Ausstellungskatalog-Vergrößerung
Konzertkatalog-Vergrößerung32. Tage Alter Musik in Herne
8. - 11. November 2007

Festspielbericht

Von Gerhard Menzel




32. TAGE ALTER MUSIK IN HERNE

Utopie und Klischee
Konzertreihe des WDR Köln


Von allerlei Pfeifen und Saiten
Tasteninstrumente
Musikinstrumenten-Messe der Stadt Herne
vom 9. – 11. November 2007

Von Mozart bis Chopin
Das Fortepiano 1770 – 1850

Symposium der Stadt Herne
in Verbindung mit der Ruhr-Universität Bochum
vom 9. – 10. November 2007

„Utopie und Klischee“ war dieses Jahr wieder einmal so ein Motto, unter das man beliebig viel Musik in eine Konzertreihe fassen kann. Seit die Verantwortlichen beim WDR keinerlei programmatisch fassbare Konzepte mehr zu Stande bringen (und Versuche sich neu zu profilieren kläglich gescheitert sind), erinnern die Programme der ursprünglich thematisch sehr konkret gestalteten Tagen Alter Musik in Herne ebenso an einen „Gemischtwarenladen“, wie die bei so vielen anderen Festspielen auch.

Erfreulich ist jedoch, dass trotz diverser Widrigkeiten der historische und instrumentenbezogene Schwerpunkt der Festspiele immer wieder neue Ein- und Ansichten auf einzelne Instrumente oder Instrumentengruppen liefert. Neben der Musikinstrumenten-Messe der Stadt Herne im Foyer des Kulturzentrums, in der dieses Jahr hauptsächlich Cembali ausgestellt waren, bildete vor allem das von Prof. Dr. Christian Ahrens (Ruhr-Universität Bochum) konzipierte und geleitete Symposium mit dem Titel Von Mozart bis Chopin - Das Fortepiano 1770-1850" den inhaltlichen Schwerpunkt des Festivals. Zwar versammelte sich im Vortragssaal der Volkshochschule Herne wieder nur eine kleine Gruppe Interessierter, aber diese wurden mit reichhaltigen Informationen in Wort und Bild versorgt.  

Das Ziel des Symposiums war, die technische Entwicklung sowie die musikalische Nutzung des Fortepianos zwischen 1770 und 1850 aufzuzeigen, die  keineswegs so gerad­linig verlief, wie oft angenommen wird. Andererseits verschwanden Clavichord und Cembalo durchaus nicht sofort, sondern kamen in diversen „Nischen“ – das Clavichord in der Haus­musik und das Cembalo in der Generalbasspraxis – bis in das erste Drittel des 19. Jahrhunderts hinein weiterhin zum Einsatz.

Einige Eindrücke dazu vermittelten die Vorträge von Dr. Beatrix Darmstädter (Kunsthistorisches Museum Wien): „Die Cymbalisten am Wiener Hof des 18. Jahrhunderts“, Dr. Josef Focht (München): „Clavierspielerinnen im Umkreis der Mannheimer Hofkapelle“ und Prof. Dr. Christian Ahrens (Ruhr-Universität Bochum) „Quellen zur Verwendung von Fortepiano und Clavichord in Deutsch­land bis 1850“.

Über Auswirkungen im Instrumentenbau, der zahllose Sondermodelle und „Neuerfindungen auf den Markt brachte und die zum Teil miteinander in Konkur­renz traten berichteten Prof. Dr. Andreas Beurmann (Hamburg/Hasselburg): „Aufrechte Hammerklaviere und Pianinos“, Prof. Dr. Benjamin Vogel (Universität Lund): „Already a piano but still a harpsichord. Transitional Instruments between harpsichord and fortepiano”, Dr. Michael Latcham (Gemeentemuseum Den Haag): “String lengths in harpsichord and piano making” und Dr. Silke Berdux (Deutsches Museum München): „Überlegungen zum Fagottzug“.

