Von Thomas Molke

Wie die meisten Opern-Festspiele musste im letzten Sommer auch das Belcanto Opera Festival Rossini in Wildbad wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Aber Intendant Jochen Schönleber wollte nicht einfach das komplette Programm auf 2021 verschieben, sondern lockte zumindest mit einem Mini Festival vom 9. bis 13. September 2020 die Belcanto-Fans in das pittoreske Örtchen an der Enz (siehe auch unsere Rezension). Auch dieser Festival-Sommer ist immer noch von diversen Einschränkungen geprägt, so dass Schönleber für eine bessere Planungssicherheit entschieden hat, die Veranstaltungen in diesem Jahr allesamt draußen stattfinden zu lassen. Dafür mussten zwar neue Aufführungsorte gesucht werden, aber man ist in dem kleinen, schmucken Kurort fündig geworden, so dass sich neue Besucher*innen vielleicht gar nicht vorstellen können, dass das Festival in den mittlerweile über 30 vergangenen Jahren anders vonstatten gegangen ist, und jedes Jahr wiederkehrende Gäste wahrscheinlich ganz neue Plätze entdecken, die sich ebenfalls für einen kulturellen Austausch eignen. Es bleibt nur zu hoffen, dass das Wetter mitspielt. Aber mit der Offenen Halle Marienruhe und der Konzertmuschel ist auch für Ausweichspielorte bei Regen gesorgt.

Der Anfang findet an einem seit einigen Jahren erprobten Ort hoch über dem Kurort statt. Auf dem Turm des Baumwipfelpfads ist am 8. Juli 2021 Joseph Haydns Die Schöpfung (La creazione) zu erleben. Dieses Oratorium, das nach der öffentlichen Uraufführung im Wiener Burgtheater am 19. März 1799 sehr schnell seinen Siegeszug über nahezu ganz Europa antrat, wurde auch von Gioachino Rossini sehr geschätzt, so dass er es 1821 in Neapel selbst aufführte. Diese Fassung - wie sollte es anders sein? - ist nun in luftigen Höhen zu erleben. Die musikalische Leitung des Philharmonischen Orchesters Krakau übernimmt Luciano Acocella. Neben dem Philharmonischen Chor Krakau singen Serena Farnocchia, Luis Aguilar und Marcell Bakonyi die Solopartien.

Im Luft- und Sonnenbad feiert dann einen Tag später am 9. Juli 2021 um 20 Uhr Rossinis Farsa La scala di seta Premiere. Erzählt wird die Geschichte der jungen Waisen Giulia, die jede Nacht mit Hilfe einer seidenen Leiter ihren heimlichen Ehemann Dorvil empfängt, obwohl ihr Vormund Dormont den reichen Blansac für sie als Bräutigam auserkoren hat. Die Inszenierung übernimmt Rossini-Interpretin Stefania Bonfadelli, die in Bad Wildbad bereits 2019 bei Corradino (Matilde di Shabran) Regie geführt hat. Als Giulia ist Claudia Urru zu erleben. Für die Partie des heimlichen Gatten konnte erneut Michele Angelini verpflichtet werden, der 2019 in Corradino die Titelpartie interpretiert hat. Auch Emmanuel Franco dürfte in Bad Wildbad kein Unbekannter mehr sein und hat hier bereits einige Erfolge in komischen Buffo-Partien feiern können. Die Partie des pfiffigen Dieners Germano dürfte eine weitere Paraderolle für ihn sein. Die musikalische Leitung des Philharmonischen Orchesters Krakau liegt in den Händen von José Miguel Pérez Sierra. Die Aufführung wird für CD aufgezeichnet. (Weitere Termine: 16. Juli 2021 um 20.00 Uhr und 22. Juli 2021 um 19.45 Uhr)

