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Glücksmozart, geistreicher Amerikaner und körperreicher Beethoven Von Christoph Wurzel "Aus der Neuen Welt" ist die Reihe mit vier Streichquartettformationen aus den USA überschrieben, die bei den diesjährigen Schwetzinger Festspielen einen Programmschwerpunkt bildet. In allen Konzerten werden natürlich auch amerikanische Komponisten gespielt, was für den Konzertbetrieb der Alten Welt eine Bereicherung darstellt, denn Kammermusik etwa von John Zorn (*1953) oder Jonathan Berger (*1954) erklingt hier sehr selten und selbst von Charles Ives sind Streichquartette in Europa nahezu unbekannt, wie das erste, der Heilsarmee gewidmete Quartett, welches auf dem Programm des 1. Konzerts dieser Reihe stand. (Wie uns erst nach Redaktionsschluss bekannt wurde, hat dieses Konzert aus Krankheitsgründen nicht stattfinden können.) Im jüngsten Konzert stellte das Pacifica Quartet das Streichquartett Nr. 5 von Elliott Carter dem Publikum vor. Es handelt sich um ein intelligent strukturiertes Werk aus sechs kontrastreichen Charakterstücken, die durch ebenfalls sechs Vor- bzw. Zwischenspiele nahtlos verschmelzen. Während in den Hauptsätzen die Stimmen kunstvoll polyphon miteinander verbunden sind, bestehen die Interludien aus kurzen Motivfetzen, die sich die Spieler in der Art eines musikalischen Pingpong wie Frage- und Antwortgesten gegenseitig zuwerfen. Ein Werk von äußerster geistiger Spannung und frappierenden Effekten, das großes Vergnügen macht - und das Überraschendste daran: Carter hat es im Alter von fast 87 Jahren geschrieben. Und wie man hört, kann der wohl älteste noch lebende Komponist in andauernder geistiger Frische seinem 100. Geburtstag im Dezember diesen Jahres entgegensehen. Das Pacifica Quartet- Masumi Per Rostad, Viola - Simin Ganatra, 1. Violine - Sibbi Bernhardsson, 2. Violine - Brandon Vamos, Violoncello (von links) Foto: Robin Holland
Umrahmt wurde der Klassiker der modernen amerikanischen Musik durch die beiden Wiener Klassiker Mozart und Beethoven, deren Werken das Pacifica Quartet prägnant ihren jeweiligen Eigencharakter entlockte. Mozarts "Frühlingsquartett" nahmen die Musiker von seiner heiteren, empfindsamen Seite und zauberten eine apollinisch heitere Atmosphäre in den Rokokosaal des Schwetzinger Schlosses. Das extrem aufmerksame, höchst feinfühlige und nuancenreiche Wechselspiel und die elegante und glasklare Tongebung der Musiker ließen diese Wiedergabe an das Mozart-Ideal heranreichen.
In Beethovens 1. Rasumowsy-Quartett konnten sich die Instrumentalisten besonders in den Ecksätzen von ihrer strahlend virtuosen Seite zeigen, mit vollem, rundem Klang. Im Adagio gelang ihnen beeindruckend eine atmosphärische Unmittelbarkeit, welche die von Beethoven selbst mit einer Trauerweide assoziierte Stimmung nachvollziehen ließ.
Das Konzert bewies eindrucksvoll den Ruf dieses jungen Quartetts, das spieltechnische Perfektion mit hohem Klangsinn und starker Ausdrucksfähigkeit zu einer lebendigen Symbiose verbindet. Die Schwetzinger Festspiele 2008Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Das Programm Wolfgang Amadeus Mozart Streichquartett G-Dur KV 387 "Frühlingsquartett" Elliott Carter Streichquartett Nr. 5 Ludwig van Beethoven Streichquartett F-Dur op. 59 Nr. 1 "Rasumowsky-Quartett" Mehr von den Schwetzinger Festspiele 2008
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