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Musikfestspiele
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Schwetzinger SWR Festspiele 2014

Leucippo

Favola Pastorale
Text von Giovanni Claudio Pasquini
Musik von Johann Adolph Hasse


In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 45' (eine Pause)


Koproduktion mit der Oper Köln
Premiere am 22. Mai 2014 im Rokokotheater Schwetzingen

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Schwetzinger SWR Festspiele 2014
(Homepage)

Schönheit für den Augenblick

Von Joachim Lange / Fotos: Hans Jörg Michel

Von der Händel-Renaissance und dem Barock-Boom der letzten Jahrzehnte hat Johann Adolph Hasse (1699-1783) nicht profitiert. Da hat es hierzulande selbst der Franzose Jean Philippe Rameau leichter, auf die Bühne zurück zu finden. Dabei war Hasse zu seiner Zeit ein absoluter Top-Star. Der prominenteste Librettist des Jahrhunderts, Pietro Metastasio, war sein bevorzugter Texter (und umgekehrt). Mit der Kastraten-Legende Farinelli war er befreundet. Die berühmteste Primadonna der Zeit, Faustina Bordoni, bekam ihn sogar als Ehemann. Friedrich II. wollte ihn (vergebens) für seinen Hof. August der Starke machte ihn in Dresden zum "Königlich Polnischen und Kurfürstlich Sächsischen Kapellmeister". Die dreißig Dienstjahre an der Elbe (ab 1733) rechnet man dort zurecht zu den Ruhmeskapiteln der eigenen Geschichte. Da man den Star zu schätzen wusste, ließ man ihm obendrein die Freiheit, auch in seiner zweiten künstlerischen Heimat Italien Furore zu machen. Man kann sich darüber streiten, ob nun Händels italienischer Kosenamenszusatz caro (lieber) oder Hasses divino (göttlicher) zum Sassone (Sachse) mehr Zuneigung ausdrückt. Aber die Nachwelt und die Rezeptionsgeschichte haben halt auch ihre Wörtchen mitzureden. Und da ist die Sache eindeutig. Von seinen 42 Opern (meist im italienischen Stil) sind heute kaum noch die Titel bekannt. Es war schon eine Großtat, dass Karoline Gruber an der Semperoper mit einigem Erfolg seine Cleofide auf ihre Gegenwartstauglichkeit testen konnte.

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Seit Jahren gehört es zum Selbstverständnis der Schwetzinger Schlossfestspiele des SWR, eine Uraufführung mit einer Ausgrabung zu konfrontieren. Hasses favola pastorale Leucippo zu einem Text von Giovanni Claudio Pasquini war 1747 in der Dresdener Hubertusburg uraufgeführt und zehn Jahre später in einer überarbeiteten Fassung in Schwetzingen erneut aufgeführt worden. Was neben der Wiederentdecker-Freude der Festival-Veranstalter allemal ein guter Grund für eine solche Programm-Entscheidung ist.

Musikalisch ist dieses trällernde Schäferspiel bei Konrad Junghänel und dem Concerto Köln in den denkbar besten Händen. Präzise und mit Furor wurde da alles, was an Dramatik drin steckt, herausgeholt. Doch nicht nur der meist funkelnde Orchesterpart rechtfertigt das Unternehmen. Auch das Solistenensemble gehört auf die Habenseite dieser Koproduktion mit der Oper Köln. Vasily Khoroshev geht dabei mit kraftvoll wohltimbrierter Counterstimme in der Titelpartie als Entdeckung durchs Ziel. Aber auch sonst dominieren barocke Beweglichkeit und Strahlkraft.

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Das Stück kommt mit zwei Paaren, einem Oberpriester und einem Intriganten aus. Leucippo liebt verbotenerweise die Priesterin Dafne (Franziska Gottwald). Der Intrigant Delio (furios aufdrehend: Claudia Rohrbach) verrät die Karre an den Oberpriester Narete (Francisco Fernández-Rueda). Der müsste Leucippo (der eigentlich sein Sohn ist!) daraufhin ans Leben. Was sein treuer Freund Nunte (mit darstellerischem Witz: Holger Falk) zu verhindern weiß. Quasi zur Belohnung bekommt der am Ende Dafnes Schwester Climene (in jeder Hinsicht intensiv: Netta Or).

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So sehr die einzelnen Nummern dabei auch in ihrer Melodienschlichtheit und flotten Eleganz betören, so sehr vereint das Stück als Ganzes doch auch all die Unarten eines eher unverbindlichen und dramaturgisch lose gereihten Arien-Hin- und Her mit jeder Menge Allerweltsweisheiten. Da kann selbst eine Regisseurin vom Format einer Tatjana Gürbaca (die im letzten Jahr für ihren Parsifal den Umfragelorbeer einheimste) nicht viel retten. Machen (lassen) kann sie schon was.

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Im abstrakt ovalen Bühnenraum von Henrik Ahr, dessen Decke sich am Ende, wenn Dafne und Leucippo in die himmlische Zweisamkeit wechseln, langsam absenkt, sieht das Ganze schon sehr nach einer Selbsterfahrungsgruppe zum Thema "ausführliche barocke Abschweifungen von einer dünnen Geschichte" aus. Barbara Drosihns Kostüme in Pastelltönen sind aus dem Heute zusammengestückelt und sehen auch für Männer Röcke vor. Was nicht heißt, dass es keinen Spaß macht zuzusehen, wie vor allem das zweite, eher irdische Paar, alle Register zieht, um die erotische Konnotation von Koloraturen auszuspielen oder die Spannung der Liebe durch gespieltes Fremdgehen und daraufhin auflodernde Eifersucht anzuheizen. Am Ende ist es der von der Regisseurin forciert eingesetzten Spielfreude der Protagonisten zu danken, wenn man im Zuschauerraum dem Bühnengeschehen nicht gänzlich abhandenkommt beim Schwelgen in der puren musikalischen Schönheit für den Augenblick.


FAZIT

Im Rokokotheater des Schwetzinger Schlosses bemühten sich Konrad Junghänel und Tatjana Gürbaca redlich um Johann Adolph Hasses Leucippo, ins Repertoire wird es das Stück wohl nicht wieder schaffen. Die Festspielgäste werden für ihre Geduld immer mit vielen schönen Musiknummern belohnt.






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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Konrad Junghänel

Inszenierung
Tatjana Gürbaca

Bühne
Henrik Ahr

Kostüme
Barbara Droshin

Licht-Design
Andreas Grüter

Dramaturgie
Carsten Jens
Tina Hartmann



Barock Vokal Mainz

Concerto Köln


Solisten

Leucippo
Vasily Khoroshev

Narete
Francisco Fernández-Rueda

Dafne
Franziska Gottwald

Climene
Netta Or

Delio
Claudia Rohrbach

Nunte
Holger Falk


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