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Klavierfestival Ruhr 2018

Wuppertal, Historische Stadthalle am Johannisberg, 6. Juni 2018



"Woodlands and beyond ..."

Hélène Grimaud, Klavier
Mat Hennek, Fotoinstallation
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Klavierfestival Ruhr

Alles fließt

Von Stefan Schmöe

Bilder zur Musik? Die Frage, ob diese Klaviermusik so etwas braucht, lässt sich schnell mit einem beherzt puristischen "natürlich nicht" abhandeln. Zumal Hélène Grimaud, 2015 mit dem Preis des Klavierfestival Ruhr ausgezeichnet und an diesem Abend bereits zum 14. Mal als Interpretin bei diesem Festival zu erleben, über alle Zweifel erhaben ist: Sie kann auch Solo-Programme. Umgekehrt sieht es schon anders aus; zwar hat der Fotograf Mat Hennek den Bildband Woodlands vorgelegt, aber ein Buch ist eben ein völlig anderes Medium. Für große Säle wie diesen in der im historischen Prachtbau der Wuppertaler Stadthalle (oder auch die Hamburger Elbphilharmonie) ist die renommierte Pianistin (und Lebensgefährtin Henneks) sicher die Türöffnerin. Und gedacht ist die Kombination natürlich als Gesamtkunstwerk. "Die Natur ist für mich der Beweis für das Spirituelle. Und die Brücke bildet die Musik dorthin", lässt Grimaud sich im Programmheft zitieren.

Hennek hat vor allem Wälder fotografiert, in verschiedensten Erdteilen offenbar, dazu karge Landschaften, mitunter reduziert auf Gesteinsstrukturen, auch immer wieder Wasser. Zwischendurch tauchen auch einmal Wölfe auf, die nicht so recht passen, weil die überwiegende Zahl der Aufnahmen rhythmisierte Strukturen zeigt, dazu "unbelebte" Natur (ja ja, Pflanzen leben auch, also ohne Menschen und Tiere). Bei den Wölfen steht plötzlich das Motiv im Zentrum, nicht mehr die Bildkomposition - das künstlerische Pendant zum Katzenvideo, möchte man boshaft sagen. Aber auch diese Fotografien sind höchst eindrucksvoll, in sagenhafter Bildqualität auf eine Riesen-LED-Wand projiziert allemal. Über die teilweise sehr langsame Überblendung kann man streiten, zumal da die Farbeffekte auch schon mal recht reißerisch werden.

Hélène Grimaud, im lässigen Alltagsoutfit, spielt dazu eine Reihe von kurzen Stücken, verbunden durch Einspielungen filmmusikartiger Miniaturen von Nitin Sawhney - elektronische Musik, die interessant klingt und Aufmerksamkeit weckt, aber auch schnell wieder vergessen ist, die vor allem die Kompositionen für Klavier elegant verbinden, sodass der Eindruck eines großen einstündigen Kontinuums entsteht (länger dauert das Konzert auch nicht). Wasserklavier von Luciano Berio und Rain Tree Sketch II von Toru Takemitsu klingen mit lässig dahingeperlten Skalen wie schlechte Impressionisten, bei Faurés Barcarolle Nr. 5 fis-Moll betont Grimaud das Ornamentale in der Begleitung gegenüber der Melodie, Ravels Jeux d'eaux spielt sie farbig-lautmalerisch. Die Unterschiede zwischen den Werken verwischen, was wohl auch Teil des Konzepts ist. Hauptsache stimmungsvoll, und mit elegantem Anschlag und charmanter Leichtigkeit kann die Französin das natürlich mühelos. Was sie spielt, das ist relativ egal, nur nicht zu eigenständig bitte. Zwischendurch scheint jemand im Saal die verschiedenen Klingeltöne seines Smartphones auszuprobieren. Das stört nicht einmal allzu sehr.

Almeria von Isaac Albeniz hätte man gerne einmal mit voller Konzentration auf die Komposition gehört, Liszts Le jeux d'eaux à la Villa d'Este (aus dem dritten Band der Années de pèlerinage) kann man sich farbreicher vorstellen (wobei die Aufweitung des Klangraums schon sehr eindrucksvoll hörbar wird), auch Debussys Cathédrale engloutie aus dem ersten Heft der Preludes hat schon vielschichtigere Interpretationen erlebt - aber, wie gesagt, hier geht es um einen homogenen Klangteppich ohne große Brüche. Der entsteht.

Und das Gesamtkunstwerk? Die an sich sachlichen Bilder bekommen durch die Musik weniger eine emotionale Komponente als eine Untermalung. Umgekehrt ist Hennek wohl nicht daran gelegen, mit einer genau synchronisierten Bildfolge eine Stimmung für ein bestimmtes Musikstück hervorzurufen. Ob man in der Kombination nun eine Brücke zur Spiritualität entdeckt, ist vermutlich abhängig vom Hörer- bzw. Betrachtertyp. Die Publikumsreaktionen bewegten sich denn auch zwischen herzlichem und durchaus langem Beifall und frenetischem Jubel. Eine Zugabe mochte die Pianistin nicht geben.




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Klavierfestival Ruhr 2018
Wuppertal, Historische Stadthalle
Großer Saal
6. Juni 2018


"Woodland and beyond ..."


Ausführende

Hélène Grimaud, Klavier
Mat Hennek, Fotoinstallationer


Programm

Luciano Berio:
Wasserklavier (aus: 6 Encores)

Nitin Sawhney:
Transition 1

Toro Takemitsu:
Rain Tree Sketch

Nitin Sawhney:
Transition 2

Gabriel Fauré:
Barcarolle Nr.5 fis-Moll op. 66

Nitin Sawhney:
Transition 3

Maurice Ravel:
Jeux d'Eau

Nitin Sawhney:
Transition 4

Issac Albéniz :
Almeria aus: Iberia

Nitin Sawhney:
Transition 5

Franz Liszt:
Les jeux d'eau à la Ville d'Este
aus Années de Pèlerinage

Nitin Sawhney:
Transition 6

Leos Janácek:
Andante aus Im Nebel

Nitin Sawhney:
Transition 7

Claude Debussy :
La Cathédrale engloutie
aus Préludes, Heft 1


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