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Rossini in Wildbad
Belcanto Opera Festival
17.07.2014 - 27.07.2014


Tebaldo e Isolina

Melodramma romantico in zwei Akten
Libretto von Gaetano Rossi
Musik von Francesco Morlacchi

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 h (eine Pause)

Konzertante Aufführung in der Trinkhalle am 27. Juli 2014

 

 

 

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Romeo und Julia aus Altenburg

Von Thomas Molke / Fotos von Elias Glatzle


Seit Jahren hat es sich das Belcanto Festival Rossini in Wildbad nicht nur zur Aufgabe gemacht, Werke des Schwans von Pesaro zur Aufführung zu bringen, sondern auch Opern von Rossinis Zeitgenossen zu Gehör zu bringen, die der Vergessenheit anheim gefallen sind und seit vielen Jahren in den Archiven schlummern. In diesem Jahr ist die Wahl dabei auf Francesco Morlacchi gefallen, der ab 1810 als Kapellmeister in Dresden das Musikleben dort entscheidend mitprägte und mit seinen eher traditionell behafteten Kompositionen häufig zu einem Antipoden zu Rossini stilisiert wurde. Beispielsweise komponierte er im gleichen Jahr wie Rossini einen Barbier von Sevilla, wobei er dabei allerdings im Gegensatz zu Rossini lediglich das Libretto zu Paisiellos Oper neu vertonte. Sein Hauptwerk dürfte das Melodramma Tebaldo e Isolina sein, das Morlacchi 1822 auf seiner zweiten Italienreise für das Teatro La Fenice in Venedig komponierte, drei Jahre später für die sogenannte Dresdner Fassung allerdings gravierend umarbeitete. So wurde beispielsweise aus der Partie des Tebaldo, den Morlacchi in Venedig für den berühmten Kastraten Giovanni Battista Velluti komponiert hatte, eine Hosenrolle für einen Mezzosopran. In Bad Wildbad wird nun diese zweite Fassung, die am 5. März 1825 am Hoftheater in Dresden ihre Uraufführung erlebte, konzertant geboten und für eine CD-Aufnahme mitgeschnitten.

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Ensemble: von links: Geroldo (Gheorghe Vlad), Boemondo (Anicio Zorzi Giustiniani), Tebaldo (Laura Polverelli), Isolina (Sandra Pastrana), Ermanno (Raúl Baglietto) und Clemenza (Annalisa D'Agosto), im Hintergrund: Camerata Bach Chor Posen

Die Handlung erinnert stark an Shakespeares Romeo and Juliet, nur dass die Liebesgeschichte in Altenburg spielt, das Liebespaar Tebaldo und Isolina heißt und es ein glückliches Ende für die beiden gibt. Die Altemburgos und Trombergas sind zwei verfeindete Familien, die ihre Fehde eigentlich durch eine Hochzeit ihrer Kinder beilegen wollten. Doch dies wurde durch Corrado di Tromberga vereitelt, der die Altemburgos scheinbar ausrottete. Boemondo und seinem Sohn gelang allerdings die Flucht, und beide planten nun, ohne von dem anderen zu wissen, Rache an den Trombergas zu nehmen. Zu Beginn der Oper hat Boemondo auch Corrado schon ermordet und das Schloss ist mittlerweile im Besitz von Ermanno di Tromberga, Isolinas Vater. Tebaldo hat sich unter falschem Namen wieder nach Altenburg begeben und dort in Isolina verliebt. Er gewinnt auch zunächst das Vertrauen ihres Vaters, indem er ihn in einer aussichtslosen Schlacht rettet. Doch als sein eigener Vater Boemondo auftaucht und von ihm die Ermordung der Trombergas fordert, gerät er in einen Gewissenskonflikt. Im Kampf tötet er Isolinas Bruder Geroldo, um seinen eigenen Vater zu beschützen und will anschließend durch Isolinas Hand sterben. Doch diese vergibt ihm. Als Boemondo einen Anschlag auf Ermanno verübt, schützt Tebaldo erneut Isolinas Vater und stellt sich anschließend schützend vor seinen eigenen Vater, nachdem dieser von Ermannos Soldaten entwaffnet worden ist. Von diesem Handeln sind beide Väter so bewegt, dass sie ihrem gegenseitigen Hass abschwören und mit einer Heirat zwischen Tebaldo und Isolina Frieden miteinander schließen.

