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Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
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Wer anderen eine Grube gräbtVon Thomas Molke / Fotos von Patrick Pfeiffer
Geltrude (Silvia Beltrami, vorne rechts) berichtet ihrer Tochter Clodina (Dusica Bijelic, vorne links) entsetzt von ihrem Traum. Im Hintergrund lauschen (von links) Lauretta (Isabel Rodríguez García), Margherita (Svetlana Smolentseva) und Giulia (Noriko Kaneko). Il noce di Benevento (zu deutsch: Der Nussbaum oder auch Hexenbaum von Benevent) handelt von dem junge Liebespaar Clodina und Alberto, deren Verbindung einige Hindernisse zu überwinden hat. Clodinas abergläubische Mutter Geltrude ist durch einen Traum beunruhigt, der sie vermuten lässt, Alberto sei ihrer Tochter untreu. Um Gewissheit zu bekommen, beschließt sie, gemeinsam mit Clodina den Hexenbaum von Benevent aufzusuchen und die Hexen dort um Rat zu fragen. Dies wollen sich ihre mittellose Nachbarin Margherita und deren Nichten Giulia und Lauretta zunutze machen, indem sie Clodina wegen ihres Aberglaubens bei Alberto verunglimpfen und versuchen wollen, ihn als Gatten für die verwitwete Giulia zu gewinnen. Also verkleiden sich Margherita und Giulia selbst als Hexen und warnen Geltrude und Clodina bei Mitternacht vor einer Verbindung mit Alberto. Doch Lauretta, Giulias jüngere Schwester, verfolgt ihre eigenen Pläne und macht sich ebenfalls Hoffnung auf Alberto. Als dieser sie jedoch zurückweist, deckt sie die Intrige ihrer Schwester und ihrer Tante auf und führt somit eine Versöhnung zwischen Clodina und Alberto herbei. Geltrude sieht ein, dass sie ihren Traum wohl falsch gedeutet hat, und auch Margherita und Giulia wird aufgrund ihrer Reue die Intrige verziehen. Stress zwischen Clodina (Dusica Bijelic, links) und Alberto (Diana Haller, rechts). Geltrude (Silvia Beltrami, Mitte) schützt ihre Tochter (rechts die beiden Pianisten Marco Alibrando und Achille Lampo). Die Bühne von Sybille Jagfeld kommt mit sehr wenigen Requisiten aus. Auf der linken Seite vor, auf der rechten Seite hinter dem Klavier führt jeweils eine Treppe zu den Häusern Margheritas und Geltrudes. Die weißen Stühle, die zu Beginn des ersten Aktes auf der Bühne stehen, sollen wohl an den Salon im Palast Capece Minutolo erinnern, in dem die Uraufführung stattgefunden hat und der der Gattung seinen Namen gegeben hat. Der Hexenbaum im Hintergrund ist ein begehbares Gerüst, vor dem bis zur Ankunft bei Mitternacht schwarze Tücher wehen. Ansonsten wird mit Lichtstimmungen (Kai Luczak) gearbeitet, die in der Hexenszene bedrohliche Schatten auf die Wände werfen oder den Sturm andeuten. Sehr aussagekräftig sind die Farben der Kostüme (Claudia Möbius). So trägt jede der fünf Damen einen langen einfarbigen Taftrock, dessen Farbgebung die jeweilige Figur charakterisiert: Clodina als naives Mädchen in Pink, Lauretta in kokettem Rot meistens mit niedlichen Schoßhündchen auf dem Arm und Giulia als Witwe in trauerndem Schwarz. Die beiden Mütter zeichnet neben dem dunklen Blau (Geltrude) bzw. dem Schwarz-Braun (Margherita) ein nach hinten gelegter Schleier aus, der die beiden Sängerinnen älter wirken lässt. Alberto (Diana Haller, links) wendet sich in seiner Verzweiflung an Giulia (Noriko Kaneko, rechts). Musikalisch bemerkenswert sind vor allem Geltrudes Traumschilderung im ersten und die Streitszenen zwischen Clodina und Giulia bzw. Margherita und Geltrude im zweiten Akt. Geltrudes