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Das Thema Tod umkreisendVon Christoph Wurzel Britten und Schostakowitsch in einem Konzert: Das heißt die Musik zweier Freunde zu verbinden. Seit 1960 kannten und schätzten sich die beiden und so sehr sie in ihrer Musiksprache auch verschieden sind, in den Anliegen, die sie in ihrer Musik zum Ausdruck brachten, ähneln sie sich. Beide verbindet die Erfahrung von Ablehnung bis hin zur Gefährdung ihrer künstlerischen Produktion, ein unbedingter Wille zu künstlerischer Selbstbehauptung, ein tiefer Abscheu gegen Unrecht und Gewalt und eine wahre Humanität in den Aussagen ihrer Musik. In einem anderen großen Komponisten fanden sie gemeinsam ihr Vorbild, in Gustav Mahler. Mehrfach haben sie sich in ihren Werken auf einander bezogen. Britten überlebte den Freund nur um 16 Monate. Alle drei Werke dieses Abends waren durchzogen vom Thema Tod. Schon im eröffnenden Präludium und Scherzo von Schostakowitsch prägten die Streicher des MCO dieses Motiv deutlich aus. Schostakowitsch hatte das Werk anlässlich des Todes eines befreundeten Dichters geschrieben, der nur 25 Jahre alt wurde. So ist dieses Jugendwerk, ein Doppelquartett, wie sein viel später begonnenes Streichquartettschaffen insgesamt, zu einem ganz persönlichen musikalischen Bekenntnis geworden. In seiner Interpretation schärfte das MCO Schostakowitschs Tonsprache expressiv an und lotete die Dimensionen zwischen elegischer Trauer und grimmigem Aufbäumen aus. In seinem Alterswerk der 14. Sinfonie hat Schostakowitsch diese Gedanken dann in elf Sätzen umkreist. Ihnen liegen jeweils Gedichte zugrunde, die vom Tod unschuldiger Menschen durch Unterdrückung, Krieg oder Not handeln. Der Ton einiger Gedichte ist den Mahlerschen Wunderhornliedern nicht unähnlich. Die trostlose, klagende Stimmung hat Schostakowitsch musikalisch dabei nur mit Streichern und Schlagzeug in Klänge gesetzt. Eindringlich musizierte das Mahler Chamber Orchestra diese anrühende Musik. Angela Denoke und Petr Migunov sangen mit hoher Empathie die Lieder im russischen Originaltext. Der letzte Satz ist ein Duett auf das Rilke – Gedicht Der Tod ist groß und die Sinfonie schließt mit der Ergebenheit in das Unausweichliche abrupt und ohne Trost. Brittens Kantate Phaedra hatte zuvor eine andere Antwort gegeben. Das Werk wirkt wie eine Replik auf Schostakowitschs 14. Sinfonie, denn Britten verwendet nahezu dieselbe Besetzung. Geschrieben hat Britten es zudem im Todesjahr des russischen Freundes. Phaedra erlebt ihren Freitod als Befreiung aus ihren inneren Konflikten zwischen der Treue zu ihrem Gatten und der Liebe zu ihrem Stiefsohn. Das kurze Werk wird in deutschen Konzertsälen seltener gespielt als Schostakowitschs Sinfonie. Es beeindruckt durch eine angespannte musikalische Dramatik. Den stark expressiven Gesangspart gestaltete Angela Denoke mit höchster Eindringlichkeit. Theodor Currentzis befeuerte das Orchester mit starken Gesten zu energiegeladenem Spiel. FAZIT Die Zusammenstellung der drei Werke ließ ihren inneren Zusammenhang eindrucksvoll erkennen - eine wunderbare Würdigung dieser Künstlerfreundschaft über zahlreiche Grenzen hinweg. Auch musikalisch wurde das Konzert zu einem ersten wirklichen Höhepunkt des diesjährigen Musikfestes. Weitere
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Das Programm
Dimitri Schostakowitsch
Angela Denoke, Sopran Petr Migunov, Bass Mahler Chamber Orchestra Leitung: Teodor Currentzis
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