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Musikfestspiele
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Les Contes d‘Hoffmann
(Hoffmanns Erzählungen)


Opéra fantastique in fünf Akten
Libretto von Jules Barbier
nach dem Schauspiel von Jules Barbier und Michel Carré
Musik von Jacques Offenbach
basierend auf der Ausgabe von Michael Kaye und Jean-Christophe Keck


in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 25' (zwei Pausen)

Koproduktion mit der English National Opera London

Aufführung im Rahmen der Münchner Opernfestspiele am 19.7.2012
(Premiere am 31. Oktober 2011 an der Bayerischen Staatsoper München)




Bayerische Staatsoper München
(Homepage)

Hoffmann zum Zweiten

Von Dr. Michael Cramer / Fotos von Wilfried Hösl

Wenn ein Sänger indisponiert ist, wird das normalerweise angekündigt, notfalls noch vor dem Vorhang. Bei der Wiederaufnahme von Hoffmanns Erzählungen im Rahmen der Münchner Opernfestspiele war nicht davon zu erfahren – und so konnte man sich selbst von der zweiten oder dritten Krise des einst gefeierten Opernstars Rolando Villazón überzeugen. Ein Jammer. Oder selbst schuld?

Die Inszenierung ist bekanntermaßen mehr als harmlos (siehe dazu die Besprechung der Premiere). Einhellige Meinung der Presse: „Langweiliges Dahingeplätschere“, dem man sich nur anschließen kann; einem renommierten Hause wie München schon sehr abträglich. Eine alberne Kinderzimmerszene mit peinlichen Tänzchen und einer statt eines Soupers nur Eis am Stiel lutschenden Stehparty als Festgesellschaft macht wenig her. Im Antonia-Akt entwickelte sich leider nur wenig Dämonie und Tragik auf den Brettern, Doktor Miracle erklärte Antonia quasi nebenbei für tot, der alte Diener Frantz, eigentlich rheumageplagt und mit brüchiger Stimme, sang sein berühmtes Couplet völlig gesund und munter und ließ lediglich zwei Töne aus. Und fast zum Lachen die Idee, die tote Mutter aus einem alten, blinkenden und hin- und her schwingenden Grammphon tönen zu lassen. So wurden viele inszenatorische Möglichkeiten nicht genützt, auch im Venedig-Akt. Die Barcarole nahm man kaum wahr, Dapertutto fischte den Diamantring mal eben aus einem Wandtresor und spulte seine Arien genauso hurtig ab. Wenig Erotik, wenig schwülstiges Flair, halt wenig Venedig.

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Pflegefall? Rolando Villazón als Hoffmann, im Hintergrund schau besorgt die Muse (Angela Brower)

Rolando Villazón, sicher auch ein Zugpferd für das vollbesetzte Haus, quälte sich mühsam durch den langen Abend und versuchte zappelnd, seine Stimmdefizite zu überdecken. In der Mittellage durchaus hörenswert vernahm man angestrengte und belegte, manchmal fast heisere Höhen, eng und unfrei. Er wurde zunehmend schwächer (vom Dirigenten unsensibel übertönt), man vernahm kleinere Aussetzer und hatte Sorge, dass er seinen Part überstehen würde. Der Hoffmann ist natürlich eine mörderische Partie, vor allem für vokale Rekonvaleszenten; dem Vernehmen nach hatte Villazón die Premiere mit nur kleinen Defiziten gesungen – oder in der Beurteilung „mildernde Umstände“ bekommen? Man darf gespannt sein, wie es mit ihm und den Diskussionen über kluge Stimmentwicklung und -handhabung weitergeht.

John Relyea als Verkörperung des Bösen dominierte mit volumigem, bösem bis geheimnisvollen Bariton; schade, dass die Regie ihm so wenige Freiräume erlaubt hatte. Kevin Conners in seiner Dreifachrolle überzeugte stimmlich, ebenso wie die Comprimarii und der Chor.

Die drei unerreichbaren „Traumfrauen“ wurde diesmal nicht von der zuvor hoch gelobten Diana Damrau verkörpert, die schwangerschaftsbedingt abgesagt hatte. Anna Virovlansky (Giulietta), Brenda Rae (Olympia) und Olga Mykytenko verkörperten ihre Rollen überzeugend und stimmlich hervorragend; besonders zu erwähnen wären die leichten und mühelosen Koloraturen der Olympia. Die Palme des Abend gebührte Angela Brower als Muse: ein frischer, unbekümmerter, sehr beweglicher Mezzo, mit strahlender Höhe und fast baritonalem Fundament, zusammen mit hoher Spielfreude. Das Orchester, vom eingesprungenen Marc Piollet etwas mühsam durch die Partitur geführt, ließ Sensibilität und angepasste Dynamik vermissen.

Der Applaus war dann auch sehr uneinheitlich. Zumeist eher verhalten und kurz, einige zarte Buhs schienen vernehmbar, gab es aber viel Jubel vor allem von der Damenseite für Villazón. Der ruderte in Großmeistermanier heftigst mit den Armen und schien sich unbekümmert im Erfolg zu sonnen. Aber Sänger sind ja oft auch gute Schauspieler.

FAZIT

Ein schwacher Opernabend mit einer banalen Inszenierung und einem enttäuschenden Rolando Villazón. Die Aufführung alleine hätte die Fahrt nach München mitnichten gelohnt.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Marc Piollet

Inszenierung
Richard Jones

Bühne
Giles Cadle

Kostüme
Buki Shiff

Licht
Mimi Jordan Sherin

Choreographie
Lucy Burge

Chöre
Sören Eckhoff

Dramaturgie
Rainer Karlitschek



Chor der Bayerischen Staatsoper

Statisterie der Bayerischen Staatsoper

Bayerisches Staatsorchester


Solisten

Hoffmann
Rolando Villazón

Olympia
Brenda Ra

Antonia
Olga Mykytenko

Giulietta
Anna Virovlansky

Lindorf / Coppélius /
Doktor Miracle / Dapertutto
John Relyea

Niklausse / Muse
Angela Brower

Stimme aus dem Grab
Okka von der Damerau

Nathanael
Dean Power

Spalanzani
Ulrich Reß

Hermann
Tim Kuypers

Schlemihl
Christian Rieger

Wilhelm
Andrew Owens

Luther, Crespel
Christoph Stephinger

Cochenille /
Frantz / Pitinacchio
Kevin Conners

Puppenspieler (Olympia)
Robert Rebele


Weitere
Informationen

erhalten Sie unter

 
Bayerische Staatsoper München
(Homepage)



Da capo al Fine

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