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Festspiel-Liederabend
Joyce DiDonato

Aufführungsdauer: ca. 2h 05' (eine Pause)

Samstag, 14. Juli 2012, 20.00 Uhr
Prinzregententheater in München

 

 



Bayerische Staatsoper München
(Homepage)

Musikalischer Streifzug durch Venedig

Von Thomas Molke / Foto von Nick Heavican

Die Mezzosopranistin Joyce DiDonato stellt sicherlich in zweierlei Hinsicht eine Ausnahmekünstlerin dar. Zum einen verfügt sie über ein enormes Stimmregister, das sie selbst mörderische Koloraturen mit spielerischer Leichtigkeit bewältigen lässt, zum anderen begeistert sie durch eine natürliche, sympathische Ausstrahlung und eine großartige Bühnenpräsenz, mit der sie sowohl in dramatischen als auch in komischen Partien ihr Publikum begeistert. Dass sie trotz einer leichten Kehlkopfentzündung bei den Münchner Opernfestspielen weder die Cenerentola-Inszenierung noch ihren Festspiel-Liederabend platzen lässt, an beiden Abenden jedoch genau weiß, was sie ihrer Stimme zumuten kann, spricht weiterhin für ihre Professionalität. So strich sie eine im Programm ausgewiesene Vivaldi-Arie und verzichtete bei den beiden Zugaben auf eine koloraturgespickte Rossini-Arie mit dem Hinweis, dass das Publikum ihre Stimme sicherlich auch in Zukunft gerne in gewohnter Qualität hören wolle und sie ja vor zwei Tagen in der Cenerentola gezeigt habe, dass sie die Koloraturen beherrsche.

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Joyce DiDonato

Für ihren Liederabend hat sie als Thema "Venedig" gewählt und Werke von italienischen, französischen, deutschen und englischen Komponisten vom Barock bis zum 20. Jahrhundert zusammengestellt, die dieser faszinierenden Stadt in ihren Kompositionen ein Denkmal gesetzt haben. Den Anfang macht dabei allerdings nicht die Stadt, sondern ein Komponist, der mit dieser Stadt unweigerlich verbunden ist: Antonio Vivaldi. DiDonato präsentiert aus seiner Oper Ercole sul Termodonte, die sie bereits 2010 mit namhaften Solisten wie unter anderem Diana Damrau und Philippe Jaroussky auf CD eingespielt hat, die Arie der Ippolita aus dem zweiten Akt "Onde chiare che sussurrate". Die Amazone Ippolita besingt darin ihre Sehnsucht nach Teseo, der gemeinsam mit Ercule (Hercules) auf die Insel gekommen ist, um das Schwert der Amazonenkönigin zu rauben. David Zobel gelingt es dabei, mit eindringlichem Spiel am Klavier, das lautmalerische Rauschen der Wellen regelrecht hörbar zu machen. Auch DiDonato lässt mit sanft geführter Stimme das Wasser im Bach langsam anschwellen und begeistert mit ihren Variationen in der Wiederaufnahme des A-Teils der Da-capo-Arie.

Nach fünf Melodien von Gabriel Fauré, die ein pittoreskes, aber auch recht zerbrechliches Bild Venedigs zeichnen, kann DiDonato mit drei Liedern aus Rossinis Alterswerk Péchés des vieillesse auch ihr komödiantisches Talent unter Beweis stellen. In La regata veneziana besingt Anzoleta, eine selbstbewusste junge Frau, ihre Gefühle vor, während und nach einer Regatta, an der ihr Geliebter Momolo teilnimmt. Während sie vor der Regatta ihrem Geliebten recht herrische Anweisungen gibt, was er zu tun habe, um zu gewinnen, zeigt sie sich während der Regatta doch recht nervös, versucht dabei allerdings, diese Unruhe recht ungeschickt zu verbergen, um dann ihrer Begeisterung über Momolos Sieg freien Lauf zu lassen. DiDonato lässt die unterschiedlichen Emotionen dieser jungen Frau neben ihrem grandiosen Gesang in jedem einzelnen Lied auch darstellerisch sichtbar werden.

