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30. Aschaffenburger Gitarrentage

14.02.-26.03.2009
Aschaffenburger Gitarrentage
(Homepage)
Zum Jubiläum wieder ein
Konzertreigen mit vielen Höhepunkten

Von Ingo Negwer

Mit einer "Aschaffenburger Gitarrenwoche" im Jahr 1980 fing alles an. Inzwischen sind die "Aschaffenburger Gitarrentage" ein Musikfestival von internationaler Bedeutung. Die Liste der herausragenden Gitarristen, die in der unterfränkischen Stadt ihre künstlerische Visitenkarte abgegeben haben, ist lang; kaum ein renommierter Name fehlt. David Russel ist sowohl auf der Bühne als auch als Dozent seit vielen Jahren Stammgast der "Gitarrentage". Neben der klassischen Musik finden stets auch andere Sparten, wie Flamenco oder Jazz, ihr Podium. Bezeichnend ist die konsequente Einbindung der Städtischen Musikschule, die die 30. Auflage des Festivals unter dem Motto "An die Saiten, fertig, LOS!" eröffnete.

Des Weiteren standen vier Gitarrenkonzerte von Joaquín Rodrigo, Kammerkonzerte mit Gabriel Bianco und dem Duo Melis sowie ein Familienkonzert mit dem Schweizer Musikschulensemble "La Volta" auf dem Festivalprogramm. Die Musikschule, deren Fachbereich "Gitarre" aufgrund der Erkrankung des langjährigen Organisators, Werner Wunderlich, dieses Mal auch an der Planung und Durchführung intensiv beiteiligt war, steuerte ein Gesprächskonzert "Die Gitarre in der Kammermusik im frühen 20. Jahrhundert" bei. David Russel und Ivo Kaltchev waren die Dozenten der Meisterkurse. Den fulminanten Schlusspunkt setzte das "Trio Merengue de Córdoba".

Die Kompositionen von Joaquín Rodrigo (1901-1999) gehören seit langem zum Standardrepertoire der "klassischen Gitarre". Doch wann hat man schon einmal die Gelegenheit, gleich vier Gitarrenkonzerte des spanischen Meisters an einem Abend zu hören? In der quasi ausverkauften Aschaffenburger Stadthalle eröffnete das Kaltchev Guitar Duo und die Thüringer Philharmonie Gotha-Suhl unter der Leitung von Hermann Breuer den außergewöhnlichen Konzertreigen mit dem "Concierto Madrigal" für zwei Gitarren und Orchester. In diesem Werk aus dem Jahr 1966 zeigt sich einmal mehr Rodrigos Affinität für die Musik vergangener Epochen. Das thematische Zentrum des Konzerts bildet das Renaissancemadrigal "O felici occhi miei" von Jakob Arcadelt. Die zehn kurzen Sätze in Form einer Suite bilden eine Folge abwechslungsreicher Charakterstücke, die von Ivo und Sofia Kaltchev in beeindruckend homogener Manier mit Leben erfüllt wurden. Die Thüringer Philharmonie Gotha-Suhl fügte sich insbesondere in der reizenden Arietta dezent und subtil in das Klangbild ein.

Zoran Dukic war der Solist der "Fantasia para un gentilhombre", die Rodrigo 1954 für Andrés Segovia, den Altmeister der Gitarrenvirtuosen des vergangenen Jahrhunderts, komponiert hatte. Wieder entspricht die Form dieses Solokonzerts, dessen motivisches Material aus der Feder von Gaspar Sanz (1640-1710) stammt, eher den Konventionen der Suite. Zoran Dukic verzichtete bei seiner Interpretation auf oberflächlich auftrumpfende Virtuosität und ließ statt dessen die Klangfarben seines Instruments in vielfachen Nuancen leuchten.

Nach der Pause ging es mit dem "Concierto d'Aranjuez" (1939) - einem Evergreen der Konzertliteratur - weiter. Sein erstes Gitarrenkonzert schuf Joaquín Rodrigo nach den Regeln der klassisch-romantischen Solokonzerts; die drei Sätze sind eine Hommage an den Sommerpalast der spanischen Könige südlich von Madrid. David Russel nahm sich des Soloparts mit großer Souveränität, brillantem Ton und geradezu stupender Virtuosität an. Die Thüringer Philharmonie Gotha-Suhl unter der Leitung von Hermann Breuer, der man ansonsten einige Male anmerkte, dass sie mit dem folkloristisch-spanischen Idiom Rodrigos nicht ganz vertraut ist, lief an Russels Seite zur Hochform auf.

Spielfreude pur von allen Akteuren gab es schließlich im abschließenden "Concierto Andaluz", das Rodrigo 1966 für das legendäre Quartett "Los Romeros" geschrieben hatte. Zoran Dukic, das Kaltchev Guitar Duo sowie der junge Sebastián Montes als vierter im Bunde entzündeten ein gitarristisches Feuerwerk und wurden am Schluss vom Publikum mit Ovationen gefeiert.

