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Streichquartette neuen TypsVon Christoph Wurzel / Foto: Kai Bienert Eigentlich ist das Musikfest Berlin in der Hauptsache ein Orchesterfestival, aber ein kleiner Anteil an den Programmen ist immer auch der Kammermusik vorbehalten, verkörpert sich doch in der Gemeinsamkeit von Einzelstimmen am deutlichsten eine der wichtigsten Tugenden des Musizierens überhaupt. Erst das intensive aufeinander Hören bringt die Harmonie der Gegensätze hervor. Im Streichquartett kulminiert Musik so zu ihrer höchsten Form. In dieser Königsklasse sich zu versuchen, war stets das Anliegen fast aller bedeutenden Komponisten, auch solcher die Tradition überschreitender wie Béla Bartók, dessen Musik einen der Schwerpunkte beim diesjährigen Musikfest bildete. Seine sechs Streichquartette wurden beim diesjährigen Musikfest verteilt auf drei Konzerte von unterschiedlichen Ensembles gespielt. Kaum hat Bartók sich in seinem Schaffen an klassischen Formen orientiert, in seinen Quartetten hat er aber derartige Spuren verfolgt. Wie sehr er aber im Tonfall, im Klang und in der formalen Struktur die überlieferte Gattung hinter sich lässt, ließ die Koppelung je zwei seiner Quartette mit solchen, die entweder schlechthin modellhaft „klassischen“ (Beethoven) Zuschnitts sind oder im Gewand der Moderne (Janacek) ihr klassisches Vorbild doch nicht verleugnen, erkennen. In diesem ersten Konzert wurde Mendelssohns letztes Streichquartett von Bartóks zweitem und sechsten Quartett umrahmt, Mendelssohns Werk also, das als musikalische Bewältigung des plötzlichen Todes seiner Schwester Fanny 1847 entstanden und selbst auch sein letztes vollendetes (größeres) Werk geblieben ist. Von schwerer Trauer ist es getragen, vehement expressiv in seiner Ruhelosigkeit und impulsiv in der Tongebung, im höchsten Maße dramatisch expressiv. Inmitten der beiden Bartókschen Quartette musste es wie ein emotionaler Ausbruch wirken. Bartóks zweites Quartett, auch vom Trauergestus bestimmt, wendet dagegen das Gefühl vor allem in den Ecksätzen stark ins Innere, wirkt durch lyrische Sensibilität und chromatische Überraschungen. Der Mittelsatz allegro molto capriccioso rekurriert auf Bartóks Beschäftigung mit der Volksmusik. Die vier Sätze des sechsten Streichquartetts, wie das zweite (1918) unter dem Eindruck eines Krieges (1939) entstanden, sind alle mit mesto, also „betrübt“ überschrieben. Doch auch diese Stimmung bleibt weitgehend verinnerlicht, verlagert sie in geistige Prozesse der musikalischen Entwicklung. Mendelssohns Leiden am Verlust der geliebten Schwester, Bartóks Niedergeschlagenheit angesichts der politischen Entwicklungen – starke Prägungen, die sich jeweils in der Musik spiegeln. Das Emerson String Quartet, das immer im Stehen musiziert Das Emerson String Quartet nahm sich dieser kontrastreichen Musik mit höchster Konzentration und größter Sensibilität an. Am eindrücklichsten gelangen dabei die beiden Werke von Bartók, deren Ausdrucksgehalt die vier Künstler am intensivsten herausstellten. Die romantische Emphase des Mendelssohnschen Spätwerks dagegen nahmen sie einigermaßen verhalten auf. Klanglich zeigte sich das Emerson Quartett auf allerhöchstem Niveau. Gerade Bartóks delikate Klangfarben kosteten sie souverän aus. Die musikalische Kommunikation hätte lebendiger nicht sein können. Seit Kurzem gehört der Cellist Paul Watkins dem Quartett an (nach dem Weggang des Gründungsmitglieds David Finckel) und gerade auch vom Cello gingen an diesem Abend immer wieder erregende Impulse aus. FAZIT Das inoffizielle Eröffnungskonzert wurde zu einer Sternstunde des Streichquartettspiels. Weitere
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Das Programm
Béla Bartók
Eugene Drucker, Violine Philip Setzer, Violine Lawrence Dutton, Viola Paul Watkins,
Violoncello
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- Fine -