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Hoffmann zum Zweiten
Von Dr. Michael Cramer /
Fotos von
Wilfried Hösl
Wenn ein Sänger indisponiert ist, wird das normalerweise angekündigt, notfalls noch vor dem Vorhang. Bei der Wiederaufnahme von Hoffmanns Erzählungen im Rahmen der Münchner Opernfestspiele war nicht davon zu erfahren und so konnte man sich selbst von der zweiten oder dritten Krise des einst gefeierten Opernstars Rolando Villazón überzeugen. Ein Jammer. Oder selbst schuld?
Die Inszenierung ist bekanntermaßen mehr als harmlos (siehe dazu die Besprechung der Premiere). Einhellige Meinung der Presse: Langweiliges Dahingeplätschere, dem man sich nur anschließen kann; einem renommierten Hause wie München schon sehr abträglich. Eine alberne Kinderzimmerszene mit peinlichen Tänzchen und einer statt eines Soupers nur Eis am Stiel lutschenden Stehparty als Festgesellschaft macht wenig her. Im Antonia-Akt entwickelte sich leider nur wenig Dämonie und Tragik auf den Brettern, Doktor Miracle erklärte Antonia quasi nebenbei für tot, der alte Diener Frantz, eigentlich rheumageplagt und mit brüchiger Stimme, sang sein berühmtes Couplet völlig gesund und munter und ließ lediglich zwei Töne aus. Und fast zum Lachen die Idee, die tote Mutter aus einem alten, blinkenden und hin- und her schwingenden Grammphon tönen zu lassen. So wurden viele inszenatorische Möglichkeiten nicht genützt, auch im Venedig-Akt. Die Barcarole nahm man kaum wahr, Dapertutto fischte den Diamantring mal eben aus einem Wandtresor und spulte seine Arien genauso hurtig ab. Wenig Erotik, wenig schwülstiges Flair, halt wenig Venedig.
Pflegefall? Rolando Villazón als Hoffmann, im Hintergrund schau besorgt die Muse (Angela Brower)
Rolando Villazón, sicher auch ein Zugpferd für das vollbesetzte Haus, quälte sich mühsam durch den langen Abend und versuchte zappelnd, seine Stimmdefizite zu überdecken. In der Mittellage durchaus hörenswert vernahm man angestrengte und belegte, manchmal fast heisere Höhen, eng und unfrei. Er wurde zunehmend schwächer (vom Dirigenten unsensibel übertönt), man vernahm kleinere Aussetzer und hatte Sorge, dass er seinen Part überstehen würde. Der Hoffmann ist natürlich eine mörderische Partie, vor allem für vokale Rekonvaleszenten; dem Vernehmen nach hatte Villazón die Premiere mit nur kleinen Defiziten gesungen oder in der Beurteilung mildernde Umstände bekommen? Man darf gespannt sein, wie es mit ihm und den Diskussionen über kluge Stimmentwicklung und -handhabung weitergeht. John Relyea als Verkörperung des Bösen dominierte mit volumigem, bösem bis geheimnisvollen Bariton; schade, dass die Regie ihm so wenige Freiräume erlaubt hatte. Kevin Conners in seiner Dreifachrolle überzeugte stimmlich, ebenso wie die Comprimarii und der Chor. Die drei unerreichbaren Traumfrauen wurde diesmal nicht von der zuvor hoch gelobten Diana Damrau verkörpert, die schwangerschaftsbedingt abgesagt hatte. Anna Virovlansky (Giulietta), Brenda Rae (Olympia) und Olga Mykytenko verkörperten ihre Rollen überzeugend und stimmlich hervorragend; besonders zu erwähnen wären die leichten und mühelosen Koloraturen der Olympia. Die Palme des Abend gebührte Angela Brower als Muse: ein frischer, unbekümmerter, sehr beweglicher Mezzo, mit strahlender Höhe und fast baritonalem Fundament, zusammen mit hoher Spielfreude. Das Orchester, vom eingesprungenen Marc Piollet etwas mühsam durch die Partitur geführt, ließ Sensibilität und angepasste Dynamik vermissen. Der Applaus war dann auch sehr uneinheitlich. Zumeist eher verhalten und kurz, einige zarte Buhs schienen vernehmbar, gab es aber viel Jubel vor allem von der Damenseite für Villazón. Der ruderte in Großmeistermanier heftigst mit den Armen und schien sich unbekümmert im Erfolg zu sonnen. Aber Sänger sind ja oft auch gute Schauspieler. FAZITEin schwacher Opernabend mit einer banalen Inszenierung und einem enttäuschenden Rolando Villazón. Die Aufführung alleine hätte die Fahrt nach München mitnichten gelohnt. weitere Berichte von den Münchner Opernfestspielen 2012 Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Licht
Choreographie
Chöre
Dramaturgie
Solisten
Hoffmann
Olympia
Antonia
Giulietta
Lindorf / Coppélius /
Niklausse / Muse
Stimme aus dem Grab
Nathanael
Spalanzani
Hermann
Schlemihl
Wilhelm
Luther, Crespel
Cochenille /
Puppenspieler (Olympia)
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