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Klangvokal
Musikfestival Dortmund
11.05.2018 - 10.06.2018

L'Arianna

Tragedia in musica in elf Szenen
Libretto von Ottavio Rinuccini
Musik von Claudio Monteverdi in der Rekonstruktion von Claudio Cavina

in italienischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 25' (eine Pause)

Aufführung im Orchesterzentrum / NRW in Dortmund  am 1. Juni 2018

 

 

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Frühbarocke Rekonstruktion

Von Thomas Molke / Fotos: © Bülent Kirschbaum

Von Claudio Monteverdis zweiter Oper L'Arianna ist heute leider nur noch das "Lamento" der Arianna erhalten. Aufgrund des großen Eindrucks, den dieses Herzstück der Oper bei den Zuhörern hinterlassen hatte, fertigte Monteverdi gleich drei unterschiedliche Bearbeitungen an, die alle in gedruckter Form überliefert sind: ein Stück für Solosopran mit Generalbassbegleitung, ein fünfstimmiges Madrigal und eine geistliche Marienklage. Das komplette Notenmaterial der Oper hingegen ist verschollen. Dass das Klangvokal Musikfestival zum zehnjährigen Jubiläum die "öffentliche Weltpremiere" dieses Werkes konzertant auf den Spielplan stellen kann, mag daher verwundern. Aber da das Libretto vollständig erhalten ist, hat Claudio Cavina mit dem von ihm gegründeten italienischen Ensemble La Venexiana die Musik auf den Text rekonstruiert. Dabei hat er die fehlende Partitur mit Auszügen aus Monteverdis anderen erhaltenen Werken und eigenen Kompositionen ersetzt, die sich stark an Monteverdis Stil orientieren. So gewinnt man zumindest einen Eindruck, wie Monteverdis Oper vor über 400 Jahren geklungen haben könnte.

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Raffaella Milanesi als Arianna

L'Arianna wurde am 28. Mai 1608 anlässlich der Hochzeit des Herzogs von Mantua, Francesco IV. Gonzaga, mit Isabella von Savoyen uraufgeführt. Direkt in der ersten Szene begrüßt Apollo das Brautpaar und kündigt die nun folgende mythologische Geschichte an, die von Arianna (Ariadne) handelt, die Teseo (Theseus) zum Sieg über den Minotaurus verholfen hat, von diesem jedoch am Strand von Naxos zurückgelassen und von Bacco (Bacchus) dort gefunden wird. Beide verlieben sich, von Amors Pfeil getroffen, ineinander. Giove (Jupiter) öffnet den Himmel und lädt die Liebenden in das Reich der Götter ein. Anders als im Programmheft angegeben wird Bacco nicht von Fulvio Bettini, dem Sänger des Apollo und des Nunzio Primo gesungen, sondern von Luca Dordolo, der außerdem die Partie des Beraters von Theseus vor der Pause übernimmt. Auf Übertitel wird im Orchesterzentrum / NRW verzichtet, dafür ist aber das Libretto in italienischer und deutscher Sprache dem Programmheft beigefügt. Liest man den Text mit, führt dies an einigen Stellen zu leichten Verwirrungen. So werden einzelne im Libretto ausgewiesene Chorpassagen von Solisten vorgetragen, und in der siebten Szene, Ariannas großer Klageszene, weist das Libretto Ariannas Gefährtin Dorilla (Emanuela Galli) aus, die jedoch hier von den Damigelle Carlotta Colombo und Vittoria Giacobazzi gesungen wird. Diese Unstimmigkeiten sind für das Verständnis des unbekannten Werkes nicht gerade hilfreich.

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Schlussapplaus: von links: Teseo (Riccardo Pisani), Giove (Salvo Vitale), Damigella prima (Carlotta Colombo), Damigella seconda (Vittoria Giacobazzi), Arianna (Raffaella Milanesi), Apollo (Fulvio Bettini), Venere (Francesca Lombardi Mazzulli), Dorilla (Emanuela Galli), Amore (Filippo Mineccia), Nunzio secondo (Alessio Tosi) und Consigliero (Luca Dordola), dahinter: Davide Pozzi mit La Venexiana

Musikalisch lässt sich konstatieren, dass Cavina Monteverdis Stil bei der Rekonstruktion gut getroffen hat. Die Fassung wirkt wie aus einem Guss und lässt keine Brüche im musikalischen Fluss erkennen. Für das "Lamento" orientiert er sich an der Fassung für Solosopran mit Generalbassbegleitung, die er um Bratschen und Geigen ergänzt. Außerdem fügt er musikalisch den Chor der Fischer ein, die Arianna bei ihrer Klage umgeben. Ein Teil der Solisten des Abends (Carlotta Colombo, Vittoria Giacobazzi, Salvo Vitale, Luca Dordolo, Filippo Mineccia und Alessio Tosi) bildet auch gleichzeitig den Chor, der hinter dem Ensemble La Venexiana auf der rechten Seite positioniert ist. Die Solisten treten für ihre Auftritte vor das Orchester und verlassen in der Regel nach ihrem Auftritt den Saal. Fulvio Bettini eröffnet als Apollo den Abend mit dunkel gefärbtem Bariton und hat einen weiteren großen Auftritt nach der Pause in der sechsten Szene, wenn er als Bote den Fischern von der einsamen Arianna berichtet, die am Strand trauert, weil Teseo sie verlassen hat.

