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Neuburger Kammeroper
20.07.2013 - 28.07.2013


Eifersucht (Les deux jaloux)

Opéra comique in einem Akt
Libretto von Jean Baptiste Charles Vial (1771 - 1837) nach Charles Dufresny (1657 - 1724)
übersetzt und für die Neuburger Kammeroper eingerichtet von Annette und Horst Vladar
Musik von Sophie Gail

So ein Glück! (Une bonne fortune)

Opéra comique in einem Akt
Text von Édouard Mennechet (1794 -1845)
übersetzt und für die Neuburger Kammeroper eingerichtet von Annette und Horst Vladar
Musik von Adolphe Adam

In deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 30' (eine Pause)

Premiere im Stadttheater am 20. Juli 2013
(rezensierte Aufführung: 27.07.2013)

 


 

 

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Es lebe die Liebe

Von Thomas Molke / Fotos von © Neuburger Kammeroper


Seit 1969 überrascht die Neuburger Kammeroper in jedem Sommer mit einer Opernausgrabung, die der künstlerische Leiter Horst Vladar gemeinsam mit seiner Frau Annette Vladar in den Archiven aufspürt, gegebenenfalls übersetzt und für die Gegebenheiten der Kammeroper einrichtet. Dabei handelt es sich manchmal um vergessene Werke bekannter Komponisten, manchmal aber auch um Opern, bei denen selbst der Komponist dem Großteil des Publikums unbekannt sein dürfte. In diesem Jahr ist gleich eine Besonderheit im doppelten Sinn zu erleben. Zum einen hat Vladar einen Einakter einer Komponistin auf den Spielplan gestellt, deren Opern zu Beginn des 19. Jahrhunderts an der Opéra-Comique große Erfolge verbuchen konnten, obwohl sie eine Frau war, was für dieses Genre zur damaligen Zeit noch ungewöhnlicher war als heute. Zum anderen hat im zweiten Einakter von Adolphe Adam Michael Hoffmann die Regie übernommen, der bereits seit vielen Spielzeiten als Buffo-Bariton bei der Neuburger Kammeroper mitwirkt, während Vladar selbst in diesem Einakter "nur" als Darsteller auftritt.

Den Anfang macht die Opéra comique Eifersucht (Les deux jaloux) von Sophie Gail. Gail zeigte schon in ihrer Kindheit eine große musikalische Begabung und veröffentlichte bereits mit 14 Jahren ihre ersten Kompositionen, schlug allerdings mit 18 Jahren den für die Frauen der damaligen Zeit typischen Weg ein und heiratete. Der große Altersunterschied und die geistige Mittelmäßigkeit ihres Gatten Jean-Baptiste Gail führten allerdings dazu, dass sie sich 1801 ohne offizielle Scheidung von ihm trennte und eine musikalische Laufbahn einschlug. Nachdem sie sich zunächst als Romanzensängerin auf Tourneen durch Südfrankreich und Spanien über Wasser gehalten hatte, widmete sie sich erneut dem Komponieren und stellte am 27. März 1813 mit Les deux jaloux ihre erste von insgesamt fünf Operneinaktern vor, die bis 1818 mit großem Erfolg in Paris ihre Uraufführungen erleben sollten. Vielleicht wären diesen Werken noch weitere gefolgt, wenn Gail nicht am 24. Juli 1819 im Alter von nur 43 Jahren an TBC gestorben wäre.

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Fanchette (Yvonne Steiner) und Frontin (Michael Hoffmann) ziehen in Sophie Gails Eifersucht als verschmitztes Dienerpaar die Strippen.

Les deux jaloux spielt in einem geographisch nicht näher definierten Schloss eines französischen Präsidenten eines Gerichtshofes und handelt, wie der Titel schon verrät, von zwei eifersüchtigen Männern. Der eine ist der Präsident selbst, der sämtliche Männer verdächtigt, seine Frau, die Präsidentin zu begehren. Geschürt wird seine Eifersucht auch noch dadurch, dass der Verehrer seiner Nichte Lucie, der junge Offizier Martin, auf einem Maskenball durch eine Verwechslung nicht Lucie, sondern der Präsidentin seine Liebe gestanden hat. Aus diesem Grund will er auch eine Hochzeit zwischen Martin und seiner Nichte verhindern. Der andere ist der Gärtner Thibaut, der die Kammerzofe Fanchette für sich beansprucht, weil er mit ihr zusammen aufgewachsen ist. Fanchette hingegen liebt den pfiffigen Kammerdiener Frontin. Mit einigen geschickten Schachzügen gelingt es Frontin und Fanchette, dem Präsidenten nicht nur die Peinlichkeit seiner grundlosen Eifersucht vor Augen zu führen, sondern ihn auch aus Reue über sein Verhalten der Verbindung zwischen Lucie und Martin einerseits und Fanchette und Frontin andererseits zustimmen zu lassen. So bleibt nur Thibaut allein zurück.

