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Opernfestspiele Heidenheim

27.05.2014 - 27.07.2014

Der Bajazzo (Pagliacci)

Oper in einem Prolog und zwei Akten
Libretto und Musik von Ruggero Leoncavallo

Cavalleria Rusticana

Melodramma in einem Akt
Libretto von  Giovanni Targioni-Tozzetti und Guido Menasci
Musik von Pietro Mascagni

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Dauer: 3 Stunden – eine Pause

Premiere im Rittersaal Schloss Hellenstein bzw. *Festspielhaus Congress Centrum am 4. Juli 2014
(rezensierte Aufführung. 6. Juli 2014*)

 


 

 

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Korrespondierendes Operngespann

Von Christoph Wurzel / Fotos: Ludwig Olah


Die Verschwisterung dieser beiden Werke auf den Opernbühnen hat lange Tradition und ist auch nicht mehr wegzudenken. Schließlich ist das Milieu ganz ähnlich, in dem sie spielen, nämlich die dörfliche Welt in Italien. Vor allem verbindet sie der hochdramatische Ausgang ihrer Handlungen. Zweimal endet eine Dreiecksgeschichte mit  Verrat  und Tod, in der ersten Oper (Bajazzo) ersticht der Ehemann seine Frau und deren Liebhaber und in der anderen (Cavalleria Rusticana) tötet der Ehemann den Liebhaber seiner Frau. Nicht genug damit, wird die Ehebruchssituation noch in der einen Oper (Bajazzo) als komisches Spiel im Spiel gespiegelt, genügend dramatische Verwicklungen also. Darüber hinaus haben die Opern jedoch keine Verbindungen. Ihre beiden Handlungen nun enger zu verknüpfen, ist der Regieansatz  von Petra Luisa Meyer, die sie hier in Heidenheim inszeniert hat. Schuld und Sühne ist dabei der Leitgedanke, der zentral in beiden Opern die Handlung bestimmt. Dafür ist die gewohnte Reihenfolge beider Werke umgekehrt worden. Zuerst wird Bajazzo gespielt, mit Canios finalen Eifersuchtsmord an Nedda und Silvio, die am Schluss dieser ersten Oper aufgebahrt auf der Bühne bleiben. Nach der Pause stellen diese Körper nun in gläsernen Heiligenschreinen, gleichsam als Märtyrer der Liebe, Objekte der religiösen Verehrung der sizilianischen Dorfgemeinschaft dar. Der Darsteller des Mörders Canio aus dem Bajazzo ist nun Turridu in Cavalleria - jetzt selbst Ehebrecher und Mordopfer. Wie durch ein Fegefeuer muss er bis zum bitteren Ende gehen, wenn Alfio, der Mann seiner Geliebten Lola das Gesetz der Vergeltung für seinen Ehrverlust kalt und gnadenlos an ihm exekutiert.

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Der Bajazzo: Star und Sternchen in Blitzlichtgewitter: George Oniani (Canio) und Michaela Maria Mayer (Nedda)

Die Sphären, in denen die Regie beide Opern ansiedelt, dagegen sind grundverschieden. Bajazzo spielt im Umfeld der glamourösen Welt des Showgeschäfts, Cavalleria in der dörflichen Atmosphäre Siziliens, die von den Zwängen eines traditionellen Religionsverständnisses gleichermaßen geprägt wird wie von mafiösen Gesellschaftsstrukturen. Alfio, im Libretto ein reicher Fuhrunternehmer, ist hier der offenbar alles beherrschende Pate des Ortes, dem die Leute voll Ehrfurcht die Füße küssen. Canio, im Bajazzo Chef einer kleinen Komödiantentruppe, erscheint als eitler Medienstar. Als perfekte Show inszeniert er seinen großen Auftritt aus dem Publikum. Später am Ende des ersten Akts allein hinter seinem Schminktisch sitzend zeigt er im weinerlichen Arioso sein wahres Gesicht, seine hilflose Eifersucht. Packend wird es in 2. Akt, wenn die “Commedia” von Colombina, Arlecchino und Bajazzo unvermittelt in blutigen Ernst umschlägt, was der Chor als umstehendes Publikum nur langsam erfasst.

