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Musikfestspiele
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Osterfestspiele Salzburg 2012

Parsifal

Ein Bühnenweihfestspiel in drei Aufzügen
Text und Musik von Richard Wagner


In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 5 h (zwei Pausen)


Koproduktion mit der Sächsischen Staatsoper Dresden, dem Beijing Music Festival
und dem Teatro Real Madrid
Premiere am 23. März 2013 im Großen Festspielhaus

Homepage

Osterfestspiele Salzburg
(Homepage)

Auch in Salzburg: Angekommen!

Von Joachim Lange / Fotos: Forster

Die Osterfestspiele in Salzburg - das ist 2013 auch eine Wende von der Beinahe-Katastrophe zum gefeierten Start in eine neue Ära. Der Schock saß tief, als die Berliner Philharmoniker unter Simon Rattle ihren luxuriösen, seit Herbert von Karajans Zeiten alljährlich zu Ostern zelebrierten Ausflug nach Salzburg und in die für die für das exemplarische Konzertorchester fremde Oper aufgaben und in das für sie offenbar noch lukrativere Festspielhaus nach Baden-Baden wechselten. Die Rettung kam dann aber nicht als Notlösung, sondern als echter Coup: Und zwar aus Dresden – in Gestalt der Sächsischen Staatskapelle und ihres neuen Chefs Christian Thielemann. Ein genuines deutsches Opernorchester vom Feinsten, mit ungebrochener Tradition und endlich auch mit dem Chef, der zu ihm passt.


Vergrößerung in neuem Fenster Im Röhrenwald

Die fanden den eh schon geplanten Parsifal passend und übernahmen diese geerbte Programmentscheidung, als hätten sie sie selbst erfunden. Seit Wagners letztes Bühnenwerk den Bayreuther Alleinaufführungsanspruch mit Ablauf der Sperrfrist los ist, ist das „Bühnenweihfestspiel“ zu einer Art Karfreitagsoper für jeden, der sich traut, avanciert. Es klingt immer noch hinreichend nach religiöser Erbauung, verfügt aber zugleich über genügend Deutungs-Potenzial fürs Kritische.

Bei Kartenpreisen von bis zu stolzen 490 Euro wird in Salzburg mit gutem Recht die Premium-Klasse erwartet. Und Wagner-Spezialist Christian Thielemann und das Orchester, das den Kosenamen „Wagners Wunderharfe“ führt, lieferten sie auch wie erwartet ab. Wobei - nicht ganz wie erwartet, denn Thielemann überraschte auch. Er ging nämlich erstaunlich zügig zur Sache. Mit 1 Stunde 34 Minuten für den ersten Akt schlug er sich auf die Seite der flotteren Parsifal-Dirigenten und blieb unter der etwa in Bayreuth in den letzten Jahren geradezu eingebürgerten Marke von 1 Stunde 45 Minuten.

Thielemann lieferte überhaupt mehr die Musik für die Bühne als ein Weihfestspiel. Ohne diffuse Klangnebelschwaden. Er hatte offenkundig mehr die große Geste als die Entrückung im Visier. Aus dem Graben donnerte da zuweilen mehr so ein Wenn-schon-denn-schon-Parsifal. Wenn schon kein Deckel auf dem Orchester wie im ganz speziellen Parsifal-Theater auf dem Grünen Hügel in Bayreuth, dann schon mal richtig hingelangt. Bei der Gralsmusik im dritten Aufzug ging er bis an die Grenze, da lief das Kraftwerk im Graben dicht an der Überlast.

