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Musikfestspiele
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Klangvokal
Musikfestival Dortmund
11.05.2018 - 10.06.2018

Gloria

Eröffnung des 10. Klangvokal Musikfestivals
Musik von Pēteris Vasks, Francis Poulenc und Leonard Bernstein

in englischer, lateinischer und hebräischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 50' (eine Pause)

Koproduktion mit dem WDR Funkhausorchester Köln

Aufführung im Konzerthaus Dortmund  am 11. Mai 2018

 

 

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Spirituelles im Konzerthaus

Von Thomas Molke / Fotos: © Bülent Kirschbaum

In diesem Jahr feiert das Klangvokal Musikfestival in Dortmund bereits sein 10-jähriges Jubiläum. Da verwundert es nicht, dass man das Eröffnungskonzert hauptsächlich einem Komponisten widmet, für den 2018 ebenfalls ein Jubiläum markiert. Leonard Bernstein wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Die Wahl ist dabei auf seine erste Sinfonie und die gut 20 Jahre später komponierten Chichester Psalms gefallen und legt dabei mit der Vertonung einzelner Passagen des Alten Testaments eine religiöse Basis. Mit dem Titel des Konzertes, Gloria, rühmt man aber nicht nur den großen US-amerikanischen Komponisten, sondern weist gleichzeitig auf Francis Poulencs gleichnamige Komposition hin, die vor der Pause erklingt und als eine der erfolgreichsten geistlichen Kompositionen des 20. Jahrhunderts gilt, so dass man sich eigentlich wundert, wieso dieser Abend nicht in der St. Reinoldikirche stattfindet. Aber wahrscheinlich passen in das nahezu ausverkaufte Konzerthaus mehr Zuschauer. Außerdem gibt es vorher noch eine kurze Begrüßungsrede des Stadtdirektors der Stadt Dortmund, Jörg Stüdemann, der die überregionale Bedeutung des Festivals hervorhebt, und eine Dankesrede des Festivalleiters Torsten Mosgraber, der sich bei den Sponsoren, der Stadt und weiteren Helfern für die große Unterstützung bedankt. Da bietet das Konzerthaus vielleicht einen angemesseneren Rahmen.

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Wayne Marshall mit dem WDR Funkhausorchester Köln, dem Philharmonischen Chor Essen und dem Kammerchor der TU Dortmund

Den musikalischen Anfang macht ein kurzes Werk des lettischen Komponisten Pēteris Vasks, der 2013 einen Text vertonte, der das Lebensmotto der 1997 verstorbenen und 2016 heilig gesprochenen Ordensgründerin und Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa darstellt: The Fruit of Silence. In diesem Stück werden die fünf Eckpfeiler des Lebens, Gebet, Glaube, Liebe, Gottesdienst und Frieden, in einen Zusammenhang gestellt und zeigen eine Möglichkeit für eine bessere Welt auf. Die Komposition ist eine, wie Vasks es selbst bezeichnete, "sehr stille Meditation", die gewissermaßen aus dem Nichts entsteht, dann in einen großen Chorklang mündet, um beim Gedanken an "Peace" genauso leise zu verklingen, wie sie mit "The Fruit of Silence" begonnen hat. Man könnte sich dieses Stück gut als musikalische Untermalung einer Kurzbiographie über Mutter Teresa vorstellen, da Vasks mit seiner Komposition den Charakter dieser großartigen Frau wunderbar einfängt. Der gemischte Chor setzt sich in Dortmund aus dem Kammerchor der TU Dortmund und dem Philharmonischen Chor Essen zusammen, die in diesem kurzen Stück zu einer harmonischen Einheit zusammenwachsen. Das WDR Funkhausorchester Köln fängt unter der Leitung von Wayne Marshall den ruhigen Tonfall des Werkes wunderbar ein.