In einem pittoresken Bühnenbild von Ulrich Hüstebeck mit einem Gartenpavillon, abstrakt angedeuteten Bäumen und einer niedlich kitschigen Putte auf einem Podest lässt Vladar sein Ensemble den spritzigen Charme der Vorlage mit großer Spielfreude umsetzen. Yvonne Steiner und Michael Hoffmann begeistern als verschmitztes Dienerpaar Fanchette und Frontin mit herrlichem Zusammenspiel. Ihr Liebesduett avanciert zu einem musikalischen Höhepunkt der Vorstellung. Da verwundert es nicht, dass Walther G. Rösler als argwöhnischer Gärtner Thibaut bei Fanchette keine Chance gegen den verschmitzten Kammerdiener hat. Rösler spielt dabei die Wutausbrüche des Gärtners glaubhaft aus, so dass man noch nicht einmal Mitleid mit ihm haben kann. Von großartiger Komik zeugt seine Szene im Pavillon, wenn er sich im Schattenspiel als Präsident ausgibt. Matthias Ziegler gibt den jungen Offizier Martin mit tenoralem Charme und lässt keinen Zweifel daran, dass er die Hand der geliebten Lucie erringen wird. Ljiljana Winkler gestaltet die Nichte mit kräftigem Sopran als trotziges Mädchen. Stephan Hönig überzeugt in der Rolle des Präsidenten, der krampfhaft versucht, seine ständige Eifersucht zu verbergen, und Ulrike Johanna Jöris weiß als Präsidentin, sehr wohl mit den Schwächen ihres Gatten umzugehen.

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Frauenheld Mathieu (Matthias Ziegler) hat in Adams So ein Glück! mit der alten Jungfer Rosabella (Ulrike Johanna Jöris) wohl die Falsche erobert.

Fühlt sich das Publikum bereits von diesem ersten Einakter bestens unterhalten, stellt der zweite Einakter musikalisch und auch szenisch noch eine Steigerung dar. Auch auf die Gefahr hin, chauvinistisch zu wirken, muss man feststellen, dass Adams Musik in ihrem Tempo und ihrer Spritzigkeit Gails dagegen eher brav wirkende Musiksprache übertrifft. Von Adams insgesamt 45 komponierten Opern und 16 Balletten haben sich im heutigen Repertoire eigentlich nur Giselle und vielleicht noch Der Postillon von Lonjumeau halten können. Seine Opéra comique Une bonne fortune entstand 1834 für Paris im gleichen Jahr wie sein damals wohl größter Erfolg Le Chalet, der in diesem Jahr bei Rossini in Wildbad zu erleben war (siehe auch unsere Rezension), und handelt von dem jungen Lebemann Mathieu Delcourt, der in Florenz Frauenherzen höher schlagen und Männer vor Wut schäumen lässt. Seine neueste Eroberung soll die schöne Flora, die Tochter des benachbarten Arztes Dr. Belmonte, werden. Doch Flora wartet auf die Rückkehr ihres Verlobten Frédéric Darcy, der fataler Weise auch noch ein Jugendfreund Mathieus ist. Als dann auch noch Floras Tante Rosabella glaubt, dass Mathieus Liebesschwüre ihr gelten und sich inkognito von ihm entführen lässt, wird die Verwirrung perfekt. Der herbeigerufene Kommissar Orest Bruni will Mathieu zwingen, Rosabella zu heiraten, um ihre Ehre wiederherzustellen, entpuppt sich allerdings selbst als verflossener Liebhaber der alten Jungfer und muss sie nach geltendem Recht selbst ehelichen, wobei ihm die ansehnliche Mitgift die Entscheidung erleichtert.

