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Bayreuther Barock 2008



Les Fêtes d' Hébé ou Les Talents lyriques -
Geduldsprobe statt Bühnenpracht

Von Sina Baumgart


Viel versprechend klang die Ankündigung des diesjährigen Festivals „Bayreuther Barock“ im Markgräflichen Opernhaus: Die Feste Hebes oder Die lyrischen Talente von Jean-Philippe Rameau. Gegeben wurde damit ein 1739 in Paris uraufgeführtes Musiktheaterwerk, das trotz großer Erfolge lange Zeit in Vergessenheit geraten war. Als französischer Operntypus, der neben Musikalisch-Dramatischem besonders von Tanz und Divertissements lebt, ist diese Opéra-ballet als eine Art Revue konzipiert: Statt einer einheitlichen Handlung sind drei Entrees einander gegenübergestellt, die allesamt das Thema „Liebesleid und Liebesglück“ umreißen. Doch wie der Prolog des Werkes andeutet, ist dies nicht das einzige Thema. Denn Hébé entsteigt dem Olymp, um mit Momus und L'Amoure an einem Fluss die lyrischen Talente der Oper an sich vorbeiziehen zu lassen: die Poesie, die Musik und den Tanz. Dementsprechend wird im ersten Entree die Dichterliebe zwischen Sapho und Alcée fokussiert, im zweiten Entree die Liebe der Prinzessin Iphise, deren künftiger Bräutigam Tirtée sich im Kriegskampf beweisen muss, und im dritten Entree ein arkadisches Schäferidyll, in welchem die Schäferin Eglé den Gott Mercure zum Bräutigam wählt. Bühnen- und Farbenpracht werden angesichts von Einbettung der Liebesthematik in Hof, Kriegs- oder Idyllenkontext geradezu einfordert, welchem die Inszenierung des Bayreuther Barock allerdings nicht gerecht wird.

Anstatt die vielfältigen Bilder der Entrees und damit den unterhaltenden Charakter des Werkes zu betonen, wählt Regisseur Georg Blüml eine starke Einheitlichkeit der Entrees und setzt sie nur in Kontrast zu den Divertissements. In den Mittelpunkt der Inszenierung wird damit die Liebe gerückt und zugleich mit einem Touch ins Homoerotische frisiert, wenngleich das Liebes- und Intrigenspiel im Rameauschen Sinne eigentlich nur als Sprungbett zu einer unterhaltsamen Bühnenshow dient. In monotoner Wiederholung wechseln barockartig geschnittene Latexkostümen in Weiß im Kontrast zu farbig-altbackener Kleidung der Divertissements- Tänzer, sowie liegende oder stehende Rampen vor weißem Säulengrund zu kargem Palastprospekt. Die gleichzeitig stark stilisierten Bewegungen der Darsteller zeigen einen ästhetischen Blick Blümels, der zwar der Ausgewogenheit französischer Barockmusik gerecht wird, aber alles andere als unterhaltend wirkt.

Als gelungen erweisen sich das Lichtdesign (Ralf Weiss), sowie im Rahmen der Divertissements die Tanz-Choreographien (Romana Agnel). Das Gewässer zur allegorischen Liebeseinlage des ersten Entrees wird so zu einem türkis schillerndem Spiel und die Zusammenführung zweier Liebender offenbart sich unter effektvollem Licht- und Donnergebaren. Tanz und Ballett der Divertissements zeigen unter dem Ensemble „Cracovia Danza“ treffend ausgeführte Hoftänze der Barockzeit, kriegerische Kampfszenen, zur „Musette en Rondeau“ einen Tanz von Schäferinnen und Hirten, sowie als Höhepunkt zum „Tambourin“ den akrobatisch-komischen Tanz von Harlequin und Colombine.

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Hébé (Constanze Backes) , L'Amore (Julla Schmidt) und Momus (Jan Kobow) vor "Showbeginn"
(Foto: Peter Kolb)

Personell wird Les Fêtes d`Hébé ou Les Talents lyriques von der „Compagnie Opéra Baroque“ bestritten, die 2007 zwecks Durchführung von Musiktheater- und Opernproduktionen des Barock gegründet wurde. Sie umfasst neben dem Hofballett „Cracovia Danza“ das „United Continuo Ensemble“, sowie das „UCS Barockorchester“, welches entsprechend seiner Funktion mit historischem Instrumentarium aufwartet. Die musikalische Leitung des gesamten Ensembles oblag im Markgräflichen Opernhaus Bernhard Epstein, der seit 2006 Dirigent an der Staatsoper Stuttgart ist. Sein Dirigat erwies sich als elanvoll und ausgeglichen. Unter seiner Leitung fügten sich Orchester und Sänger gelungen ineinander. Auch wenn manchmal das Tempo zu bedächtig wirkte und dem einen oder anderen Orchestermitglied bzw. Sänger die Intonation misslang. Duettartige Partien, oder Ensembleeinsätze mit Chor zeigen sich insgesamt als musikalische Highlights. Als hörens- und sehenswert erwiesen sich Julla Schmidt (L'Amour, Eglé) mit klarem Sopran und Markus Flaig (Alcée und Tirtée) aufgrund bester Bühnenpräsenz und voller Baritonstimme, sowie Theodora Baka, die mit ausdrucksstarkem Spiel und weichem Mezzosopran die Rolle der Sapho vortrefflich auszugestalten wusste. Johannes Weiss als Thélème und Mercure enttäuschte dagegen trotz arioser Partie mit enger, bisweilen kehliger Stimme, während sich über Constanze Backes die Gemüter streiten mochten. Elegisch und klar fokussiert, aber ohne Stimmbrillanz und mit Intonationsproblemen gelang der Sopranistin die Rolle der Iphise ungleich besser als jene der Hébé.


FAZIT

Passable Leistungen mit kleinen Schönheitsfehlern und ästhetisch monotone Bilder, die dem Rameauschen Werk an Wirkung nehmen. Keine Inszenierung, die genussreiche Unterhaltung bietet.

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Les Fêtes d' Hébé
ou Les Talents lyriques


Opernpasticcio in drei Akten
Opéra-ballet von Jean-Philippe Rameau
Libretto von Antoine Gautier de Montdorge

am 26. und 27.9.2008
im Markgräflichen Opernhaus

in französischer Sprache ohne Untertitel
Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Musikalische Leitung
Bernhard Epstein

Inszenierung
Georg Blüml

Bühne
Erwin Kloker
Eva Lüps

Kostüme
Monika Polak-Luscinska

Choreographie
Romana Agnel



Compagnie Opéra Baroque
United Continuo Ensemble
UCS Barockorchester
Crocavia Danza


Solisten

Hébé, Iphise
Constanze Backes

L'Amour, Eglé
Julla Schmidt

Spaho
Theodora Baka

Najade
Martina Schänzle

Hymas, Eurilas
Ralf Grobe

Momus, Ruisseau, Lycurgue
Jan Kobow

Thélème, Mercure
Johannes Weiss

Alcée, Tirtée
Markus Flaig

Le Fleuwe
Tibor Brouwer



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