Francesca Lombardi Mazzulli punktet als Göttin Venere mit rundem Sopran. Gemeinsam mit ihrem Sohn Amore, der von dem Countertenor Filippo Mineccia mit strahlenden Höhen interpretiert wird, sieht sie bereits in der zweiten Szene voraus, dass Teseo Arianna verlassen wird und überlegt gemeinsam mit ihrem Sohn, wie sie Arianna doch noch zu neuem Liebesglück verhelfen können. Da kommt ihnen Bacco gerade recht. Amore trifft die beiden mit dem Liebespfeil, und Venere entsteigt anschließend dem Meer um den Liebenden Glück für ihre Zukunft zu wünschen. Mazzulli glänzt dabei mit kräftigen Höhen, und Mineccia begeistert als Liebesgott mit glänzenden Spitzentönen. Riccardo Pisani verleiht dem Teseo mit strahlendem Tenor heldenhafte Züge, die im Gegensatz zu seinem unehrenhaften Verhalten Arianna gegenüber stehen. In der dritten Szene präsentiert er sich noch ganz als der dankbare Liebhaber, der Arianna über die Trennung von ihren Eltern und den Abschied von ihrer Heimat hinwegtröstet und ihr dabei verspricht, ihr stets zur Seite zu stehen. In der vierten Szene lässt er sich aber von seinem Berater (Luca Dordolo) überreden, die Geliebte auf Naxos allein zurückzulassen. Teseos Abreise wird musikalisch fröhlich und lebhaft umgesetzt. Das Chorlied "Stampa il ciel con l'auree piante" steht in seiner Heiterkeit in einem großen Kontrast zu dem Unrecht, das Arianna damit angetan wird.

Raffaella Milanesi gestaltet die Titelpartie mit warmem Sopran. Im Zusammenspiel mit Pisani gibt sie sich ganz als liebende Gefährtin, die für den Geliebten alle Entbehrungen auf sich nimmt. In der fünften Szene ahnt sie jedoch bereits, dass Teseo sie verlassen hat. Hier gestaltet Milanesi Ariannas Sorge mit großer Innigkeit. Ein musikalischer Höhepunkt ist das große Lamento in der siebten Szene. Mit bewegender Stimmführung lässt sie Ariannas Trauer deutlich werden. Das "Lasciatemi morire" drückt dabei pure Verzweiflung aus. Milanesi gelingt es, Ariannas Leid in allen Nuancen herauszuarbeiten. Dabei changiert sie glaubhaft zwischen Wut und Hoffnungslosigkeit. Der Chor unterstreicht mit eindringlichem Klang das Mitgefühl der Fischer. Doch nach dieser Szene des Leidens folgt das glückliche Ende relativ schnell. Alessio Tosi verkündet als zweiter Bote mit lyrischem Tenor die Ankunft des Bacco, der Arianna neues Liebesglück bringen wird. Emanuela Galli gestaltet Ariannas Freundin Dorilla mit weichem Sopran. Carlotta Colombo, Vittoria Giacobazzi und Salvo Vitale überzeugen als Damigelle und Giove in den kleineren Partien. Davide Pozzi lotet mit dem Ensemble La Venexiana die feine Struktur von Monteverdis und Cavinas Musik differenziert aus, so dass es am Ende verdienten Applaus für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Das Klangvokal Musikfestival ermöglicht mit der Rekonstruktion von L'Arianna die Wiederentdeckung einer weiteren Oper Monteverdis, von der man bisher nur das "Lamento" kannte.

Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2018

 

Produktionsteam

Musikalische Leitung, Cembalo und Orgel
Davide Pozzi

La Venexiana

 

Solisten

Apollo, Nunzio primo (erster Bote), Bacco (Bacchus)
Fulvio Bettini

Venere (Venus)
Francesca Lombardi Mazzulli

Amore (Amor)
Filippo Mineccia

Teseo (Theseus)
Riccardo Pisani

Arianna (Ariadne)
Raffaella Milanesi

Nunzio secondo (zweiter Bote)
Alessio Tosi

Consigliero (Berater von Theseus)
Luca Dordolo

Dorilla
Emanuela Galli

Giove (Jupiter)
Salvo Vitale

Damigella prima (erstes Mädchen)
Carlotta Colombo

Damigella seconda (zweites Mädchen)
Vittoria Giacobazzi

 

Weitere
Informationen

erhalten Sie unter
Klangvokal Dortmund
(Homepage)



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