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Musikfestspiele
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Salzburger Pfingstfestspiele
02.06.2017 - 05.06.2017

La donna del lago

Melodramma in zwei Akten
Libretto von Andrea Leone Tottola nach dem Versepos The Lady of the Lake von Sir Walter Scott
Musik von Gioachino Rossini

in italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 h 5' (eine Pause)

Konzertante Aufführung im Haus für Mozart am 4. Juni 2017

 

 

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Geburtstagsfeier mit Cecilia

Von Thomas Molke / Fotos: © Marco Borrelli

Da die diesjährigen Pfingstfestspiele thematisch im schottischen Norden verankert sind, darf natürlich auch eine musikalische Bearbeitung eines Werkes von Sir Walter Scott nicht fehlen. Im Bereich der Oper denkt man da wahrscheinlich sofort an Donizettis Lucia di Lammermoor oder Rossinis La donna del lago. Dass sich Cecilia Bartoli als künstlerische Leiterin der Pfingstfestspiele für La donna del lago entschieden hat, liegt quasi auf der Hand. Zum einen gilt Rossinis Melodramma als erste Oper, die den schottischen Dichter für das Musiktheater entdeckte, und zog bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts mehr als 25 weitere Opern nach sich, wobei interessanter Weise kein Komponist eine weitere Vertonung der Lady of the Lake versuchte, sondern stets auf andere Werke zurückgriff. Zum anderen bietet sie für Bartoli mit der Titelpartie eine weitere Paraderolle, mit der sie vor allem im berühmten Schluss-Rondo "Tanti affetti in tal momento" glänzen kann. Vielleicht hat sie sich damit auch einen Geburtstagswunsch erfüllt, mit dem sie nicht nur sich selbst, sondern auch das Publikum beglückt, so dass am Ende alle in ein Geburtstagsständchen für "Cecilia" einstimmen. Ein Zuschauer kann es gar nicht bis zum Ende der Vorstellung abwarten und ruft bereits im ersten Akt an einer zugegebener Maßen etwas unpassenden Stelle seine Glückwünsche vom Rang herab. Bartoli scheint zwar gerührt, bietet dem Fan aber mit der ihr eigenen sympathischen Ausstrahlung Einhalt.

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Geburtstagsfeier mit Cecilia Bartoli (Elena) (dahinter: Edgardo Rocha (Giacomo) und Norman Reinhardt (Rodrigo), rechts)

Ob Rossini selbst auf den Stoff aufmerksam geworden ist oder ob die Komposition ursprünglich für Gaspare Spontini gedacht war, der 1819 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. zum ersten Kapellmeister und Generalmusikdirektor ernannt worden war und deshalb sein Engagement in Neapel am Teatro San Carlo absagen musste, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Jedenfalls nutzte Rossini die Möglichkeit, mit der neuen Oper die Gunst des Publikums in Neapel nach dem Fiasko mit Ermione zurückzugewinnen. Die Premiere wurde zwar aufgrund der ungewohnten Klangwelten, in denen Rossini das Flair der schottischen Highlands einfängt, recht kühl aufgenommen, doch nach kleineren musikalischen Umarbeitungen entwickelte sich das Stück zu einem der erfolgreichsten Werke des Schwans von Pesaro und hielt sich bis 1860 im Repertoire. Danach verschwand die Oper jedoch von den Spielplänen und ist auch seit der Rossini-Renaissance eher selten auf den Bühnen zu erleben, was zum einen an der Handlung liegen könnte, die für heutige Inszenierungen einige Tücken beinhaltet. Zum anderen enthält das Stück mit Giacomo V und Rodrigo zwei extrem anspruchsvolle Tenorpartien, die von den meisten Häusern nicht leicht zu besetzen sein dürften. Da bedarf es schon namhafter Festspiele, um diese Oper musikalisch adäquat zu besetzen.

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Schlussapplaus: von links: Serano (Reinaldo Macias), Albina (Laura Verena Incko), Douglas (Nathan Berg), Elena (Cecilia Bartoli), Giacomo (Edgardo Rocha), Rodrigo (Norman Reinhardt), Malcom (Vivica Genaux) und Bertram (Daniel Giulianini), im Hintergrund: Salzburger Bachchor

Das Libretto greift neben Scotts Epos auch auf die französische Bühnenadaption La Dame du lac von Henri Franconi zurück, die der französische Komponist Désiré-Alexandre Batton als Pantomime à grand spectacle für das Pariser Cirque Olympique vertonte. Neueste Forschungen legen nahe, dass Rossinis Librettist Tottola sich für seine Bühnenbearbeitung mehr an dem Szenario der Pantomime als an der französischen Übersetzung von Scotts Epos orientierte. Elena (Ellen) lebt mit ihrem Vater Douglas d'Angus zurückgezogen in den schottischen Highlands, nachdem der damalige König Giacomo V (James V.) ihren Vater vom Königshof vertrieben hat. In den Highlands formiert sich unter dem Clan des mächtigen Rodrigo (Roderick) gegen den König Widerstand, dem sich Douglas anschließt. Des Weiteren verspricht er Rodrigo die Hand seiner Tochter. Elena sind die Umsturzpläne und die Enge des Dorfes zuwider, so dass sich häufig in die Natur auf einen See flüchtet. Dort begegnet sie am Ufer einem Unbekannten, der sich als Uberto ausgibt, in Wirklichkeit jedoch der König ist, der sich incognito in die Highlands begeben hat. Elena empfindet eine tiefe Sympathie für den Fremden, will aber ihrem heimlichen Geliebten Malcom die Treue bewahren. Uberto respektiert ihre Gefühle und schenkt ihr einen Ring, mit dem sie sich, wenn sie in Not geraten sollte, vertrauensvoll an den König wenden könne. Nach einem Duell zwischen Uberto und dem eifersüchtigen Rodrigo, in dem Rodrigo fällt, gelingt es den königlichen Truppen, den Aufstand niederzuschlagen. Douglas und Malcom geraten in Gefangenschaft. Elena sucht mit dem Ring den König auf, um Gnade für die beiden zu erbitten, und erkennt in dem König den geheimnisvollen Fremden, der ihre Bitte großzügig erfüllt. So darf sie am Ende doch noch ihren Geliebten Malcom heiraten.