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Elena Gorshunova in Francis Poulencs Gloria

Es folgt Francis Poulencs Gloria, ein Werk, das Poulenc für Sopran, gemischten Chor und Orchester als Auftragswerk für Sergei und Natalia Koussevitzky, die Namenspratrone der Koussevitzky Foundation in Boston, komponierte und das am 21. Januar 1961 in Boston vom Boston Symphony Orchestra unter der Leitung von Charles Münch mit Adele Addison als Solistin mit großem Erfolg aufgeführt wurde. Dabei hatten sich die Koussevitzkys eigentlich eine Sinfonie gewünscht. Auch einigen Kritikern war das Werk nicht "heilig" genug. In der Tat wird der Text der Missa ordinarium eher ungewöhnlich vertont und strotzt geradezu vor frischer Lebendigkeit und tänzerischer Leichtigkeit. Das wird vor allem in den ersten beiden Sätzen, "Gloria" und "Laudamus te", deutlich, in denen die beiden Chöre alles andere als spirituell erhaben klingen. Doch Poulenc baut auch ernsthafte, introvertierte Momente in die Komposition ein, die vom Solo-Sopran vorgetragen werden. Für die Aufführung in Dortmund hat man die Sopranistin Elena Gorshunova verpflichtet, die in Dortmund bereits 2014 als Giulietta in Bellinis I Capuleti e i Montecchi zu erleben war (siehe auch unsere Rezension). Gorshunova begeistert beim "Domine Deus" mit rundem Sopran und leuchtenden Höhen. Beeindruckend gelingt ihr das "Amen" im sechsten Satz, das sie zunächst a cappella anstimmt, bevor es anschließend von den beiden Chören und dem Orchester aufgegriffen wird.

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Christa Mayer mit Wayne Marshall am Pult des WDR Funkhausorchesters Köln nach Leonard Bernsteins Jeremiah

Nach der Pause geht es dann mit Leonard Bernstein weiter. Den Anfang macht seine 1. Sinfonie, die er 1942 im Alter von 24 Jahren komponierte. Bernstein wollte damit den Kompositionswettbewerb des New England Conservatory gewinnen, was ihm allerdings nicht gelang. Die Uraufführung am 28. Januar 1944 in Pittsburgh wurde allerdings ein enormer Publikums- und Kritikererfolg und brachte Bernstein den "New York Music Critics' Circle Award for the best American work of 1944" ein. Bernstein vertonte darin Texte des jüdischen Propheten und Volksführers Jeremia, der im 6. Jahrhundert vor Christus lebte und dem im Alten Testament ein ganze Buch gewidmet ist. Zentraler Punkt dieses Buches ist Jeremias Klagegesang nach der schrecklichen Zerstörung von Jerusalem im Jahr 587 vor Christus, auf die für das Volk der Juden Exil und Slaverei folgten. In drei Sätzen präsentiert Bernstein drei Schlüsselmomente aus dem Buch. Der erste Satz ist die Prophezeiung, "Prophecy". Auch wenn der Titel hier bereits einen gesungenen Text vermuten lässt, ist dieser Satz rein instrumental gehalten und unterstreicht vielleicht so, dass der Prophet mit seinen Ermahnungen vom Volk nicht gehört bzw. verstanden wird. Der musikalische Tonfall ist relativ ruhig und langsam gehalten. Das ändert sich im zweiten Satz, "Profanation". Das Volk, das ebenfalls keine Stimme hat, lehnt Jeremias Warnungen ab und eilt damit seinem Untergang entgegen. Die Zerstörung des Tempels von Jerusalem durch die Babylonier wird lautmalerisch sehr kriegerisch umgesetzt. Erst im dritten Satz, "Lamentation", setzt die Gesangsstimme ein. Bernstein hat Jeremias Klage in hebräischer Sprache für einen Mezzosopran komponiert. Christa Mayer begeistert mit warmer Mittellage und macht das Leid der Juden greifbar. Mit einem Schrei Jeremias lässt Bernstein den Satz und das Werk enden. Obwohl sein Vater und sein Lehrer Fritz Reiner es gewünscht hatten, ließ Bernstein keinen hoffnungsvollen vierten Satz folgen, da es ihm 1944 nicht angemessen erschien.