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Der Bajazzo: Commedia dell’arte als Trashnummer: Colombina (Michaela Maria Mayer) und Taddeo (Nikola Mijailovic ) mit Chor

In der Dorfgemeinschaft der Cavalleria scheint die religiöse Tradition noch intakt zu sein. In festlicher Prozession wird der Ostermorgen gefeiert, doch so weit her ist es mit dem Christentum auch wieder nicht, denn für Santuzza gibt es keine Gnade, gilt sie doch als entehrt, da Turiddu sie verlassen hat. Als ironischen Kontrapunkt fügt die Regie hier die Figur des gemarterten Jesus ein, der Santuzza die Kommunion erteilt, die ihr von der Kirche verweigert wird. Kopfschüttelnd muss Jesus dann auch der Hetzjagd auf Turiddu zusehen, die unausweichlich mit der Vendetta, d.h. seinem Tod endet. Am Ende der zweiten Oper bleibt das Bild der Pietà stehen: eine Mutter mit ihrem ermordeten Sohn.

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Cavalleria Rusticana: Heiliges und Unheiliges am Ostermorgen simultan: Unten die Prozession (Stuttgarter Choristen) und oben rechts geht Turiddu (George Oniani) mit Lola (Michaela Maria Mayer) fremd.

Außer der ambitionierten Inszenierung konnte die Produktion auch mit musikalischer Qualität punkten. Das Ensemble wartete vor allem in den Hauptrollen mit vokalen und darstellerischen Glanzleistungen auf. George Oniani gestaltete mit tenoraler Pracht sowohl den affektgeladenen Bajazzo wie einen draufgängerischen Turiddu. Michaela Maria Mayer überzeugte im Bajazzo als Nedda besonders mit dem Vogellied  und dann in der trashigen Fassung der Comedia mit karikaturistischem Talent. In Cavalleria sang sie die kleine Rolle der Lola. Hervorragend auch der Bariton Nikola Mijailovic als eiskalter Mafioso Alfio. Im Bajazzo setzte er schon mit dem Prolog einen starken Akzent. Helena Zubanovich war eine höchst eindrucksvolle Santuzza. Auch die kleineren Rollen waren durchweg überzeugend besetzt.

Mit den engagiert spielenden Stuttgarter Philharmonikern ließ es Marcus Bosch nicht an Italianitá fehlen. Kein Mangel auch an dramatischer Kraft und musikalischer Emotionalität. Einfach nur schön, ohne sentimentalen Einschlag gelang das  Intermezzo sinfonico in Cavalleria. Im Bajazzo war die historisierende Begleitmusik zur Commedia ein großer Genuss. Die Stuttgarter Choristen zeigten sich als vokal höchst präsentes Ensemble.

FAZIT

Nicht in blankem Naturalismus wurden hier die beiden Renner des italienischen Opernversimo gezeigt, sondern in einer intelligent interpretierenden Fassung, die mit kritischen Anspielungen auf unsere Gegenwart weist. Auf der musikalische Seite überzeugten Solisten und Orchester in gleicher Weise. Die Aufführung verfehlte ihre Wirkung nicht, obgleich sie witterungsbedingt leider nicht in der Burgruine gespielt wurde.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Marcus Bosch

Inszenierung
Petra Luisa Meyer

Bühne und Kostüme
Tassilo Tesche

Lichtdesign
Hartmut Litzinger

Choreinstudierung
Tarmo Vaask

Einstudierung Kinderchor
Thomas Kammel

 

Stuttgarter Philharmoniker

Stuttgarter Choristen

Eleven des Neuen Kammerchors
des Schiller Gymnasiums Heidenheim


Solisten

Der Bajazzo

Canio, Prinzipal einer Komödiantentruppe /
"Der Bajazzo"
George Oniani

Nedda, seine Frau/ "Colombina"
Michaela Maria Mayer

Tonio / "Taddeo"
Nikola Mijailovic

Beppo / "Harlekin"
Christoph Wittmann

Silvio, ein Bauer
Stefan Zenkl

 

Cavalleria Rusticana

Santuzza
Helena Zubanovich

Turiddu
George Oniani

Lucia, seine Mutter
Frauke Willimczik

Alfio
Nikola Mijailovic

Lola, seine Frau
Michaela Maria Mayer

 

 
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