Was für das Ensemble dennoch kein Problem war. Vor allem der Parsifal Johan Botha ist mit seinem imponierenden XL-Heldentenor die vokale Dominanz in Person. Aber darstellerisch eine Herumsteh-Katastrophe. Die Regie versucht sich mit ein paar jungen, beweglichen Doubles aus der Affäre zu ziehen. Michaela Schuster ist eine routinierte und nach wie vor packend gestaltende Kundry. Wolfgang Koch stemmt sowohl den Amfortas als auch den Klingsor, während Stephen Milling als beredter Gurnemanz mehr den Fremdenführer durchs Gralsgebiet als dessen obersten Priester gibt. Das gesamte Ensemble, die exzellenten Chöre und das Orchester füllen so das akustisch immer problematische Große Festspielhaus in Salzburg tatsächlich aus. Was hier keineswegs selbstverständlich ist.

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Wo die Liebe hinfällt: Parsifal und die Blumenmädchen

Das gelingt auch dem Regisseur Michael Schulz, der sich mit dem Weimarer Ring seine Wagner-Meriten verdient hatte, und seinem Ausstatter, dem Bildhauer Alexander Polzin. Zuerst mit einem Wald aus Glasröhren, die die Zeit zum Raum werden lassen, indem sie sich mit Dampf und Schädelprojektionen füllen. Das kleinwüchsige Klingsor-Doubel (Rüdiger Frank) und der die Rolle singende Amfortas-Darsteller, die im Stewardessenoutfit wie Roboter aufmarschierenden Blumenmädchen und Parsifal samt seiner Doubles tummeln sich im zweiten Akt zwischen lauter berühmten Skulpturen wie im Museumsdepot. Samt deren von der Decke hängender Spiegelung. Bis schließlich alle auf einer schrägen, von Kojoten umlauerten Eisscholle landen.


Vergrößerung in neuem Fenster Auf der Eisscholle gestrandet

Immer dabei ein leibhaftiger Bilderbuch-Jesus und sein Schatten. Beide wohl als personifizierte Obsession Kundrys. Auf die offenen Fragen und verquasten Antworten in Wagners kunstreligiösem Hauptwerk antwortet diese Inszenierung mit einem gewissen - immerhin souveränen - Trotz. Vor allem aber mit eigenen verquasten Antworten, die das Ganze noch mehr verunklaren. Wobei der Schluss noch am triftigsten ist. Da erkennt Kundry in Jesus den Mann und wendet sich ihm in Liebe zu. Weil aber so viel happy end auf Erden nicht sein darf, verwunden die Glaubensmännern erneut den Heiland und zwingen Kundry zu dessen Anbetung. Während Parsifal in seiner neuen Funktion als Gralskönig erstarrt, verlässt immerhin Gurnemanz diesen schein-heiligen Verein. Mit neu erworbenem Zweifel, wenigstens er!


FAZIT

Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle Dresden werden für ihren Einstand bei den Osterfestspielen gefeiert und sind in ihrer neuen Nebenwirkungsstätte wirklich angekommen. Szenisch ist dieser Parsifal eher ein verrätselndes Ärgernis, als eine Erleuchtung. Jubel für die Akteure, ein Buhsturm für das Regieteam.






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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Christian Thielemann

Inszenierung und Choreographie
Michael Schulz

Bühne und Kostüme
Alexander Polzin

Licht
Urs Schönebaum

Choreographie
Annett Göhre

Chöre
Pablo Assante

Dramaturgie
Sophie Becker



Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor

Sächsischer Staatsopernchor Dresden

Chor der Bayerischen Staatsoper

Staatskapelle Dresden


Solisten

Amfortas
Wolfgang Koch

Titurel
Milcho Borovinov

Gurnemanz
Stephen Milling

Parsifal
Johan Botha

Klingsor
Wolfgang Koch

Kundry
Michaela Schuster

1. Gralsritter
Thomas Ebenstein,

2. Gralsritter
Derek Welton

Knappen
Annika Sophie Ritlewski
Carolin Neukamm
Mauro Peter
Attilio Glaser

Blumenmädchen
Eva Liebau
Annika Sophie Ritlewski
Theresa Holzhauser
Bele Kumberger
Chiara Skerath
Carolin Neukamm

Stimme aus der Höhe
Rachel Frenkel


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