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Ben Walz als Solist des Knabenchores der Chorakademie Dortmund in Bernsteins Chichester Psalms

Mehr als zwei Jahrzehnte später erhielt Bernstein von Walter Hussey, dem Dekan der Kathedrale von Chichester in Sussex, den Auftrag für das Southern Cathedrals Festival, das bis heute jährlich im Wechsel an den Kathedralen von Chichester, Salisbury und Winchester in Südengland stattfindet, ein Werk zu komponieren. Bernstein entschied sich, mehrere Psalmen sowie einzelne Psalmenverse in drei Sätzen zu den so genannten Chichester Psalms zusammenzusetzen. Dabei erklingen die Texte wie bei seiner ersten Sinfonie in hebräischer Sprache. Das Werk wurde am 31. Juli 1965 mit gemischtem Knabenchor und Knabensopran in Chichester uraufgeführt. Die Partie des Knabensoprans übernimmt in Dortmund Ben Walz, ein Solist des Knabenchores der Chorakademie Dortmund. Mit zarter Stimmführung und großer Präzision überzeugt er im 2. Satz bei dem berühmten Psalm 23 ("Der Herr ist mein Hirte") und trägt den hebräischen Text ohne Textbuch vor. Der Kammerchor der TU Dortmund und der Philharmonische Chor Essen unterstreichen auch bei den übrigen Psalmen den spirituellen Charakter des Werkes. Wayne Marshall präsentiert sich am Pult des WDR Funkhausorchesters Köln einmal mehr als Bernstein-Experte, so dass es am Ende großen Beifall für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Die spirituellen Werke kommen auch im Ambiente des Konzerthauses überzeugend zur Geltung und bescheren dem diesjährigen Festival einen gelungenen Auftakt.

Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2018

 

Ausführende

Elena Gorshunova, Sopran

Christa Mayer, Mezzosopran

Ben Walz, Solist des Knabenchores
der Chorakademie Dortmund

Kammerchor der TU Dortmund
(Einstudierung: Ulrich Lindtner)

Philharmonischer Chor Essen
(Einstudierung: Patrick Jaskolka)

WDR Funkhausorchester Köln

Wayne Marshall, Dirigent

 

Werke

Pēteris Vasks
The Fruit of Silence
für gemischten Chor und Streichorchester
nach einem Text von Mutter Teresa (2014)

Francis Poulenc
Gloria
für Sopran, gemischten Chor und Orchester
FP 177
I. Gloria
II. Laudamus te
III. Domine Deus
IV. Domine fili unigenite
V. Domine Deus, Agnus Dei
VI. Qui sedes ad dexteram Patris

Leonard Bernstein
Sinfonie Nr. 1 (Jeremiah)
I. Prophecy
II. Profanation
III. Lamentation

Chichester Psalms
für gemischten Chor, Knabensopran und Orchester
1. Satz
Psalm 108,3 - Urah hanevel, v'chinor urah
("Wach auf, Psalter und Harfe")
Psalm 100 - Hari ul Adonai kol ha'arets
("Jauchzet dem Herrn, alle Welt")
2. Satz
Psalm 23 - Adonai ro-i, lo ehsar
("Der Herr ist mein Hirte")
Psalm 2,1-4 - Lamah rag'shu goyim
("Warum toben die Heiden")
3. Satz
Psalm 131 - Adonai, Adonai, lo gavah libi
("Herr, mein Herz ist nicht hoffärtig")
Psalm 133,1 - Hineh mah tov
("Siehe, wie fein und lieblich ist's, wenn
Brüder einträchtig beieinander wohnen")

 

Weitere
Informationen

erhalten Sie unter
Klangvokal Dortmund
(Homepage)



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