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Musiktheater
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Internationale Gluck-Opern-Festspiele
Nürnberg

20.07.2012 - 28.07.2012

 

Armide oder Zickenkrieg im Zauberreich

Kinderoper nach Christoph Willibald Gluck
von Wiebke Hetmanek und Johann Casimir Eule
Einrichtung für Kammerorchester von Samuel Bächli

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1h  (keine Pause)

Premiere in den Kammerspielen im Theater Nürnberg am 26.02.2012
(rezensierte Aufführung: Derniere am 24.07.2012)


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Gemeinsam sind wir stark 

Von Thomas Molke / Fotos von Jutta Missbach


Immer mehr wird es zur lobenswerten Gewohnheit, im Rahmen von Festspielen auch ein Programm für die Zuschauer von morgen anzubieten. In Nürnberg bietet es sich in diesem Jahr an, die Kinderoper dieser Spielzeit, Armide oder Zickenkrieg im Zauberreich, in das Programm der Internationalen Gluck-Opern-Festspiele aufzunehmen, da sich dieses Stück mit Auszügen aus Glucks Werken Armide, Les Pèlerins de la Mecque und der Ouvertüre aus seinem Ballett Don Juan thematisch hervorragend in die Festspiele einfügt. Wiebke Hetmanek und Johann Casimir Eule haben zu diesem Zweck eine Fassung für Kinder im Grundschulalter erarbeitet, die in ihrer märchenhaften Umsetzung nicht nur die kleinen Zuschauer verzaubert.

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Armide (Annette Constanze Kroll, links) hat Stress mit der Fee Lully (Eva-Marie Pausch, rechts).

Dazu verbinden die Autoren die Geschichte um die Zauberin Armide, die als böse Zauberin aus dem barocken Ritterroman Das befreite Jerusalem von Torquato Tasso unter anderem den Kreuzritter Rinaldo verführt und damit zahlreiche Komponisten wie Jean-Baptiste Lully, Georg Friedrich Händel, Antonio Vivaldi Joseph Haydn und Gioachino Rossini zu Vertonungen angeregt hat, mit der antiken Sagenfigur der Circe. So nutzt Armide in der vorliegenden Fassung ihre Zauberkräfte, indem sie Männer in Schweine verwandelt. Mit ihr auf der Insel befindet sich die Fee Lully - eine Anspielung auf den französischen Komponisten Jean-Baptiste, der das Libretto von Philippe Quinault 91 Jahre vor Gluck vertont hat -, die der Zauberkraft Armides allerdings nichts entgegensetzen kann. Es kommt zum Zickenkrieg, in den auch noch zwei Zuschauer, der junge Christoph und seine Freundin Marianne - dass es sich hierbei um die Vornamen von Gluck und seiner Ehefrau handelt, dürfte wohl auch eher als Anspielung für die älteren Besucher gedacht sein - verwickelt werden. Armide will beweisen, dass sie Menschen nicht nur ver- sondern auch bezaubern kann, und versucht, Christoph in sie verliebt zu machen. Als Marianne ihr einen Strich durch die Rechnung macht, verwandelt sie kurzerhand Christoph in ein Schwein und Lully in Christoph, um das Chaos perfekt zu machen. Nur mit Solidarität und Teamgeist gelingt es Lully, Christoph und Marianne gemeinsam mit dem Wurzelzwerg Willibald, einem verzauberten Prinzen, Armide zu entmachten und den Zauber zu bannen.

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Armide (Annette Constanze Kroll, links) will ihre Macht vor den anderen (von links: Willibald (Christian Huber), Christoph (Thomas Fahner), Marianne (Eleonora Vacchi) und Lully (Eva-Marie Pausch)) beweisen.

