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Die schweigsame Frau
Komische Oper in drei Aufzügen
Libretto von Stefan Zweig
frei nach Epicoene or The silent woman (1609) von Ben Jonson
Musik von Richard Strauss

in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 Stunden 30 Minuten (zwei Pausen)

Premiere im Rahmen der Münchner Opernfestspiele 2010
am 20.7.2008 im Prinzregententheater München

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Schweigen ist nicht immer Gold

Von Roberto Becker / Fotos von Wilfried Hösl

Foto kommt später Diana Damrau (Aminta)

Obwohl eines der heitersten Werke von Richard Strauss, so ist gerade seine Schweigsame Frau mit einem ziemlich ernsten Kapitel der deutschen (Musik-)Geschichte verbunden. Als diese Buffa, zu der Stefan Zweig in eine ähnlich inspirierten Künstlerpartnerschaft wie davor nur Hugo von Hofmannsthal für den „Lieben Herrn Doktor“ das Libretto nach Ben Jonsons Epicoene or the silent woman aus dem Jahre 1609 geschrieben hatte, 1935, ganz so, wie es sich für eine Richard-Strauss-Oper gehörte, an der Semperoper in Dresden uraufgeführt werden sollte, war der jüdische Librettist schon nicht mehr in Deutschland. Und Strauss musste in seiner unnachahmlichen Mischung aus Naivität und bajuwarischer Gradlinigkeit seine ganze Autorität als einziger noch im Lande verbliebener, wirklich weltberühmter Komponist und als Präsident der Reichsmusikammer aufbieten, damit die Oper überhaupt herauskam und dabei der Name des jüdischen Librettisten nicht verschwiegen werden musste. Diese anrüchige Funktion wurde er dann bald darauf los, weil er es wohl nicht für möglich gehalten hatte, dass die Gestapo seine mitunter auch politisch despektierlichen Briefe mitliest. Obwohl er im Lande blieb, lieferte er dem Regime dennoch nicht die heldenhafte Operngarnierung, die es sich von ihm wohl gewünscht hätte.

Foto kommt später

Franz Hawlata (Morosus), Nikolay Borchev (Barbier)

In der Neuinszenierung dieser eher selten gespielten (weil ziemlich anspruchsvollen) komischen Oper im Rahmen der Münchner Opernfestspiele blitzt diese Ebene zumindest einmal kurz auf. Da stürmt nämlich eine Truppe von Verwundeten wie geradewegs aus einem Lazarett als ungebetene Gäste die fingierte Hochzeit von Sir John Morosus. Es könnte aber auch eine schrill überzeichnete (schließlich inszeniert Barrie Kosky) Seniorenheimbesatzung sein. Denn es geht in der Geschichte auch um einen alten, reichen Mann, dem die Welt zu laut und zu anstrengend geworden ist.

Sein Barbier (hier weniger Barbier als mehr ein Masseur, der auch Akupunktur im Angebot hat) empfiehlt deshalb eine schweigsame Frau, damit er Ruhe vor seiner dauerzeternden, zackigen Haushaltshilfe habe, die obendrein selbst ein Auge auf ihren Arbeitgeber geworfen hat. Als dann plötzlich sein tot geglaubter Neffe Henry (nebst Frau Aminta und einer bunten Operntruppe) bei ihm einfällt, wird dieser Vorschlag flugs zum Teil einer Intrige, die die Abneigung des Alten gegen Musik und Lärm im Allgemeinen und das Sängerleben seines Neffen im speziellen kurieren soll.

Foto kommt später Das Brautpaar vor dem Sturm…Franz Hawlata (Morosus), Diana Damrau (Aminta)

Sie schieben ihm Aminta als angeblich schweigsame Ehefrau unter, inszenieren die Hochzeit und lassen die dann zu einer Furie mutieren, die den Erbonkel zurück in die Arme des Neffen treibt. So böse wie es klingt ist das freilich alles nicht. Aminta hat von Anfang an Mitgefühl mit dem Alten und die Sache löst sich in allgemeiner Harmonie auf.

Kosky inszeniert das Ganze auf einem Podest, das Esther Bialas auf die ansonsten leere Bühne gesetzt hat, und mit einem revuehaft aus dem Fundus der Operngeschichte kostümierten Personal. Dass das beim Münchner Publikum im Prinzregententheater deutlich besser ankam als Luc Bondys angestaubte Tosca im Nationaltheater, lag allerdings auch an dem exzellenten Ensemble.

Foto kommt später

Ehe als Tortenschlacht: Franz Hawlata (Morosus), Diana Damrau (Aminta)

Kosky billigt seiner Aminta die sichtbare Schwangerschaft von Diana Damrau zu, die mit deftiger Lust und vollem Körpereinsatz spielt und koloraturbewährt trällert und alle Wendungen im Spiel von der echten Aminta zur falschen Ehefrau mit Verve meistert. Mit ihrem Schrei nach Ruhe jedenfalls streckt sie das gesamte Bühnenpersonal auf die Bretter. Franz Hawlata spielte den alten Morosus nicht nur überzeugend, sondern sang ihn auch (verglichen mit seinen Bayreuther Sachs mit geradezu überraschender) stimmlicher Präsenz. Tenor Toby Spence überzeugte als Neffe Henry mit dosierter Strahlkraft ebenso wie Nikolay Borchev als Barbier-Bariton. Kosky ist es obendrein gelungen, im gesamten Protagonisten-Ensemble die pure Spielfreude zu entfesseln.

Demonstrativen Jubel kassierte Kent Nagano zum einen, völlig berechtigt, für den überraschend geschmeidig opulenten und gut ausbalancierten Straussklang des Bayerischen Staatsorchesters. In der Entschiedenheit dieses Jubels spiegelte sich aber wohl auch das Bedauern mancher Münchner über die gerade bekannt gewordene Nichtverlängerung des GMD-Vertrages von Nagano.


FAZIT

Am Prinzregententheater sorgten Barrie Kosky und Kent Nagano mit dieser Schweigsamen Frau von Richard Strauss für einen unterhaltsamen Sommerspaß auf hohem musikalischem Niveau, von dem man nur hoffen kann, dass er wieder aufgenommen wird.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Kent Nagano

Inszenierung
Barrie Kosky

Bühne und Kostüme
Esther Bialas

Licht
Benedikt Zehm

Chor
Andrés Máspero

Dramaturgie
Olaf A. Schmitt


Statisterie der
Bayerischen Staatsoper

Chor der Bayerischen
Staatsoper

Bayerisches Staatsorchester


Solisten


Sir Morosus
Franz Hawlata

Haushälterin
Catherine Wyn-Rogers

Der Barbier
Nikolay Borchev

Henry Morosus
Toby Spence

Aminta
Diana Damrau

Isotta
Elena Tsallagova

Carlotta
Anaïk Morel

Morbio
Christian Rieger

Vanuzzi
Christoph Stephinger

Farfallo
Steven Humes


Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Bayerischen Staatsoper München
(Homepage)





Da capo al Fine

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