Am 10. Juli 2021 ist um 20.15 Uhr in der Offenen Halle Marienruhe die Premiere von Rossinis Dramma per musica Elisabetta regina d'Inghilterra zu erleben. Intendant Jochen Schönleber hat das Drama um die englische Königin Elisabeth I. (Elisabetta), die ihren Geliebten Leicester zu Gunsten Matildes, der Tochter ihrer Widersacherin Maria Stuart, aufgibt und ihm seinen Liebesverrat verzeiht, für das Słowacki-Theater in Krakau inszeniert und bringt diese Produktion nun als Gastspiel nach Bad Wildbad. Die Titelpartie übernimmt Serena Farnocchia, die diese Partie bereits 2020 für eine Aufführung in Boston einstudiert hatte, die aber aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden musste. Als ihr Geliebter Leicester kehrt Patrick Kabongo nach Bad Wildbad zurück, der als ehemaliger Preisträger der Akademie BelCanto hier schon mehrere Tenorpartien gesungen hat. Auch Mert Süngü als intriganter Norfolc dürfte in Bad Wildbad als Ilo in Rossinis Zelmira 2018 noch in guter Erinnerung sein. Antonino Fogliani dirigiert das Philharmonische Orchester Krakau. (Weitere Termine: 17. Juli 2021 um 20.15 Uhr und 21. Juli 2021 um 20.00 Uhr)

Ein weiterer Höhepunkt dürfte Daniel François Esprit Aubers Oper Le philtre sein, die am 15. Juli 2021 um 20.00 Uhr im Luft- und Sonnenbad Premiere feiert. Während Donizettis Oper L'elisir d'amore als italienische Bearbeitung von Aubers Oper heute fester Bestandteil des Repertoires ist, ist die eigentliche Vorlage nahezu in Vergessenheit geraten. In Bad Wildbad kann man sich nun ein Urteil darüber bilden, ob dies zu Recht geschehen ist. Die Hauptpartie des jungen Guillaume, der sein Glück im Liebestrank sucht, wird von Patrick Kabongo gesungen. Als Térèzine verzaubert ihn Luiza Fatyol. Als selbstverliebter Sergeant Joli-Cœur und als geschäftstüchtiger Scharlatan Fontanarose sind Emmanuel Franco und Eugenio Di Lieto zu erleben. Die musikalische Leitung des Philharmonischen Orchesters Krakau liegt in den Händen von Luciano Acocella. Die Aufführung findet konzertant statt. (Weiterer Termin: 24. Juli 2021 um 20.00 Uhr)

Als letzte Opernproduktion folgt am 18. Juli 2021 um 19.00 Uhr im Luft- und Sonnenbad eine Wiederaufnahme von Manuel Garcías Salonoper I tre gobbi (Die drei Buckligen), die bereits 2019 als Gastspiel von Passionart Krakau in der Inszenierung von Jochen Schönleber zu erleben war. Das Libretto über Madama Vezzosa, die ihre drei reichen Verehrer verhöhnt und ausnimmt, stammt von dem Venezianer Carlo Goldoni. Wie bereits 2019 sind Patrick Kabongo als Il conte Bellavita und Emmanuel Franco als Il barone Macocco zu erleben. Die Partie der Madama Vezzosa übernimmt Adina Vilichi. Lorenzo Barbieri komplettiert das Ensemble als dritter Verehrer, Il marchese Parpagnacco. Die musikalische Leitung hat Paolo Raffo. (Weiterer Termin: 25. Juli 2021 um 19.00 Uhr)

Am 14. Juli 2021 kehrt dann die Belcantopreisträgerin von 2012, Diana Haller, die 2019 im Königlichen Kurtheater in der Titelpartie in Rossinis Tancredi bejubelt wurde, mit einem Konzert unter dem Titel Starke Frauen nach Bad Wildbad zurück. In der Offenen Halle präsentiert sie Rossinis Kantate Giovanna d'Arco, Haydns Szene Berenice che fai und Mayrs Ero e Leandro. Im Rahmen dieses Konzertes erhält sie den zunächst einmalig verliehenen Inge-Borkh-Gedächtnispreis. Die musikalische Leitung des Philharmonischen Orchesters Krakau übernimmt Antonino Fogliani. Dieses Konzert wird vom SWR aufgezeichnet.

Zu allen Opernproduktionen gibt es jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn einen Einführungsvortrag. Natürlich dürfen auch die alljährlichen Konzerte unter dem Titel Rossini & Co. I, Rossini & Co. II und Rossini & Co. III nicht fehlen, die in diesem Jahr jeweils sonntags um 10.30 Uhr auf dem Kurplatz stattfinden und in denen die Teilnehmer der Masterclass, in diesem Jahr unter der Leitung von Stefania Bonfadelli, Filippo Morace und Raúl Giménez Arien und Ensembles präsentieren.