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Musikfestspiele
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Sommerfestspiele 2011

Don Giovanni
Dramma giocoso in zwei Akten
Text
von Lorenzo da Ponte
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 1/4 Stunden (eine Pause)

Konzertante Aufführungen am 18., 21. und 24. Juli 2011


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Festspielhaus Baden-Baden
(Homepage)


Sommerfestspiele 2011

Exzellentes Ensemble

Von Christoph Wurzel / Foto von Marcus Gernsbeck

Das Festspielhaus Baden-Baden ist gut im Geschäft mit hier produzierten Silberscheiben, sei es CD-Aufnahmen, wie beispielsweise eine leider zu wenig bekannte Gesamteinspielung der Brahms-Sinfonien mit dem Chamber Orchestra of Europe unter Paavo Berglund oder zahlreichen Opernaufnahmen auf DVD, wie etwa der großartige Parsifal unter Kent Nagano oder auch bereits einem Don Giovanni unter René Jacobs. In diesem Sommer quartierte sich die Deutsche Grammophon Gesellschaft in Baden-Baden ein, um eine CD-Neueinspielung von Don Giovanni zu produzieren. Die angekündigten Namen waren so spektakulär, dass es wohl auch großen  Opernhäusern schwer gefallen wäre, solch ein Ensemble auf der Bühne versammeln zu können. Der Personenzettel enthielt restlos Opernstars, die gerade in jüngster Zeit auch mit Solorecitals auf dem Plattenmarkt Aufsehen erregt und/oder sich auf führenden Bühnen profiliert hatten. Da war schon im Vorfeld die Spannung groß und die Aufführung hielt weitestgehend auch, was die Erwartungen erhoffen ließen.

Noch vor den Starsolisten muss zuerst das Orchester hervorgehoben werden – das Mahler Chamber Orchestra, welches sich auch gerade in Baden-Baden und hier besonders als Opernorchester einen exzellenten Ruf erworben hat. Unter dem feurig anfachenden Dirigat von Yannick Nézet-Séguin liefen die Musikerinnen und Musiker zu dramatischer Hochform auf. Bereits die ersten Ouvertüren-Akorde wiesen in Richtung eines höchst spannungsgeladenen Musizierens. Eine enorme Spielkultur zeichnet alle Gruppen dieses Orchesters aus, stets enorm konzentriert und dabei flexibel bis in kleinste Nuancen hinein. Dieses Ensemble hat vielen namhaften „Klangkörpern“ voraus, dass es aus hoch motivierten jungen Musikerinnen und Musikern besteht, deren Spiel  ungeheure Frische und Elastizität mit brillanter Klangperfektion verbindet. So blühte die klangliche Sensibilität von Mozarts Musik im Orchester (Holzbläser!)  herrlich auf.

Yannick Nézet-Séguin ließ den musikalischen Duktus differenziert und spannungsvoll sprechen. Deutlich war schon in der Ouvertüre der Kontrast zwischen der  untergründig drohenden Chromatik und dem quirligen unbeschwert lebensfreudigen molto Allegro herausgestellt und in den jeweiligen Aktschlüssen entwickelte der Dirigent einen derart atemberaubenden Drive, dass man bei dieser konzertanten Aufführung auf eine noch so spannende Szenerie getrost verzichten konnte.

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Exzellentes Ensemble: Ildebrando D’Arcangelo, Luca Pisaroni, Rolando Villazon, Diana Damrau, Joyce DiDonato, Mojca Erdmann, Konstantin Wolff mit dem Mahler Chamber Orchestra unter Yannick Nézet-Séguin (von links).

Das DGG-Sängercasting hatte sicherlich mit besonderer Sorgfalt gegrübelt. Man weiß, dass dabei nicht allein musikalische Gründe eine Rolle spielen, der „Marktwert“ von Künstlernamen ist ebenso verkaufsrelevant. Doch in diesem Falle deckten sich summa summarum  der Wohlklang der Namen mit dem Wohllaut der stimmlichen Leistungen. Mit Ildebrando D’Arcangelo war ein Giovanni-Sänger gefunden, der alle Erfordernisse für diese Rolle erfüllt und seine starke, virile Stimme mit der gehörigen Flexibilität und auch Ausdrucksintensität verbinden kann. Keinerlei Mühe machte ihm das vom Dirigenten abverlangte extrem spritzige Presto in der einzigen Arie “Fin ch’an dal vino”, deren Text er Note für Note und Silbe für Silbe gestochen scharf präsentierte. Sein Giovanni war natürlich ungeniert Draufgänger, auch im ironischen Spiel (Verkleidungsszene) köstlicher Komödiant, aber den berechnenden Reiz eines Verführers vermochte er so recht nicht zu entfalten. Im Duett mit Zerlina (“Là ci darem la mano”) dominierte der Chasseur mehr als der Charmeur. Dennoch: Ildebrando D’Arcangelo bewies seine Extraklasse, die er gegenwärtig in dieser Rolle auf vielen großen Bühnen beweist.

