25 Jahre Wagnerpersiflagen der
"studiobühne bayreuth" im Hoftheater
Von Gerhard Menzel
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Fotos: Studiobühne Bayreuth
Das Programmheft
1982 zunächst als improvisierte Ausweichspielstätte gedacht (zu dieser Zeit besaß die 1980 von Uwe Hoppe gegründete "studiobühne bayreuth" kein eigenes Domizil), hat sich das im Innenhof der traditionsreichen Klavierfabrik Steingraeber & Söhne errichtete "Holzzelt" sofort als ein Publikumsmagnet erwiesen. Als "Hoftheater im Steingraeber-Palais" etablierte es sich daraufhin als offizielle Sommerspielstätte der "studiobühne bayreuth". Seitdem ist das an der barocken Friedrichstraße im Zentrum von Bayreuth gelegene Sommertheater mit seinem 99 Plätze fassenden Zuschauerraum in der Festspielzeit regelmäßig ausverkauft.
Das 25 jährige Jubiläum dieser "alternativen" Festspiele feierte die "studiobühne bayreuth" in diesem Sommer mit der Uraufführung einer neuen Version des "Ring des Nibelungen" vom Hausautor, Regisseur, Schauspieler und Wagnerkenner Uwe Hoppe.
Nachdem am 17. Juli 1982 Hoppes "Der Ring des Liebesjungen" mit großem Erfolg uraufgeführt wurde, folgten im Hoftheater noch neun weitere Wagnerpersiflagen der "studiobühne bayreuth", die Uwe Hoppe geschrieben und inszeniert hatte. Nach dem "Ring des Liebesjungen" in den Jahren 1982-84 und dem "Ring der Niederungen" von 1994-96 gibt es nun eine dritte Adaption von Richard Wagners "Ring" aus der Feder von Uwe Hoppe mit dem Titel "Her den Ring! - Wagners Ring ganz durch".
Ensemble
Das Originalzitat "Her den Ring!" aus Wagners Tetralogie sollte ganz bewusst Assoziationen zu Tolkiens "Herr der Ringe" wecken, der den meisten vor allem durch die grandiose Verfilmung durch Peter Jackson bekannt sein dürfte. Während das Plakat sehr konkret in diesem Stil gestaltet wurde, waren im Stück selber - abgesehen von einigen Namensnennungen - keine wesentlichen Querverweise zu dem berühmten englischen Fantasy-Roman mehr wahrzunehmen. In sofern wurden die dies betreffenden Erwartungen also nicht erfüllt.
Im Wesentlichen wird bei "Her den Ring!" die komplette Ringhandlung von Wagners Tetralogie Szene für Szene nachgespielt, wobei der Ansatzpunkt beim Schluss des Stückes liegt (was zwar auch schon in einigen Ring-Inszenierungen zu sehen war, allerdings auch gut funktioniert). Es beginnt mit dem Ende der Götterdämmerung. Menschen erleben die Katastrophe der untergehenden Welt. Mittendrin wird die "Pausentaste" gedrückt. Sie überlegen, was ist schief gelaufen, dass es überhaupt soweit kommen konnte. An welchem Zeitpunkt hätte man diese Entwicklung verhindern können?
So spielen sie die komplette Handlung noch einmal nach, immer auf der Suche nach dem Grund für das Scheitern der Götter, Menschen und Helden. Nach zweieinhalb Stunden sind sie schließlich wieder an derselben Stelle angekommen. Hatten sie etwas übersehen? Also noch einmal von vorn! In immer schnelleren Zeitraffern wird das Ganze immer wieder von vorn nach hinten gespult
und so suchen sie noch heute nach dem Augenblick, an dem man die Katastrophe hätte verhindern können.
Uwe Hoppe hat hierbei auch Szenen und Personen eingefügt (z.B. die von Alberich vergewaltigte Kriemhild, oder den jungen Hagen), um einiges, was man sonst nie sieht oder verstanden hat, etwas deutlicher zu machen.
Im Gegensatz zu den bisherigen (von mir gesehenen) Wagnerbearbeitungen von Uwe Hoppe, überwiegt dieses Mal allerdings eine desillusionierende und frustrierende Grundstimmung des Stücks. Die vielen komischen und grotesken Szenen sorgen zwar für einen riesigen Kontrast, aber insgesamt hinterlässt der Abend doch einen bitteren, disparaten Eindruck. Zu nah stehen uns inzwischen Macht und Gier, kriegerische Auseinandersetzungen, Terrorismus, Klimakatastrophe und das zur Neige gehen gewisser Bodenschätze.
Dominik Kern als Wotan
Ein regelrechtes Bühnenbild gibt es nicht. Man schaut auf die Balken des Holzgebäudes und wundert sich, dass durch einige Versatzstücke, Requisiten und einige Stoffbahnen ein so intensiv gestaltetes Stück entsteht. Uwe Hoppe hat die über vierzig Rollen wieder perfekt auf sein zwölfköpfiges Ensemble zugeschneidert, aus dem sich neben Dominik Kern als smarten Wotan und Johanna Rönsch (zunächst als verschlagener Loge, später dann als heroische Brünnhilde), vor allem Hartmut Thurner mit vertrottelt-wuseligem bis hinterlistig-gefährlichem Spiel (Mime Hunding Hagen), die sich quirlig bis hysterisch gebärdende Barbara Dörfler (Sieglinde, Waldvogel, Gutrune) und der sportlich akrobatische Arkadij Dell (Siegmund und Siegfried) in Szene setzen konnten.
Wie immer ist im hierzu produzierten Programmheft neben der Besetzungsliste und den Informationen zum Stück auch der komplette Text abgedruckt, der zum genüsslichen Nachlesen einlädt und auch im Nachhinein noch einmal die Bilder an die erlebte Aufführung wachruft.
FAZIT
Diese Produktion von Uwe Hoppe ist wohl die bewegungsintensivste und bewegendste Ring-Adaption der "studiobühne bayreuth", die so mache Inszenierung des Originals in den Schatten stellt.
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