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Schlussapplaus: von links: Geroldo (Gheorghe Vlad), Boemondo (Anicio Zorzi Giustiniani), Ermanno (Raúl Baglietto), Tebaldo (Laura Polverelli), Ania Michalak, Antonino Fogliani, Isolina (Sandra Pastrana), Clemenza (Annalisa D'Agosto) und Silvano Zabeo (Studienleitung, Musikalische Assistenz, Fortepiano), im Hintergrund: Camerata Bach Chor Posen, vorne: Virtuosi Brunenses

Auch wenn die Handlung der Oper reichlich verworren ist und das glückliche Ende ein wenig unmotiviert und plötzlich kommt, rechtfertigt die Musik durchaus die Wiederentdeckung dieses vergessenen Werkes, zumal sie keineswegs so reaktionär klingt, wie es Morlacchi zu Lebzeiten von kritischen Stimmen teilweise vorgeworfen wurde. Bereits in der Ouvertüre belegt Morlacchi, dass er beispielsweise die musikalischen Strömungen eines Carl Maria von Weber in seinen Kompositionen umzusetzen und mit einer eigenen Note zu versehen weiß. Für die Hauptpartien Tebaldo, Isolina und Boemondo komponiert er ausgefeilte und recht anspruchsvolle Arien, die auch in der Instrumentierung überzeugen. So dominieren in Tebaldos letzter Romanze eine Harfe und eine Querflöte, wenn der junge Mann sein Schicksal beklagt, weil es seiner Meinung nach keine glückliche Zukunft für ihn und Isolina geben kann. Auch Isolinas große Arie im zweiten Akt unterstreicht mit einem Cello-Solo die tiefe Melancholie der jungen Frau, wenn sie zunächst über das Verschwinden des Geliebten verzweifelt ist und dann auch noch in einem Brief erfährt, dass ihr Geliebter niemand anderes als Tebaldo, der Sohn ihres Erzfeindes, ist.

Für die konzertante Aufführung ist eine hochkarätige Besetzung zusammengestellt worden, die den Anforderungen der Partien vollauf gerecht wird. Sandra Pastrana verfügt als Isolina über einen strahlenden Sopran und eine enorme Beweglichkeit in den Koloraturen. Bereits in ihrer Auftrittskavatine "Lusinghiera immagine", in der sie den Turniersieger als ihren Geliebten erkennt, begeistert Pastrana mit sauberen Spitzentönen, die regelrecht spüren lassen, wie das Herz dieses jungen Mädchens vor Freude höher schlägt. In ihrer großen Arie im zweiten Akt, wenn sie erkennt, dass der Geliebte Tebaldo ist, findet Pastrana zu einer Dramatik, die die ganze Bandbreite ihres gesanglichen Könnens unter Beweis stellt. Laura Polverelli steht ihr als Tebaldo mit sattem Mezzosopran in nichts nach. Mit wunderbaren Bögen begeistert Polverelli bereits in ihrer Auftrittskavatine, die bereits von einer gewissen Melancholie durchtränkt ist, da Tebaldo bereits den Konflikt zwischen seinem Racheschwur den Trombergas gegenüber und seiner Liebe zu Isolina erkennt. Im Duett im zweiten Akt, wenn die beiden Liebenden Abschied voneinander nehmen wollen, findet sie mit Pastrana zu einer bewegenden Innigkeit, die in ihrer anschließenden Romanze, wenn sie Isolinas Harfenspiel aus der Ferne hört, noch einmal verstärkt wird.

Anicio Zorzi Giustiniani begeistert als rachsüchtiger Boemondo d'Altemburgo mit baritonal angelegtem Tenor. Ihm nimmt man die Verbitterung, die die jahrelange Fehde bei dem leidgeprüften Vater durch den Tod der Gattin und des Sohnes hinterlassen hat, zu jedem Zeitpunkt ab. Auch Gheorghe Vlad und Annalisa D'Agosto überzeugen in den recht kleinen Rollen des Geroldo und der Clemenza. Raúl Baglietto klingt als Ermanno stellenweise etwas heiser und hat bei den hohen Tönen leichte Probleme. Der Camerata Bach Chor Posen präsentiert sich unter der Leitung von Ania Michalak stimmgewaltig und rundet den musikalischen Genuss dieser Aufführung mit den unter Antonino Fogliani wunderbar aufspielenden Virtuosi Brunenses hervorragend ab. Sowohl dem Chor als auch dem Orchester sei an dieser Stelle noch einmal ein ganz großes Lob ausgesprochen, da sie in den beiden szenischen und den zwei konzertanten Opernaufführungen innerhalb von knapp drei Wochen unermüdlichen Einsatz und enorme Präsenz gezeigt haben.

FAZIT

Allen, die diese Opernausgrabung nicht live miterleben konnten, sei zum Trost gesagt, dass die Aufführung vom SWR aufgezeichnet wurde. Wann die Aufführung allerdings übertragen wird, ist noch nicht bekannt. Auch eine Einspielung auf CD dürfte für Raritäten-Sammler interessant sein.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Antonino Fogliani

Chor
Ania Michalak

 

Camerata Bach Chor Posen

Virtuosi Brunenses


Solisten

Boemondo d'Altemburgo
Anicio Zorzi Giustiniani

Tebaldo, sein Sohn
Laura Polverelli

Ermanno di Tromberga
Raúl Baglietto

Geroldo, sein Sohn
Gheorghe Vlad

Isolina, seine Tochter
Sandra Pastrana

Clemenza, Angehörige der Familie Tromberga
Annalisa D'Agosto

 


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