Exzellent war die Rollengestaltung   Leporellos durch Luca Pisaroni. Stimmlich war dieser Diener seinem Herrn fast ebenbürtig, ein durchaus erwünschter Effekt angesichts seiner offen zur Schau gestellten Aufsässigkeit, die Pisaroni mit kleinen sarkastischen Sticheleien immer wieder unterstrich. Die Registerarie würzte er mit so viel Ironie, dass sie endlich einmal zu einem echten Kabinettstück musikalischen Witzes geriet.

Als echte Gegenspielerin zum Wüstling Giovanni brachte Joyce DiDonato das nötige aufbrausende Temperament mit. Mit Aplomb setzte sie ihre erste Arie an, dabei nicht ganz frei von kleinen Manirismen konnte sie ihre stupende Technik ausspielen. Doch ihre große Arie im 2. Akt (« Mi tradi quell’ alma ingrata ») zeigte eine Sängerin, die den emotionalen Kern der Musik zutiefst berührend zum Ausdruck brachte, so dass diese Arie zu einem der Höhepunkte des Abends wurde.

Zu den Tiefen der Gefühlswelt ihrer Rollenfigur vermochte auch Diana Damrau vorzudringen, die mit eleganter, schlanker und reiner Stimmgebung gleichermaßen die lyrischen Seiten von Donna Anna wie auch deren existentielles Aufgewühltsein  beeindruckend zeigte. Besonders ihre große Arie im 2. Akt wurde zu einem Seelenbild tiefer Empfindung. Rolando Villazon als Ottavio dagegen ließ Wünsche offen. Nach wie vor beeindruckt er mit eleganter Linienführung und einem soignierten Ton, aber der frühere Glanz in der Stimme scheint verblasst, die Höhe war in der ersten Arie etwas  mühsam und mitunter klang noch mit leichten Schleifern der romantische Tenor durch. In der zweiten Arie (« Il moi tesoro intanto ») erreichte Villazon jedoch noch eher seine frühere Größe, was ihm auch das Publikum mit frenetischem Beifall dankte.

Mit leichteren Stimmen waren Moja Erdmann als anmutige, aber auch selbstbewusste Zerlina und Konstantin Wolff als trotzig-energischer Masetto durchaus sinnvoll von den Vertretern der Adelsgesellschaft abgesetzt. Beide fügten sich aber bezüglich Stimmkultur und Ausdrucksintensität durchaus stimmig in das Ensemble ein. Auch Vitalij Kowaljov setze mit markant sonorem Schwarzbass deutliche Akzente in den drei entscheidenden Szenen seiner Auftritte.

FAZIT

Wenn ein Sängerensemble von solcher Qualität versammelt ist und mit großer gestischer Intensität zu singen vermag, muss man die Szene nicht vermissen. Dass es zudem in Baden-Baden gelang, durch Zusammenarbeit mit einer Plattenfirma ein Spitzenensemble auf das Podium zu holen, erwies sich als Glücksfall auch für das Konzertpublikum. Die Prognose dürfte nicht schwierig sein: Eine bald auf dem Markt erscheinende Aufnahme wird mit Sicherheit ein großer Renner.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Yannick Nézet-Séguin

 
Vokalensemble Rastatt
Einstudierung: Holger Speck

 

Mahler Chamber Orchestra


 

Solisten

Don Giovanni
Ildebrando D’Arcangelo

Donna Anna
Diana Damrau

Don Ottavio
Rolando Villazón

Commendatore
Vitalij Kowaljow

Donna Elvira
Joyce DiDonato

Leporello
Luca Pisaroni


Masetto
Konstantin Wolff

Zerlina
Mojca Erdmann


 


Weitere Informationen
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Festspielhaus Baden-Baden
(Homepage)




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