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Irmingard

Wahrscheinlich eine Oper in zwei Akten
von Mnozil Brass (Musik) und Bernd Jeschek (Buch und Regie)


Aufführungsdauer: ca. 2h 10' (eine Pause)

Eine Koproduktion der RuhrTriennale mit den Salzburger Festspielen
Deutsche Erstaufführung in der Jahrhunderthalle Bochum am 15. September 2008
(rezensierte Aufführung: 22.09.2008)

Logo: RUHRtriennale 2008

Blechbläser auf Frauen- und Drachenjagd

von Stefan Schmöe / Fotos von Ursula Kaufmann


Vergrößerung in neuem Fenster Diese Dame gilt's zu gewinnen: Prinzessin Irmingard (Leonhard Paul) auf den Schultern ihrer sechs Baronessen

Frauenlosigkeit ist ein gar traurig' Los für einen Mann – und ganz besonders für einen Prinzen, allein schon aus dynastischen Gründen. Die Ursachen mögen unterschiedlich sein – für den Bastardprinz aus dem Pinzgau ist's die in jeder Hinsicht hinterwäldlerische Herkunft, für den Kannibalenprinzen das allzu unbedachte Verspeisen aller weiblichen Wesen, die der Heirat entgegen steht – die Folgen sind für alle gleichermaßen fatal. Und so ziehen sie aus, die Prinzen, um sich eine Gemahlin zu suchen, und sie finden – Irmingard, Enkelin eines Kaisers, und ihre sechs Baronessen. Leider hat Irmingard weder Benehmen noch Aussehen einer Prinzessin, wie man es gewohnt ist, und so grenzt es an ein Wunder, dass der schöne Prinz aus Melk mit allem niederösterreichischen Heldenmut beharrlich um sie wirbt, mit seinen Prinzkollegen einen Drachen besiegt und letztlich auf diese Art sein Eheglück findet. Das ergibt, wie man frohen Mutes am Gesang bemerkt, „wahrscheinlich eine Oper“, und genau so ist die Kreation Irmingard auch gattungsfestschreibend bezeichnet.


Vergrößerung in neuem Fenster Dieser Prinz wird Irmingards Herz erobern: Der schöne Prinz aus Melk (Robert Rother, vorne), von Amors (Zoltan Kiss) Pfeil getroffen

Freunde gehobener Blödeleien und brillanter Musik kommen voll und ganz auf ihre Kosten, wenn das siebenköpfige Wiener Blechblasensemble Mnozil Brass in fliegendem Wechsel die sieben Prinzen (am goldenen Stirnreif zu erkennen) oder die sieben Jungfrauen (mit Blumenkranz im Haar, ein Krönchen für Irmingard), nebenbei auch noch einen alten Kaiser und den Liebesgott Amor, unter fast vollständigem Verzicht auf weitere Requisiten darstellt. Dass die Sieben ihre Instrumente exzellent beherrschen und eine Musik zusammenkomponiert und zusammengeklaut haben, die alles umfasst, was Blechbläsern zwischen dem tiefsten Mittelalter, Bigband und Volksmusik musikalisch Spaß macht, darf man voraussetzen (und die Erwartungen werden dennoch übertroffen). Dass sie dazu noch mit teils mehr, teils weniger gut ausgebildeter Stimme (letzteres muss kein Nachteil sein, weil's durchweg parodistisch zugeht) perfekt aufeinander abgestimmt diverse Arien und Ensembles und auch ein wenig Gregorianik singen, mag man mit aller Begeisterung der allumfassenden Musikalität der Herren zuschreiben. Dass sie sich aber auch noch als hinreißende Komödianten zwischen Pantomime und Slapstick verstehen, die virtuos musikalischen Witz und szenische Albernheit aufs Schönste verbinden, grenzt dann doch an ein Wunder. Mnozil Brass muss man nicht nur gehört, sondern auch gesehen haben.


Vergrößerung in neuem Fenster Sieben Blechbläserprinzen suchen eine Gattin

Text und Regie liegt, wie schon bei dem auf der Triennale 2005 gezeigten Trojanischen Boot (unser Bericht), bei Bernd Jeschek, der die abstruse Geschichte mit viel Sprachwitz würzt (was mitunter allerdings zu Problemen mit der Textverständlichkeit führt). Für die Choreographie zeichnet ein gewisser Ferdinando Chefalo verantwortlich, und im Ergebnis stimmt eigentlich alles: Tempo, Mischung aus Text und Musik, Komposition. Nebenbei wird noch das Triennale-Motto „Aus der Fremde“ auf's Schönste durch den Kakao gezogen (und alle Musiktheaterkonventionen sowieso), wenn nicht etwa der Maharadscha, sondern der Pinzgauer und der Niederösterreicher aus Melk zu Figuren von größtmöglicher Exotik aufgebaut werden. Stehende Ovationen eines Publikums, dass sich die Zugabe durch kreativen Beifall erarbeiten musste: Erst als der Beifall durch ein kollektiv geklatschtes kleines punktiertes Motiv rhythmisch angereichert wurde, gab's die musikalische Dreingabe.

Klangbeispiel Klangbeispiel: "Die Dynastien brauchen dringend Frauen"
(MP3-Datei)


FAZIT

Rund zwei Stunden höchst virtuoser, dabei völlig sinnloser musikalischer Blödsinn. Großartig.




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Produktionsteam

Buch und Regie
Bernd Jeschek

Komposition
Mnozil Brass

Choreographie
Ferdinando Chefalo

Licht
Mariella von Vequel-Westernach



Solisten

Mnozil Brass sind:

Der Pinzgauer / Tuba
Wilfried Brandstötter

Der Maharadscha / Posaune
Gerhard Füßl

Der Kannibale / Trompete
Thomas Gansch

Amor / Posaune
Zoltan Kiss

Der alte Kaiser / Trompete
Roman Rindberger

Der schöne Prinz aus Melk / Trompete
Robert Rother

Irmingard / Basstrompete
Leonhard Paul

www.mnozilbrass.at


Programmheft

Programmheft
(Gestaltung: Karl-Ernst Herrmann)



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