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Internationale Gluck-Opern-Festspiele
Nürnberg

20.07.2012 - 28.07.2012

 

Medea in Prag

Konzert
Christoph Willibald Gluck, Ouvertüre zur Oper Iphigenie in Aulis
Ji
ří Antonín Benda, Medea, Melodram nach einem Text von Friedrich Wilhelm Gotter
Antonio Rosetti
, Sinfonie g-Moll Kaul I, 27
Wolfgang Amadeus Mozart, Sinfonie Nr. 38 D-Dur KV 504 "Prager"


Aufführungsdauer: ca. 2h 15' (eine Pause)

Konzert im Schauspielhaus Nürnberg am 27.07.2012


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Medea und Prag 

Von Thomas Molke / Foto © Staatstheater Nürnberg


Einen Tag nach der Wiederentdeckung von Johann Christoph Vogels Das goldene Vlies im Opernhaus gab es im Schauspielhaus ein Konzert mit dem Titel Medea in Prag, womit beide Themen der diesjährigen Gluck-Opern-Festspiele - nämlich Prag und die Antike - zumindest im Namen aufgegriffen wurden. Was allerdings Bendas 1775 in Gotha komponiertes Melodram Medea mit Prag zu tun haben soll beziehungsweise Rosettis und Mozarts Sinfonien mit der Antike oder dem Medea-Mythos, bleibt inhaltlich unklar, so dass man dieses Konzert besser Medea und Prag übertitelt hätte, um deutlich zu machen, dass vor und nach der Pause inhaltlich völlig unterschiedliche Themen behandelt werden. Auch die der Medea vorangestellte Ouvertüre von Christoph Willibald Glucks Ouvertüre zu Iphigénie en Aulide wirkt bei aller musikalischer Schönheit im Teil vor der Pause inhaltlich eher zusammenhanglos. Bendas Melodram ist in der Darbietung so intensiv, dass es einer zeitlichen Verlängerung im ersten Teil nicht bedurft hätte.

Die Gattung Melodram, die mit der Reformoper die enge inhaltliche Verzahnung von Musik und Text gemeinsam hat und sich aus dem Accompagnato-Rezitativ entwickelt hat, präsentiert fast ausnahmslos weibliche mythologische Figuren in einer tragischen Situation und wird in Deutschland musikgeschichtlich vor allem mit Jiří Antonín Benda verbunden, der in den 70er Jahren die drei heute noch bekanntesten Werke Ariadne auf Naxos, Medea und Pygmalion schuf. Erfunden wurde sie 1762 in Frankreich von Jean Jacques Rousseau, entwickelte sich aber vor allem in Deutschland sehr schnell zu einem äußerst beliebten Genre, da anders als in der Oper und im reinen Trauerspiel die Texte in Deutsch verfasst wurden, was dem Wunsch des zeitgenössischen Publikums nach hoher Verständlichkeit nachkam. Außerdem boten die Texte Paraderollen für die großen Schauspielerinnen der damaligen Zeit, die mit den von den musikalischen Einlagen unterbrochenen langen Monologen ihre ganze mimische und deklamatorische Virtuosität ausspielen konnten. Für die Aufführung in Nürnberg hat man die renommierte Film- und Fernsehschauspielerin Martina Gedeck engagiert, die eindrucksvoll belegt, dass diese Gattung bei einer entsprechenden Präsentation auch heute noch nichts von ihrem Reiz eingebüßt hat.

Dargestellt wird ein kurzer Auszug aus der Medea-Sage. Jason hat, nachdem er durch Medeas Hilfe das goldene Vlies erlangt hat, sein Eheversprechen eingehalten und mit Medea zwei Söhne gezeugt. Da ihm Medea mit ihren Zauberkräften jedoch unheimlich ist, hat er sich von ihr getrennt und plant nun, sich in Korinth mit der Königstochter Krëusa zu vermählen. Medea kommt nun aus der Verbannung zurück und überlegt, wie sie die erlittene Schmach rächen kann. Nachdem sie zunächst abwägt, ob sie lieber sich selbst oder Jason töten soll, kommt sie zu dem Entschluss, Jason alles zu nehmen, was ihm lieb und teuer ist. Also plant sie, sowohl Krëusa zu vergiften, als auch ihre eigenen Kinder zu töten, da sie in ihnen Jason selbst sieht. Hin und her gerissen zwischen Mutterliebe und Hass auf den Ehegatten führt sie diesen Mord schlussendlich aus und triumphiert in verzweifelter Verzückung über Jasons Leid.