Bartoli hat für die konzertante Aufführung im Haus für Mozart eine hochkarätige Solistenriege um sich versammelt, die die musikalische Geburtstagsfeier perfekt macht. Da ist zunächst einmal Edgardo Rocha zu nennen, der bereits auf der Europatournee mit Bartoli als Prinz Ramiro in Rossinis La Cenerentola glänzte (siehe auch unsere Rezension aus Dortmund). Auch als König Giacomo V begeistert Rocha mit stupenden Spitzentönen und einer sehr beweglichen Stimmführung in den schnellen Läufen. In seinem großen Duett mit Bartoli im ersten Akt bilden die beiden stimmlich ein absolutes Traumpaar, das sicherlich auch zusammenfinden würde, wenn da nicht noch Malcom wäre, den Elena liebt. Rocha geht auch mit großem Spielwitz auf Bartolis Bestreben ein, der konzertanten Aufführung mit szenischen Elemente zu untermalen. Wenn Elena nach dem Duett den König über den See fährt, "rudern" die beiden von der Bühne. Auch in seiner Kavatine "Oh fiamma soave" zu Beginn des zweiten Aktes, wenn Giacomo V von Elena träumt, kann Rocha mit strahlenden Höhen punkten. Im folgenden Terzett mit Bartoli und Norman Reinhardt als Rodrigo macht er mit tenoralem Glanz deutlich, dass er dem Rivalen auch stimmlich überlegen ist. Reinhardts Tenor verfügt über eine kräftige Mittellage, muss in den Höhen allerdings stark forcieren und klingt dort nicht immer sauber.

Weitere musikalische Glanzpunkte setzt Vivica Genaux als Malcom. In der Auftrittskavatine "Elena! oh tu, che chiamo!", in der der junge Mann seine Gefühle für Elena offenbart und beschließt, sich den Rebellen anzuschließen, begeistert Genaux mit warmem und beweglichem Mezzo, und in dem Duett mit Bartoli verschmelzen die beiden Stimmen zu einer Einheit, die deutlich macht, dass Elenas Entscheidung für Malcom die richtige ist. Bartoli und Genaux spielen die Zuneigung auf der Bühne auch glaubhaft aus. Nathan Berg stattet Elenas Vater Douglas mit dunklem und kräftigem Bass aus, der zeigt, dass er sehr klare Vorstellungen hat, wie seine Tochter sich zu verhalten hat. Der Salzburger Bachchor unter der Leitung von Alois Glaßner überzeugt durch homogenen Klang. Gianluca Capuano zaubert mit Les Musiciens du Prince einen beweglichen, flotten Rossini-Sound aus dem Graben. Nur die hinter der Bühne eingespielte Musik klingt selbst bei den Blechbläsern etwas zu leise, so dass hier der musikalische Genuss ein wenig getrübt wird, zumal auch gerade diese leisen Passagen durch nerviges Rascheln und Hustengeräusche im Saal gestört werden.

Bartoli setzt in der Titelpartie natürlich wie erwartet ganz besondere Akzente. In den Duetten mit Rocha und Genaux verzaubert sie durch fulminante Läufe und strahlende Höhen, und Elenas Schluss-Rondo zelebriert sie auf ihre ganz eigene Weise. Wie sie die Passage, in der sie sich freut, ihren Geliebten und ihren Vater gerettet zu haben, bei den drei Wiederholungen jedes Mal wieder anders ansetzt und dem Text eine neue Bedeutung gibt, zeugt von ganz großer Vokalkunst. Da verwundert es nicht, dass das Publikum ihr im Anschluss sofort stehende Ovationen zollt. Und wenn das Orchester im Anschluss dann zu "Happy Birthday" ansetzt, singt der ganze Saal beherzt mit und bedankt sich für einen großartigen Belcanto-Abend.

FAZIT

Cecilia Bartoli und ihre Kollegen bieten mit einer großartigen konzertanten Produktion von Rossinis La donna del lago Belcanto vom Feinsten.

Weitere Rezensionen zu den Salzburger Pfingstfestspielen 2017

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Gianluca Capuano

Choreinstudierung
Alois Glaßner

 

Les Musiciens du Prince - Monaco

Salzburger Bachchor

 

Solisten

Giacomo V (Uberto)
Edgardo Rocha

Douglas d'Angus
Nathan Berg

Rodrigo di Dhu
Norman Reinhardt

Elena
Cecilia Bartoli

Malcom Groeme
Vivica Genaux

Albina
Laura Verena Incko

Serano
Reinaldo Macias

Bertram
Daniel Giulianini

 

Weitere
Informationen

erhalten Sie unter
Salzburger Pfingstfestspiele
(Homepage)



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