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Klavierfestival Ruhr 2021

Anneliese Brost Musikforum Ruhr, Bochum, 24. Juni 2021



Elisabeth Leonskaja
Jerusalem Symphony Orchestra
Steven Sloane, Leitung
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Klavierfestival Ruhr

Abschied und Aufbruch

Von Stefan Schmöe / Fotos: Sven Lorenz

Dieses Konzert ist aus verschiedenen Gründen ein Ereignis. Zunächst ist da Dirigent Steven Sloane, einen Tag vor seinem Abschied als Chefdirigent der Bochumer Sinfoniker nach 27 sehr erfolgreichen Jahren (denen die Stadt auch diesen schönen Konzertsaal verdankt, für den Sloane sich hartnäckig eingesetzt hat). Klavierfestival-Intendant Franz-Xaver Ohnesorg rühmt im Programmheft seine lange, freundschaftliche Zusammenarbeit zu Sloane. Der ist mit "seinem" neuen Orchester zu diesem Konzert gekommen, dem Jerusalem Symphony Orchestra, und das ist das nächste Ereignis. Gefeiert wurden die Musikerinnen und Musiker mit stehenden Ovationen, ein bisschen sicher aus Dank und Respekt für eine Konzertreise in ein Deutschland, in dem zunehmend antisemitische Parolen zu vernehmen sind; vor allem aber für eine brillante Interpretation von Strawinskys Feuervogel-Suite, mit energischer Bläser-Attacke und funkensprühender Energie.

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Foto: Sven Lorenz / Klavier-Festival Ruhr

Zwei Werke israelischer Komponisten haben die Gäste aus Jerusalem mitgebracht: Zunächst Akeda, eine Passacaglia für großes Orchester von Noam Sheriff. Ein farbiges, abwechslungsreiches Stück mit effektvollen Harfeneinsätzen, wenn auch insgesamt vielleicht ein wenig zu konservativ-gefällig. Überschrieben mit "in Memoriam Jitzchak Rabin", baut es eine große Steigerung mit dramatischem Höhepunkt auf und endet sanft auslaufend. Sehr viel "moderner" klingt Bukká für Streichorchester von Samir Omeh-Tamimi, 1970 in einem arabischen Dorf nahe Tel Aviv geboren. Eigentlich ist das Musik für ein Ensemble aus Solisten, mit glissandierenden Tonverschiebungen, aus denen sich spröde Klangflächen ergeben, die eine ganz eigene, ein wenig sperrige, aber faszinierende Aura entwickeln. Omeh-Tamimi hat in Kiel und Bremen studiert, Steven Sloane hat Musik von ihm auch schon früher mit den Bochumer Sinfonikern aufgeführt (wie auch ein Werk Noam Sheriffs) - und auch das ist bemerkenswert an diesem Abend: Die Unaufgeregtheit, mit der das Jerusalem Symphony Orchestra Musik spielt, die über Grenzen hinweg ein viel dichteres und tragfähiges Netz spannt, als es die Tagespolitik vermag. Und dann ist da noch Beethoven. Wenn wir im Vorjahr dessen 250. Geburtstag und aktuell gerade "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" feiern, dann steht Beethoven für das Gemeinsame in der jüdischen und christlichen Kultur.

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Foto: Sven Lorenz / Klavier-Festival Ruhr

Hier deutet sich am ehesten an, woran Sloane in den nächsten Monaten arbeiten könnte: An der Genauigkeit und rhythmischen Präzision in den "kleinen Noten", in der Begleitung - da wird das Orchester unscharf, zu breit, verliert an innerem Drive. Der triumphale Schwung dagegen, der ist da. Man kann sicher diskutieren, ob das G-Dur-Klavierkonzert nicht verinnerlichter interpretiert werden sollte, aber auch Solistin Elisabeth Leonskaja geht es eher draufgängerisch an. Jeder Lauf ein kleines Feuerwerk, und das darf man auch hören. Das Hauptthema nimmt sie ein wenig manieriert, verzögert die überbundene halbe Note gerne ein wenig und sagt damit vom wirklich allerersten Ton: Ich stehe hier im Mittelpunkt und habe die Führungsrolle. Es ist, zumindest in den Ecksätzen, nicht so sehr der Blick für die großen Bögen, sondern mehr auf das Ende der Phrase, und das ist schon ebenso selbstbewusst wie souverän gespielt, und als Solistin übernimmt Elisabeth Leonskaja auch gerne die Führungsrolle. Den langsamen Mittelsatz interpretiert sie ziemlich romantisch, ein Lied ohne Worte, wobei sie sich von den Einwürfen des Orchesters nicht allzu sehr stören lässt - das bringt Beethoven ja sowieso in dieser eigentlich hochdramatischen, hier mehr träumerischen Szene letztendlich auf Pianistenkurs. Es gibt wohl tiefgründigere Interpretationen, aber man hat hörbar viel Spaß am gemeinsamen Musizieren, und dabei zündet Elisabeth Leonskaja ein gehöriges pianistisches Feuerwerk. Als Zugabe spielt sie noch Feux d´artifice aus dem zweiten Band der Préludes von Claude Debussy, und das mit Virtuosität und kratzbürstigem Charme, als habe Bartók mitkomponiert: Das schuf dann durchaus eine Verbindung zur vorangegangenen Musik Odeh-Tamimis wie zum nachfolgenden Feuervogel.




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Klavier-Festival Ruhr 2021
Anneliese Brost Musikforum Ruhr, Bochum
24. Juni 2021


Ausführende

Elisabeth Leonskaja, Klavier

Jerusalem Symphony Orchestra

Steven Sloane, Dirigent


Programm

Noam Sheriff
Akeda – Passacaglia in memoriam Jitzchak Rabin

Ludwig van Beethoven
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur op. 58

Zugabe:
Claude Debussy
Feux d’artifice aus: Préludes (Heft 2)

Samir Odeh-Tamimi
Bukká für Streichorchester

Igor Strawinsky
Suite aus dem Ballett Der Feuervogel




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