Vergrößerung in neuem FensterGabriel Bianco
(Foto: Ingo Negwer)


Sein Debüt bei den "Aschaffenburger Gitarrentagen" gab der junge Gabriel Bianco mit einem Solo-Recital im Konzertsaal der Städtischen Musikschule, einem idealen Raum für die differenzierte und sensible Klangwelt der Gitarre. Gabriel Bianco legte bei seiner Werkauswahl den Schwerpunkt auf die virtuose Musik des 19. Jahrhunderts und begann mit Fernando Sors berühmten Variationen über ein Thema von Mozart. Seine große Souveränität, mit der er bei durchweg frischen Tempi voran schritt, ließ von Anfang an aufhorchen. Mit deutlichen dynamischen Kontrasten und einer bei aller Virtuosität sehr gesanglicher Anschlagskultur gelang ihm eine überzeugende Interpretation des wohlbekannten Werks. Franz Schuberts Lied "Lob der Tränen" in einer Bearbeitung des Zeitgenossen Johann Kaspar Mertz zeichnete Bianco anschließend mit facettenreichen Klangfarben als lyrisches Charakterstück.

Den ersten Teil des Abends schloss Gabriel Bianco mit Nikita Koshkins hoch expressiver Sonate für Gitarre solo ab. Nach diesem Ausflug in die Moderne folgte Johann Sebastian Bachs Sonate C-Dur BWV 1005 für Violine solo in einer Fassung für Gitarre und zwei Kompositionen aus der Feder von Giulio Regondi (1822-1872): Etüde Nr. 6 und "Introduction et caprice" op. 23. - Gabriel Bianco, der seine außerordentlichen gitarristischen Fähigkeiten ganz in den Dienst der musikalischen Gestaltung stellt, hinterließ bei seinem ersten Auftritt in Aschaffenburg einen durchweg überzeugenden Eindruck. Der hohe Grad an technischer und interpretatorischer Souveränität war bemerkenswert. Ein weiterer Beweis, dass man sich um Nachwuchs erstklassiger junger Künstler keine Sorgen machen muss - sofern man ihnen, wie in Aschaffenburg, ein entsprechendes Podium bietet!

Vergrößerung in neuem FensterEnsemble "La Volta" unter der
Leitung von Jürgen Hübscher (links)
(Foto: Ingo Negwer)

Der künsterlische Nachwuchs stand auch im Mittelpunkt des Konzerts "Gitarren der Welt". Wieder einmal war das Ensemble "La Volta" der Musikschule Reinach/Basel-Land zu Gast bei den "Aschaffenburger Gitarrentagen". Unter der Leitung von Jürgen Hübscher stellte es dem überdurchschnittlich jungen Publikum sein neues Programm mit Folklore aus Lateinamerika, Irland und der Schweiz, sowie mit Barockmusik von Silvius Leopold Weiss, Gaspar Sanz und Giovanni Antonio Brescanello vor. Die sieben zwischen 10 und 18 Jahre alten Instrumentalisten spielten eine schier unglaublich große Anzahl an Zupfinstrumenten, wie Gitarre, Guitarron, Charango, Barockgitarre, Mandoline, Barockmandoline, Erzlaute, Banjo u.v.a. Außerdem erklangen eine Querflöte und über 25 verschiedene Percussion-Instrumente. Am Ende des sehr unterhaltsamen Konzertabends wurden die Musikerinnen und Musiker mit Begeisterung gefeiert und konnten erst nach mehreren Zugaben ihre Instrumente verstauen und zum wohlverdienten Abendessen übergehen...

Vergrößerung in neuem Fenster"Trio Merengue de Córdoba"
in der Kleinkunstbühne Hofgarten

(Foto: Ingo Negwer)


Ein Flamenco-Abend der Extraklasse mit dem "Trio Merengue de Córdoba" beschloss die "Aschaffenburger Gitarrentage". Die Kleinkunstbühne Hofgarten, erstmals Konzertstätte des Festivals, bot das passende Ambiente für die temperamentvollen Darbietungen auf höchstem Niveau. Gitarrist Rafael Rodríguez Fernández zeigte in seinem nuancenreichen Spiel eine erstaunlich breite Palette an Klangfarben und dynamischen Abstufungen. Desire Rodríguez Calero "Merenguita" ist eine charismatische, höchst virtuose Tänzerin, und Rafael Espero Moreno "Churumbaque" lotete mit seinem expressiven Gesang die emotionalen Tiefen des Flamenco aus. Ein würdiger Abschluss der diesjährigen "Aschaffenburger Gitarrentage", die auch in ihrer 30. Auflage eine gelungene Werbung für die Gitarre und ihre Musik waren.



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