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30.
Händel-Festspiele
in Karlsruhe

23. Februar bis 4. März 2007

Homepage des Badischen Staatstheaters Karlsruhe

Badisches Staatstheater Karlsruhe
(Homepage)


Die 30. Karlsruher Händel-Festspiele

Von Gerhard Menzel und Christoph Wurzel

Lange Zeit schien es so, als seien die 30. Händel-Festspiele in Karlsruhe die letzten, die im jährlichen Turnus stattfinden könnten. Nach intensiven Gesprächen des Baden-Würtembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger mit dem Staatssekretär der Landesregierung Dietrich Birk in Stuttgart, gab Generalintendant Achim Thorwald jedoch bekannt, dass eine finanzielle Planungssicherheit bis zum Jahr 2011 nun endgültig gewährleistet sei. Damit ist nicht nur die Existenz der Händel-Festspiele, sondern auch die der Europäischen Kulturtage - beides Festivals von überregionaler Bedeutung - gesichert.

Statt finanzielle Kürzungen verkraften zu müssen, ist das Badische Staatstheater nun sogar in der Lage, die Händel-Festspiele wieder in ihrer "ursprünglichen" Form zu verwirklichen, indem nicht nur eine jährliche Neuproduktion herausgebracht werden kann, sondern diejenige des vorangegangenen Jahres noch einmal wiederaufgenommen wird. Gerade für die diesjährige Neuproduktion von "La resurrezione" ist das ein ganz besonderer Glücksfall !

Als Premiere des Jahres 2008 steht dann mit "Giulio Cesare" eines der bekanntesten und meistgespielten Werke Händels auf dem Programm der Festspiele in Karlsruhe. In Göttingen kam "Giulio Cesare" übrigens dieses Jahr als Festspieloper zur Aufführung (siehe: OMM-Rezension der Händel-Festspiele in Göttingen 2007).

2009 soll es nach den - für viele überraschenden - positiven Erfahrungen der Inszenierung des "Lotario" (siehe: OMM-Rezension) sogar eine komplette Aufführung im "authentischen Barockstil" geben ! Genügend Fachleute gibt es ja im Umkreis der Karlsruher Händel-Festspiele. Man darf also gespannt sein, wie diese Produktion gelingt und wie sie beim Karlsruher Publikum ankommt.

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Foto: Gerhard Menzel
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Foto: Gerhard Menzel

All diese sehr positiven Aussichten werden auch Günter Könemann freuen, der 1977 zum Generalintendanten des Badischen Staatstheaters berufen wurde und zu dessen Konzept auch die Initiierung der "Händel-Tage" gehörte. Einen großen "Aufschwung" gab es 1985 zum 300. Geburtstag von Georg Friedrich Händel. Die "Händel-Tage" wurden zu regelrechten "Händel-Festspielen" aufgewertet, es wurde mit den "Deutschen Händel-Solisten" ein eigens für die Festspiele musizierendes Festspielorchester gegründet und die "Händel-Akademie" ins Leben gerufen, die zur Festspielzeit - dank zahlreicher international renommierter Künstler - für eine exzeptionelle Ausbildung des Nachwuchses sorgt.

Im Jahr 1987 wurde die Städtepartnerschaft mit Händels Geburtsstadt Halle an der Saale geschlossen und 1989 die Karlsruher "Händel-Gesellschaft" gegründet, die sich außer um Einführungsvorträge, ergänzende Veranstaltungen und Reisen zu den Händelstätten in Halle, Göttingen und London, auch um den musikalischen Nachwuchs in der Region kümmert. Die besten Leistungen aus dem Wettbewerb der "Jugend-Barockreihe" werden dann jeweils in einem "Preisträgerkonzert" im Rahmen der Festspiele präsentiert, in dem dann oft auch wirklich beachtliche musikalische Leistungen zu hören sind.

Im Mittelpunkt der diesjährigen Händel-Festspiele stand das Thema "Rom", wobei die szenische Aufführung von Händels Oratorium "La Resurrezione" das zentrale Werk des Programms bildete. Als Gastspiel der Bayerischen Theaterakademie August Everding stand daneben auch noch Reinhard Keisers Oper "Fredegunda" auf dem Programm der Festspiele, die sieben Jahre nach "La Resurrezione" an Händels ehemaliger und ersten Opernwirkungsstätte, der Hamburger Gänsemarktoper, zur Aufführung kam.

Die Rezensionen von
"La Resurrezione" und "Fredegunda"

Rezensionen
 "La Resurrezione"
    Foto: Jaqueline Krause-Burberg
Rezensionen
 "Fredegunda"
    Foto: Bayerische Theaterakademie

Bereits ein Jahr vor "La Resurrezione" komponierte Händel sein erstes Oratorium "Il Trionfo del Tempo e del Disinganno", das vom Textdichter Kardinal Benedetto Pamphilij als ein dramatischer Disput über die christliche Bestimmung des Menschen in allegorischer Form angelegt wurde. Dabei wetteifern vier allegorische Figuren - Bellezza (Schönheit), Piacere (Vergnügen), Disinganno (Erkenntnis) und Il Tempo (Zeit) - um ihre Vorzüge in Bezug auf Wahrheit und Trug, ewige Seligkeit und flüchtiges Glück.

