì, ritrovarla io giuro" (Pierluigi D'Aloia)

Gioachino Rossini: La Cenerentola (1817): Rondo finale "Nacqui all' affano - Non più mesta" (Mara Gaudenzi und "perticchini")

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Ausführende

Klavier
Gianluca Ascheri

Teilnehmer der Masterclass
Luis Aguilar, Tenor
Alberto Ballesta, Tenor
Lorenzo Barbieri, Bassbariton
Alfonso Michele Ciulla, Bariton
Pierluigi D'Aloia, Tenor
Sophie Gallagher, Sopran
Mara Gaudenzi, Mezzosopran
Irina Golovina, Mezzosopran
Veronica Marini, Sopran
Alba Martínez, Sopran
Gaja Pellizzari, Sopran
Natalía Pérez, Sopran
Meagan Sill, Sopran
Claudia Urru, Sopran
Adina Vilichi, Sopran

 

 


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