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Kommissar Orest Bruni (Horst Vladar) ist völlig überfordert. Alle fordern von ihm Satisfaktion (von links: Marianna Gardi (Ljiljana Winkler), Flora (Yvonne Steiner), Dr. Belmonte (Stephan Hönig), Frédéric (Walther G. Rösler) und der angeklagte Mathieu (Matthias Ziegler)).

Der zweite Einakter bietet den Solisten noch mehr Möglichkeiten, ihr komödiantisches Talent auszuspielen. Dies fällt vor allem bei Ulrike Johanna Jöris auf, die die alte Jungfer Rosabella mit herrlichen Schrullen versieht. In wallendem gelben Kleid und mit Blumen im Haar wirkt sie wie eine in die Jahre gekommene Elfe, die der Realität vollkommen entrückt ist. Dass Mathieu von dieser Eroberung alles andere als begeistert ist und eine Eheschließung mit dieser verschrobenen Alten für ihn den blanke Horror darstellen würde, ist durchaus nachvollziehbar. Auch wenn man diesem eitlen Gecken diese Lektion beinahe gönnen würde, hätte Rosabella das wiederum nicht verdient. Wie gut, dass da Horst Vladar als ehemaliger Schürzenjäger und jetziger Kommissar Orest Bruni ins Spiel kommt, der zwar eigentlich mehr Interesse an der Hotelbesitzerin Marianna Gardi hat, mit Blick auf die Mitgift aber für seine damalige Schuld einzustehen bereit ist. Auch Vladar begeistert mit komödiantischem Spiel, wobei sein hoher Bekanntheitsgrad an der Neuburger Kammeroper den einen oder anderen Gag noch beflügeln dürfte. Ein musikalischer Höhepunkt ist das Ensemble, in dem er mit grauer Richterperücke Mathieu den Prozess machen will. Matthias Ziegler gibt den Mathieu mit schönem Tenor herrlich selbstgefällig und macht deutlich, dass er sich nicht vorstellen kann, von irgendeiner Frau zurückgewiesen zu werden. Mit großem Schmalz stattet er seine Liebeserklärung an Flora aus. Ljiljana Winkler überzeugt als neugierige Hotelbesitzerin Marianna Gardi vor allem in ihrer großen Arie, in der sie jegliche Schnüffelei brüsk von sich weist. Auch das Duett mit Ziegler, in dem sie seine ständigen Frauengeschichten kritisiert, begeistert und lässt im musikalischen Fluss ein bisschen Rossini durchschimmern.

Das Orchester des Akademischen Orchesterverbandes e. V. lässt unter der Leitung von Alois Rottenaicher sowohl Gails als auch Adams Musik mit sprühender Vitalität aus dem Graben erklingen, so dass es für alle Beteiligten verdienten und großen Applaus gibt.

FAZIT

Auch mit diesen beiden Einaktern ist es der Neuburger Kammeroper erneut gelungen, ohne moderne Regietheatermätzchen zwei zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Werken zu neuem Glanz zu verhelfen, wobei Adams Einakter Gails Opéra comique an musikalischer Spritzigkeit noch ein wenig übertrifft.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Alois Rottenaicher

Bühnenbild
Ulrich Hüstebeck

 

Orchester des Akademischen
Orchesterverbandes München e. V.


Eifersucht

Inszenierung
Horst Vladar

Solisten

Der Präsident eines Gerichtshofes
Stephan Hönig

Die Präsidentin, seine Frau
Ulrike Johanna Jöris

Lucie, Nichte des Präsidenten
Ljiljana Winkler

Martin, ein junger Offizier
Matthias Ziegler

Thibaut, Gärtner des Präsidenten
Walther G. Rösler

Fanchette, Zofe der Präsidentin
Yvonne Steiner

Frontin, Diener des Präsidenten
Michael Hoffmann

 

So ein Glück!

Inszenierung
Michael Hoffmann

Solisten

Mathieu Delcourt
Matthias Ziegler

Frédéric Darcy
Walther G. Rösler

Dr. Belmonte, Arzt
Stephan Hönig

Flora, seine Tochter
Yvonne Steiner

Rosabella, seine Schwester
Ulrike Johanna Jöris

Orest Bruni, Kommissar
Horst Vladar

Marianna Gardi, Hotelbesitzerin
Ljiljana Winkler 

Polizisten
Michael Croce
Philip Geyer
Karl-Heinz Ottinger


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