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Martina Gedeck

Obwohl das Melodram eigentlich in einer konzertanten Fassung geboten wird, beweist Martina Gedeck mit intensivem Spiel, welch emotionale Kraft in dieser Kombination aus Sprache und Musik liegt. Schon während der Ouvertüre sitzt Gedeck zusammengesunken auf einem Stuhl vor dem Orchester und macht die in der Musik ausgedrückte Verzweiflung Medeas sichtbar. Mit großartiger Diktion und nuanciertem Tonfall tritt sie anschließend in einen Dialog mit dem Orchester, so dass ihr langer Monolog von der ersten bis zur letzten Minute ergreifend ist und keine Längen bemerken lässt. Dass Gedeck dabei das Textbuch auf einem Notenständer liegen hat und mehr oder weniger beiläufig die Seiten umblättert, bemerkt man fast gar nicht, so dass ihre Präsentation eigentlich einer szenischen Darstellung im vollen Umfang entspricht. Unterstützt wird dieses Spiel von der Kammerschauspielerin Jutta Richter-Haaser als Hofmeisterin und den Kinderdarstellern Till Raskopf und Marc Schmidt als Medeas Söhne, die alle ohne Textbuch auftreten. Einzig Thomas Nunner wirkt mit seinem Textbuch in der Hand ein wenig steif und kann in der Darstellung des verzweifelten Jason nicht in vollem Maße überzeugen.

Das Junge Tonkünstlerorchester Bayreuth, das sich aus jungen Musikern zusammensetzt, die bereits durch ein professionelles Studium über einige Jahre Orchestererfahrung verfügen und jedes Jahr in mehrtägigen Arbeitsphasen unter der Betreuung von erfahrenen Orchestermusikern ein Konzertprogramm erarbeiten, präsentiert unter der Leitung von Manfred Jung Bendas Musik sehr eindringlich. Große Momente erzeugt es vor allem in der Mordszene, die im Off stattfindet. Durch eine entsprechende rote Lichtstimmung entsteht durch eine von Raserei und Rache durchzogene Musik vor dem inneren Auge des Zuhörers ein Bild dessen, was im Off passiert, ohne dass man weitere Details wissen möchte. Auch das Zusammenspiel mit Gedeck funktioniert subtil aufeinander abgestimmt. Beeindrucken können vor allem Medeas Gebet und ihre Rache-Vision, die gewissermaßen gesprochene Arien darstellen.

Nach der Pause präsentiert das Orchester eine Sinfonie des in Böhmen geborenen Komponisten Antonio Rosetti und Wolfgang Amadeus Mozarts berühmte Prager Sinfonie. Obwohl sich diese beiden Komponisten nie begegnet sind, waren sie doch durch ihre Werke verbunden. So wurde beispielsweise in Prag anlässlich Mozarts Tod 1791 Rosettis Requiem in Es-Dur aufgeführt. Rosettis Sinfonie in g-Moll ist die einzige Sinfonie dieses Komponisten in einer Moll-Tonart und gilt als eines seiner besten Werke. Als Vorbild wird Joseph Haydns 16 Jahre ältere Trauersinfonie in e-Moll gehandelt, von der Rosetti die Idee übernimmt, das Menuett als Kanon an die zweite Stelle seiner viersätzigen Sinfonie zu setzen. Bemerkenswert ist der starke Einsatz der Bläser, die nicht nur als Gruppe präsent sind, sondern auch mit Solopassagen eingesetzt werden. Das Junge Tonkünstlerorchester Bayreuth findet unter der Leitung von Manfred Jung zu beiden Sinfonien einen ambitionierten Zugang und setzt beide Werke präzise und klangschön um, so dass auch der zweite Teil des Abends mit großem und lang anhaltendem Applaus bedacht wird.

FAZIT

Die einzelnen Teile des Konzertes lassen durchaus aufhorchen. Die Zusammenstellung wirkt jedoch etwas willkürlich und thematisch nicht ganz überzeugend.

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Ausführende

Musikalische Leitung
Manfred Jung

Szenische Einrichtung Medea
Michael Schlecht

 

 


Junges Tonkünstlerorchester
Bayreuth


Solisten

Medea
Martina Gedeck

Jason
Thomas Nunner

Hofmeisterin
Jutta Richter-Haaser

Söhne Medeas
Till Raskopf
Marc Schmidt


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Staatstheater Nürnberg
(Homepage)



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