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Tiroler Festspiele Erl Sommer
10.07.2014
- 03.08.2014

Ring-Session

Der Vorabend zum Vorabend
Angelo di Montegral


In deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1h 20' (keine Pause)

Aufführung im Festspielhaus am 31. Juli 2014, 20.00 Uhr

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Tiroler Festspiele Erl
(Homepage)
Session als Vorabend zum Vorabend

Von Thomas Molke 

Schon einen Tag bevor im Passionsspielhaus mit dem HPH-24-Stunden-Ring der eigentliche Höhepunkt die diesjährigen Tiroler Festspiele Erl beendet, hat man sich in Erl eine ganz besondere Einstimmung auf dieses Ereignis überlegt. Als "Vorabend zum Vorabend" präsentieren die Herren der Chorakademie der Tiroler Festspiele Erl gemeinsam mit acht Chordamen und dem Javier Quartett die wichtigsten Motive aus Wagners Ring des Nibelungen, wobei diese Leitmotive nicht nur von dem Leiter der Chorakademie, Thomas Mandl, musikalisch ganz neu einstudiert, sondern auch von dem Saxophonspieler und Komponisten Eduardo Javier Maffei interessant variiert und erweitert worden sind. Moderator Andreas Leisner gliedert den Abend in drei Teile und gibt zu jedem Teil kurze einleitende Worte.

Zu Beginn hört man den "Siegfried Call". Hierbei ist es aber nicht Siegfrieds Horn, das den Drachen Fafner weckt, sondern Maffeis Saxophon, das in einer leichten Jazz-Variante die Damen und Herren der Chorakademie ruft. Während sich die Herren gleichmäßig auf den beiden Seiten im Zuschauerraum des Festspielhauses verteilen, nehmen die acht Damen vorne in der ersten Reihe Platz. Was dann folgt, ist ein Hörerlebnis der besonderen Art. Die Herren der Chorakademie stimmen mit sonorem Ton den berühmten Es-Dur-Akkord an, mit dem im Rheingold die Tetralogie beginnt, wobei sie diesen Akkord wesentlich länger halten, als dies in Wagners Partitur der Fall ist. Über diesen Akkord, stimmen die acht Damen nach einer ganzen Weile einen Gesang an, der eine Variation der Rheintöchter markiert, bevor dann Maffei durch einen Saxophon-Lauf die Wellenbewegungen des langsam anschwellenden Rheins beschreibt. Nach diesem überwältigenden Klangerlebnis folgt das Angst-Motiv, das das Javier Quartett mit Klavier, E-Bass, Saxophon und Schlagwerk interessant variiert. Wieso anschließend die Herren die Volksweise "Hüt du dich!" anstimmen, die von Richard Strauss vertont wurde, erschließt sich nicht ganz. Vielleicht soll diese Warnung in Bezug zum vorher erklungenen Angst-Motiv gesetzt werden. Mit dem anschließenden Riesen-Motiv, das Enrico Montanaro am Schlagzeug einleitet, entführt das Javier Quartett von den recht starren Bewegungen der Riesen über eine Freestyle-Improvisation in den Rhythmus lateinamerikanischer Klänge.

Den zweiten Teil beginnen die acht Damen mit "Siegfrieds Traum", in dem sowohl Themen der Rheintöchter aus der Götterdämmerung als auch Brünnhildes Gesang nach ihrer Erweckung im Siegfried aufgegriffen werden. Die vier Sopranistinnen und vier Altistinnen finden dabei zu einem wunderbar harmonischen Klang. Bei der anschließenden freien Improvisation des "Liebesentzugs" kann sich dann Marcello Sutera am E-Bass hervorragend in Szene setzen, bevor die Herren der Chorakademie einen fulminanten Jägerchor aus Webers Freischütz schmettern, der auf wundersame Weise wieder zurück zum Rheingold und Froh und Loge führt. Das "Loge-Motiv" wird dann von Alessandro Altarocca am Keyboard und Maffei am Saxophon auf vielfältige Art weiterentwickelt und präsentiert sich ebenso variabel wie der Feuergott selbst.

Der dritte Teil stellt dann das berühmte Walküren-Motiv in den Mittelpunkt und spürt der Frage nach, was dieser Musik im Laufe des Jahrhunderts alles angelastet worden ist. In zwei Varianten, die gegensätzlicher nicht sein könnten, wird gezeigt, wie sich dieses Motiv entwickeln lässt. Zum einen gibt es die klassische Wendung zum Schlachtgesang, für den das Motiv nicht nur im Dritten Reich hinhalten musste. Mandl hat dazu ein Gedicht von Johann Gottfried Herder ausgewählt, das von Richard Strauss vertont worden ist und bei dem dem Zuhörer mit Blick auf den patriotisch verbrämten Text, der den Heldentod im Kampf verherrlicht, der Schock in die Glieder fährt, vor allem wenn man bedenkt, dass dieses Gedankengut nicht überall auf der Welt als so abwegig verschrien ist wie in Zentraleuropa. Die Sinnlosigkeit dieses Textes wird vielleicht unterstrichen mit der folgenden Komposition von Richard Strauss, in der er einfach den Originaltext einer schwedischen Streichholzschachtel vertont hat, was andeuten mag, dass jeder noch so sinnfreie Text sich in Musik übersetzen lässt. Dass das Walküren-Motiv auch ganz anders "ausgeschlachtet" werden kann, präsentiert das Javier-Quartett mit einer jazzigen Swing-Variante, in der die acht Damen mit verführerischem Hüftschwung alles andere als kämpferisch wirken.

Der Schluss gehört dann in diesem Teil dem Helden Siegfried. Nachdem Maffei mit dem Saxophon das Siegfried-Motiv hat anklingen lassen, präsentieren die Herren der Chorakademie einen "Siegfried-Swing", der dann mit Mimes Worten "Als zullendes Kind" von allen Beteiligten in einen Rock-Rap überführt wird, der dann auch das Publikum mit einbezieht. Hier werden dann die unterschiedlichsten Motive noch einmal verwoben. Man hört den Wurm Fafner, der aus seiner Höhle kriecht, die mahnenden Worte Erdas, bevor dann Brünnhildes Schlussgesang angesetzt wird. All das wird vom Schnipsen der Sänger und Klatschen des Publikums begleitet. Nach dieser Präsentation gibt es im Festspielhaus frenetischen Beifall für alle Beteiligten und der Wunsch nach einer Zugabe, der von den Musikern allerdings nicht eingelöst wird. Scheinbar wurde alles gesagt, was im Rahmen dieser Session zu sagen war und nichts zurückgehalten, was man als Bonbon noch im Anschluss hätte präsentieren können.

FAZIT

Diese musikalische Einstimmung macht Lust auf das, was in den nächsten Tagen als HPH-24-Stunden-Ring im Passionsspielhaus zu erleben sein wird.

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Ausführende

Chorakademie der Tiroler Festspiele Erl

Musikalische Leitung
Thomas Mandl

Choreographie
Alessia Luccarelli

Moderation
Andreas Leisner

Das Javier Quartett

Saxophon
Eduardo Javier Maffei

E-Bass
Marcello Sutera

Klavier, Keyboard
Alessandro Altarocca

Schlagwerk
Enrico Montanaro

 


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Tiroler Festspiele Erl



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