Händel komponierte dafür eine schier überschäumend virtuose und farbig instrumentierte Musik, die sowohl den Gesangssolisten, als auch dem Orchester einiges abverlangt. Andreas Spering und die Deutschen Händel-Solisten sorgten für eine rundum gelungene Interpretation von Händels Partitur, wobei das Orchester allerdings längst nicht so transparent und flexibel agierte, wie bei "La Resurrezione" unter der Leitung von Michael Hofstetter.

Bei den Solisten konnten sich vor allem Bernhard Berchtold (Tempo) durch seinen sehr kultiviert eingesetzten Tenor mit wohlklingendem Timbre sowie Ewa Wolak (Disinganno) mit ihrem ausdrucksstarken, dunklen, wie tiefdunkler Samt leuchtenden Altstimme profilieren. Während die für Ina Schlingensiepen eingesprungene Tamara Gura (Piacere) einen weichen und ausgeglichenen Sopran hören ließ, klang die Stimme von Diana Tomsche (Bellezza) doch recht eng mensuriert und klanglich etwas unausgeglichen.

Etwas enttäuschend fiel das Kammerkonzert "Händel und das musikalische Dreigestirn von Rom" aus, in dem die Deutschen Händel-Solisten - Andrea Keller und Gerhard Peters (Violine), Kai Köpp (Viola), Gerhart Darmstadt (Violoncello), Helmut Hofmann (Kontrabass) und Rien Voskuilen (Cembalo) - Kompositionen von Händel und dessen Zeitgenossen Alessandro Scarlatti, Arcangelo Corelli und Bernardo Pasquini präsentierten, die während Händels Aufenthalts in Rom zu den führenden und bedeutendsten Musikern gehörten.

Obwohl erkennbar war, dass alle Beteiligten wussten, was sie dort zusammen spielten, wirkte der Gesamteindruck des Vortrags - auch wenn es sich bei den ausgewählten Werken wirklich nicht um genuin virtuose "Schaustücke" handelte - zu brav und wenig inspirierte. Da hat man von diesem Ensemble doch schon wesentlich engagiertere Interpretationen gehört.

Ordentlich (ab-)gesungen, aber ohne (große) Emotionen transportieren zu können, wirkten die von Berit Barfred Jensen vorgetragen drei Kompositionen Händels für Sopran - "Alpestre monte" (HWV 81), "Dalla guerra amorosa" (HWV 102b) und "Armida abbandonata" (HWV 105) - doch weitgehend blass und leblos. Dabei verfügt Berit Barfred Jensen zwar über eine gute Technik und eine wendige Sopranstimme, die aber zu wenig Tragfähigkeit und Substanz - zumindest für die trockene Akustik des Schauspielhauses - aufwies.

Ein Lichtblick im wahrsten Sinne des Wortes war die Vorführung von Olaf Brühls Film "Händel in Rom". In oft schnell, aber nie hastig geschnittenen Bildern und Sequenzen rollte er einen wesentlichen, aber noch längst nicht erschöpfend bekannten Abschnitt von Händels Leben auf. In zahlreichen Überblendungen von alten Stichen und Bildern auf die heute noch existierenden Bauwerke und Landschaften, die in engstem Zusammenhang mit Händels Aufenthalt in Rom stehen, verschmelzen das Einst und Jetzt zu einer beeindruckenden Filmdokumentation. Sie zeigt Kunstwerke, Paläste und Kirchen, wo Händel diejenigen musikalischen Erfahrungen machte, die seine Künstlerpersönlichkeit erst zur kommenden Reife brachten und ihn für sein weiters Komponistenleben prägten. Beiträge renommierter Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler und Interpreten sowie Aufführungsausschnitte (auch aus dem 1987 in Karlsruhe produzierten "Rodrigo") lassen den Film zu einem informativen und zugleich kulinarischen Erlebnis werden.
Der anwesende Regisseur und Drehbuchautor Olaf Brühl hatte seinen Film selbst vorgestellt und stand anschließend auch für Fragen des Publikums zur Verfügung.

Eines muss allerdings noch zu den diesjährigen Festspielen angemerkt werden. Bei diesen 30. Händel-Festspielen in Karlsruhe gab es erstmals keine einzelnen Programmhefte für die jeweiligen Veranstaltungen, sondern ein zusammenfassendes Programmbuch, das auch einen kleinen Rückblick auf die letzten 30 Jahre enthielt, was ja prinzipiell eine gute Idee ist. Allerdings ist die Qualität der Bindung dermaßen miserabel ausgefallen, dass es schon nach einigen Veranstaltungen in seine Einzelblätter zerfiel. So eine "Sparmaßnahme" ist für ein Festival von dieser Bedeutung wirklich nicht akzeptabel !



FAZIT

Da die Zeichen für die Händel-Festspiele in Karlsruhe im Moment ganz gut stehen, sollten die Verantwortlichen diese Gelegenheit nutzen und mit Energie, guten Ideen und handwerklichem Können die Zukunft der Festspiele gestalten. Mit Göttingen und Halle bildet Karlsruhe jedenfalls vorerst weiterhin das Triumvirat der deutschen Händel-Festspiele.

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Foto: Gerhard Menzel



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