Traumerzählung folgt nicht dem herkömmlichen Schema einer Arie oder Kavatine, sondern mutet schon beinahe wagnerianisch an, weil die Musik genau der Erzählstruktur des Traumes folgt. Wenn Clodina von Lauretta im zweiten Akt über Giulias Intrige aufgeklärt worden ist, entwickelt diese bisher eher als schwach und sich blind ihrem Schicksal fügende Figur eine Dynamik, die sich auch in der Musik bemerkbar macht. So geht das Duett zwischen den beiden Frauen auch musikalisch in ein regelrechtes Handgemenge über, das Geltrude und Margherita nur schwer trennen können. Das folgende Streitduett zwischen den beiden älteren Frauen stellt dann einen musikalischen Höhepunkt dar, in dem Geltrude mit beißendem Sarkasmus und Zynismus die ihr gesellschaftlich unterlegene Margherita in ihre Schranken weist. Die Klavierbegleitung von Eliseo Castrignanò, Achille Lampo und Marco Alibrando ist dabei so dramatisch intensiv, dass sie das Fehlen der breiten Klangfarben eines Orchesters vergessen lässt. Gruppenbild mit Hündchen (von links: Lauretta (Isabel Rodríguez García), Margherita (Svetlana Smolentseva), Giulia (Noriko Kaneko), Geltrude (Silvia Beltrami), Clodina (Dusica Bijelic) und Alberto (Diana Haller)). Darstellerisch zeigen alle sechs Solistinnen große Spielfreude bei dieser kammerspielartigen Oper. Silvia Beltrami begeistert mit wohl-timbriertem Mezzo und hervorragendem mimischem Ausdruck als abergläubische Geltrude, auch wenn sie die Figur damit bisweilen der Lächerlichkeit preisgibt. Noreko Kaneko wurde zwar als leicht indisponiert von Jochen Schönleber entschuldigt, lässt sich aber weder darstellerisch noch stimmlich als intrigante Giulia irgendeine Schwäche anmerken. Mit sehr fülligen Tiefen gestaltet sie diese Partie und zeigt vor allem als angeblich Hexe Calpurnia im Hexenbaum große Wandlungsfähigkeit. Isabel Rodríguez García gefällt mit sehr kräftigem Sopran als kecke Lauretta. In ihrer Kavatine im ersten Akt, in der sie ihre Ambitionen bezüglich Alberto preisgibt, kann sie ihr ganzes vokales Können sehr überzeugend zur Schau stellen. Svetlana Smolentseva stattet Margherita mit einem sehr samtigen Mezzo aus. Dusica Bijelic gibt die Clodina sehr naiv. In ihrer ersten Arietta wirkt ihre Stimme in den Höhen noch ein bisschen belegt, im weiteren Verlauf der Oper singt sie sich jedoch frei und überzeugt mit klaren Gesangslinien. Der Star des Abends ist die Mezzosopranistin Diana Haller als Alberto. Mit voluminösem Mezzo gestaltet sie die einzige Hosenrolle des gesamten Stückes, um die sich die drei Frauen streiten, sehr viril und mimt dabei glaubhaft den jungen Liebenden. Für diese überragende Leistung wird sie am Ende des Festivals mit dem internationalen Belcanto Preis 2011 ausgezeichnet, der auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr hoffen lässt. So gibt es am Ende großen und lang anhaltenden Applaus für alle Beteiligten, der sogar dazu führt, dass das zweite Finale noch einmal als Zugabe präsentiert wird.
Die Auswahl der mittlerweile dritten Balducci-Oper hat sich erneut als Coup erwiesen und sollte dazu motivieren, die Wiederentdeckung dieses Komponisten weiter fortzusetzen. Das Königliche Kurtheater in Bad Wildbad ist ein sehr geeigneter Ort dafür. Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
ProduktionsteamMusikalische LeitungEliseo Castrignanò Regie
Bühne
Kostüme
Licht
2. Pianist
3. Pianist Solisten
Geltrude
Clodina
Alberto
Margherita
Giulia
Lauretta
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- Fine -