Nach der Pause kokettiert sie mit ihrer angeschlagenen Gesundheit, indem sie dem Publikum freudig mitteilt: "I'm still here." Es folgt das deutsche Repertoire mit dem etwas schwerfälligen Gondelfahrer von Franz Schubert und zwei romantischen Liedern aus dem Zyklus Myrthen von Robert Schumann. Im Folgenden präsentiert DiDonato drei Lieder des englischen Komponisten Michael Head aus seinem Venedig-Zyklus, den sie während ihres Studiums in Kansas kennen gelernt hat und, wie sie selbst beschreibt, ihr schon damals das Gefühl vermittelt habe, Venedig in seinem ganzen Reiz, wenn die Touristen die Stadt verlassen haben, spüren zu können. Head hatte diesen Zyklus für Dame Janet Baker komponiert. Seine Musik zeichnet ein Bild fernab von jeder Postkartenidylle, wobei die Stadt aber selbst im grauen Regen den ihr eigenen Reiz nicht verliert, was DiDonato mit ihrer eindrucksvollen Interpretation gekonnt umsetzt.

Wie bereits vor der Pause endet auch der zweite Teil komödiantisch. DiDonato präsentiert fünf Lieder aus dem Liederzyklus Venezia des französischen Komponisten Reynaldo Hahn, die dieser 1901 erstmalig selbst in einer Gondel auf dem Piccoli Canale mit einem Piano präsentierte und die anwesenden Touristen aufhorchen ließ. Dabei klingt "Sopra l'acque indormenzada" wie ein Klassiker, bei dem man den Gondoliere buchstäblich vor Augen hat, wie er sein Boot durch den Kanal steuert und dabei ein Liedchen trällert. "Que pecà!" persifliert die alten Männer, die grantelnd auf einer Veranda sitzen und ihr Unverständnis über die Sünden der Jugend äußern. DiDonato versteht es, mit großartiger Mimik diesen beleibten Typus humorvoll darzustellen, so dass es spontanen Szenenapplaus gibt.

Trotz ihrer angeschlagenen Gesundheit lässt DiDonato es sich nicht nehmen, noch zwei Zugaben zu geben. Zunächst präsentiert sie die Arie der Irene "Sposa, son disprezzata" aus Vivaldis Oper Bajazet, die dieser der Oper La Merope von Geminiano Giacomelli für sein Pasticcio entnommen hat. Irene bringt darin ihre Verzweiflung darüber zum Ausdruck, dass Tamerlano, den sie liebt, Bajazets Tochter Asteria heiraten will und sie an den griechischen Fürsten Andronico abschieben will. Mit dieser Arie macht DiDonato auch bereits Werbung für ihre nächste CD "Drama Queens", die sie ab der nächsten Woche aufnehmen wird und die ein Programm enthält, mit dem sie auch in der folgenden Spielzeit durch die Konzertsäle touren wird. Den Abschluss bildet dann ein emotionales "Somewhere over the rainbow", mit dem sich DiDonato unter frenetischem Applaus von ihrem Publikum verabschiedet.

FAZIT

Joyce DiDonato gelingt es, mit eindringlichem Gesang und unvergleichlichem Charme, beim Publikum die Sehnsucht zu wecken, einmal wieder die Stadt am Canale Grande zu besuchen.

Weitere Rezensionen zu den Münchner Opernfestspielen 2012

 


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Ausführende

Joyce DiDonato, Mezzosopran

David Zobel, Klavier

 


Werke

Antonio Vivaldi
Ercole sul Termodonte, RV 710
Arie der Ippolita, 2. Akt:
"Onde chiare que sussurrate"

Gabriel Fauré
Cinq Mélodies de Venise, Op. 58
"Mandoline"
"En sourdine"
"Green"
"À Clymène"
"Ç'est l'exstase"

Gioachino Rossini
La regata veneziana aus
Péchés de vieillesse, Vol. 1: No. 8-10
"Anzoleta avanti la regata"
"Anzoleta co passa la regata"
"Anzoleta dopo la regata"

Franz Schubert
Gondelfahrer D 808

Robert Schumann
Zwei Venetianische Lieder aus
Myrthen, op. 25: Nr. 17/18
"Leis' rudern hin"
"Wenn durch die Piazza"

Michael Head
Three Songs of Venice
"The Gondolier"
"St Mark's Square"
"Rainstorm"

Reynaldo Hahn
Venezia
"Sopra l'acque indormenzada"
"La barcheta"
"L'avertimento"
"Che pecà!"
"La primavera"

 


Weitere
Informationen

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Bayerische Staatsoper München
(Homepage)



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