Christine Knoll hat ein kindgerechtes und fantasievolles Bühnenbild entworfen, das den Eingang in eine Höhle markiert und mit zahlreichen niedlichen Zeichnungen von Schweinen versehen ist. Dabei greift sie auch in die Trickkiste, wenn ein Frauenportrait an der Wand ebenfalls in einen Schweinekopf verwandelt wird. Die Kostüme sind ebenfalls recht märchenhaft gehalten, wobei Armides und Lullys Ohren ebenfalls an Schweine erinnern. Liebevoll ist auch das Kostüm des Wurzelzwergs gestaltet, der die Wurzeln nicht nur in den Haaren sondern auch anstelle der Hände trägt. Die Fee Lully erinnert mit ihrer Liebe zu Pink an eine Schwester von Prinzessin Lillifee. Christoph und Marianne treten in normaler Alltagskleidung in dieses Zauberreich ein. Recht kurzweilig führen die Darsteller durch die Geschichte, wobei darauf geachtet wird, dass die jungen Zuschauer mehrmals in die Handlung einbezogen werden. So können die Kinder zum einen Marianne den Weg weisen, die zu spät im Zuschauerraum erscheint und ihren Freund Christoph sucht. Zum anderen studieren sie sogar mit den Sängern ein Lied ein, was Willibalds Verzauberung bannen soll. Gerade an diesen Stellen zeigen die Kinder große Konzentration und Begeisterung für das Stück.

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Marianne (Eleonora Vacchi, links), Willibald (Christian Huber, links daneben), Christoph (Thomas Fahner, 2. von rechts) und Lully (Eva-Marie Pausch, rechts) überlegen, wie sie Armides Macht brechen können.

In den einzelnen Arien entsteht dann allerdings schon einmal die ein oder andere Unruhe im Saal, was andeutet, dass die Musik für die jungen Zuschauer vielleicht doch stellenweise ein bisschen zu anspruchsvoll ist, obwohl die Vorlage recht kindgerecht zubereitet ist und bei den ariosen Einlagen auf große Textverständlichkeit geachtet wird. Besonderes Schmankerl für die älteren Besucher dürfte Mariannes Variante von Orpheus' Klagelied "Ach ich habe sie verloren" sein, wenn sie statt "wär' o wär' ich nie geboren" lakonisch feststellt: "Ganz alleine, überall nur Schweine". Überhaupt kann man Hetmanek und Eule bescheinigen, für die eingebauten Lieder sprachlich sehr witzige Texte entwickelt zu haben.

Die jungen Darsteller, die größtenteils Studierende der Hochschule für Musik Nürnberg sind, setzen die Kinderoper mit großer Spielfreude um und verstehen bei den jungen Zuschauern zu punkten. Auch Annette Constanze Kroll gibt die böse Zauberin Armide so fies, dass die Kinder nicht nur jubeln, wenn sie von der Bühne vertrieben wird, sondern sich in den Applaus auch zahlreiche Buhrufe mischen, was andeutet, dass hier noch nicht zwischen Rolle und Darstellung unterschieden wird. Kroll nimmt diese Rufe dementsprechend mit einem zwinkernden Lächeln als Kompliment. So gibt es nach einer kurzweiligen Stunde lang anhaltenden Applaus und den Wunsch nach einer Zugabe, weil die Kinder scheinbar noch keine Lust haben, das Theater jetzt schon wieder zu verlassen. Der Funke der Begeisterung für den Zauber des Theaters ist also entfacht. Bleibt zu hoffen, dass er mit den Jahren nicht verlischt.

FAZIT

Eine liebevolle Inszenierung mit witzigen Dialogen und Liedtexten, die nicht nur den kleinen Zuschauern gefallen dürfte.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Christian Hutter

Inszenierung
Ulrich Proschka

Bühne und Kostüme
Christine Knoll

Musikalische Assistenz
Tamás Kéry

Dramaturgie
Kai Weßler


Musiker der Staatsphilharmonie Nürnberg


Solisten

Armide, die Zauberin
Annette Constanze Kroll

Lully, die Fee
Eva-Marie Pausch

Willibald Wurzelzwerg
Christian Huber

Christoph
Thomas Fahner

Marianne
Eleonora Vacchi /
*Constanze Wagner


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Staatstheater Nürnberg
(Homepage)



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