Neben dem Bau von Instrumenten mit ungewohnten und fantasievollen Formen (einen Sonderfall stellte das Pantalon dar) wurde auch mit Vorrich­tungen zur Veränderung von Klang und Lautstärke (die sogenannten Züge" oder Veränderun­gen") experimentiert. Dafür entwickelten die Instrumentenbauer Handzüge, Kniehebel und Pedale, die oft auch miteinander kombiniert wurden. Die meisten Instrumente aus diesem riesigen Reservoir an Innovationen im Klavierbau in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind heute allerdings nicht mehr erhalten.

Ein wesentlicher „Streitpunkt“ war seiner Zeit vor allem die erbitterte Diskussion um die Vorzüge der Deutschen (Wiener) und der Englischen Mechanik. Interessantes und bisweilen auch kurioses zu diesem Thema referierten Michael Günther (Homburg/Main): „Eine spezielle ,Württembergische' Stoßzungenmechanik: ihre Ent­stehung in den Fortepianos der Instrumentenmacher Haug, Seuffert und Warth und ihre Verbreitung nach Wien“, Wolfgang Wenke (Eisenach): „Ein Englisches Tafelklavier von 1775/80“, Jürgen Ammer (Schauenburg-Breitenbach): „Ein Hammerflügel der Gebrüder Gräbner, Dresden 1794: Erfahrungen beim Nachbau und literarische Querverbindungen“ und Dr. Thomas Synofzik (Schumann-Haus Zwickau): „’... der kaum zu erdrücken ist’ - Clara Schumanns Erfahrungen mit Wiener, Englischer und Französischer Mechanik bis 1853“.

Konzertkatalog-Vergrößerung Alle Beiträge werden wieder in einem separaten Symposiumsband erscheinen (wann ist allerdings nicht genau vorherzusagen). Dieses Jahr erschien der Band über das Symposium 2003, das dem Orgelbauer Gottfried Silbermann gewidmet war.


Den Abschluss des Symposiums bildete das Sonderkonzert mit Werken von W. A. Mozart für Klavier zu vier Händen. Diese Veranstaltungen der Stadt Herne, die im Rahmen der Musikinstrumenten-Messe und des Symposiums stattfand, war auch gleichzeitig als Konzert für Kinder und Jugendliche konzipiert, die sich auch zahlreich im Konzertsaal des Kulturzentrums eingefunden hatten. Aber es war nicht nur für diese eine große, Disziplin und Ausdauer abverlangende Herausforderung, sondern auch für die ausführenden Menno van Delft und Yoshi Kazama.

Menno van Delft führte auf sympathische Art und Weise durch das einstündige Programm, in dem sie nacheinander Mozarts Sonate D-dur KV 381 [1772] auf einem Cembalo von Detmar Hungerberg,  die Variationen G-dur, KV 501 [1786] auf einem Clavichord nach Friederici von Geert Karman und die  Sonate F-dur, KV 497 [1786] auf einem von Jürgen Ammer nachgebauten Hammerflügel der Gebrüder Johann Gottfried und Johann Wilhelm Gräbner (Dresden 1794) spielten. Durch ihr einfühlsames und auf das jeweilige Instrument angepasste Spiel demonstrieren Menno van Delft und Yoshi Kazama eindrucksvoll, wie unterschiedlich Mozarts Kompositionen auf dem Cembalo, dem Clavichord und dem Hammerflügel klingen und welchen Reiz  es hat, das eine Stück auf diesem, ein anderes auf dem anderen Instrument zu spielen. Für alle, die sich dieser Konzentrationsübung stellten, dürfte dieses Konzert sehr aufschlussreich gewesen sein.

Die Konzertreihe des WDR


Vorankündigung

Im Jahr 2008 finden die 33. TAGE ALTER MUSIK IN HERNE
vom 13. -
16. November 2008 statt.
Die Themen sind dann:

Öffentlich und privat
Konzertreihe des WDR Köln

Holz- und Blechblasinstrumente
Musikinstrumenten-Messe der Stadt Herne
vom 14. – 16. November 2008

Flöte, Oboe, Klarinette und Fagott
Holzblasinstrumente bis zum Ende des 18. Jahrhunderts

Symposium der Stadt Herne
in Verbindung mit der Ruhr-Universität Bochum
vom 14. – 15. November 2008



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