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Herbert von Karajan
Pfingstfestspiele 2007

25. Mai bis 3. Juni 2007

Die Orchesterkonzerte

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Festspielhaus Baden-Baden
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Höchste Orchesterkultur

Von Christoph Wurzel

Christian Thielemann und Michael Gielen sind zwei Dirigentenpersönlichkeiten denkbar unterschiedlichen Charakters. Nicht allein gehören sie zwei verschiedenen Generationen an (obwohl man Gielen die achtzig Jahre nicht anmerkt, die er in diesem Jahr vollendet), sie haben auch erklärtermaßen ein recht unterschiedliches Verständnis von der Kunst des Dirigierens.

"Man darf durchaus den Kopf benutzen" lautet das musikalische Grundgesetz von Michael Gielen. Seine Interpretationen leben von der intellektuellen Durchdringung der geistigen Substanz der Musik. Schon seine Programme scheint er nach der Bedeutungsschwere des Gehalts der Stücke auszuwählen. Auch deren Aussage vor dem Hintergrund der Entwicklung des jeweils musikalisch-künstlerischen Standards bezieht er regelmäßig in seine Interpretationen mit ein. Ihn interessiert die Musik an geistigen Epochenwenden: Beethoven, Mahler und die Schönbergschule sind Fixpunkte, zu denen er immer zurückkehrt - und Bruckner. Richard Strauss dagegen findet sich so gut wie nie in seinen Programmen.

Dies ist ganz anders bei Christian Thielemann. Er pflegt Strauss schon intensiver und hat in das Programm in Baden-Baden ein frühes und ein spätes Werk von Richard Strauss genommen. Erklärtermaßen bedient er "die Schublade des Opulenten, alle Effekte Auskostenden" ganz gern. Unrecht täte man ihm aber, sein Dirigieren auf den reinen Oberflächenglanz zu reduzieren. Glanz zu erzeugen, ist allerdings dennoch sein Metier! Unter Beweis stellte er das mit den Münchner Philharmonikern jetzt wieder in Baden-Baden mit einem Programm der inneren Kontraste, was auch eine kluge Programmdisposition verrät: ein sprühendes Frühwerk und ein abgeklärtes Spätwerk von Strauss sowie das leichte Siegfried-Idyll gepaart mit der glutvollen Tristan-Musik. Diese Mischung erwies sich als Exerzierfeld für die orchestrale Brillanz der Münchner Philharmoniker und den ausgeprägten Sinn für klangliche Opulenz seines Chefdirigenten.

Im Programmheft hatte er aus dem Nähkästchen geplaudert: "Don Juan" wolle er wie Mendelssohn dirigieren, die "Vier letzten Lieder" wie Mozart, das "Siegfried-Idyll" wie ein Kinderlied und den "Tristan" so gleißend wie Weißglut. Es blieb nicht nur bei diesem Versprechen. Das Spiel löste viel mehr ein, als man erwarten durfte: ein Klangzauber ergoss sich aus der Musik, der faszinierte, überwältigte. Von der virtuosen Konzertouvertüre bis zum dramatisch glühenden Liebestod der Isolde spannte sich ein Bogen größter musikalischer Intensität.

Als Solistin war Deborah Voigt angereist, eine große Stimme, die im Wagnergesang momentan sicherlich nur wenig Konkurrenz zu fürchten hat, in den feingliedrigeren Liedern von Strauss aber in vielen Nuancen weniger ausgefeilt sang. Zudem machte sich gerade hier ihre ungenaue Textartikulation wenig positiv bemerkbar.


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Gründerzeitkulisse für Gründerzeitmusik
Foto: Christoph Wurzel

Bruckners Achte hat Gielen bereits mehrfach (u.a. 1991) mit dem SWR Sinfonieorchester eingespielt, aber die Konzertaufführung in diesem Jahr übertraf diese Aufnahmen um Vieles an Intensität und innerer Spannung. Hinzukommt dass für die ältere Plattenaufnahme die Mischfassung von Robert Haas (1939) gewählt worden war, während im Konzert in Baden-Baden nun Bruckners Erstfassung erklang, die längste der drei existierenden Varianten mit fast 1870 Takten. Ein Brocken für Orchester und Publikum und eine enorme geistige Herausforderung für den Dirigenten.

Aber er hieße nicht Gielen, wenn er die monumentale Architektur dieser Musik nicht vollkommen durchdrungen und in eine überzeugende Interpretation gefasst hätte. Mehr noch: den geistigen Gehalt dieser Sinfonie, welchen erfassen zu können immerhin ein Hermann Levi sich 1887 außerstande erklärt hatte, förderte Gielen auf beeindruckende Weise aus dem Dickicht der komplexen Strukturen zu Tage. Wie eine Todesverkündigung mutet das innere Programm dieser Musik an: Passagen von schmerzlicher Dramatik wechseln mit versunken kontemplativen Teilen, ein feierlicher Grundton ist der ganzen Sinfonie zu eigen. All dies verwirklichte das SWR Sinfonieorchester mit größtem Engagement in gewohnter Professionalität. Wenn Musik spirituelle Kraft besitzt, dann war sie hier zu spüren.

Fazit:
Orchesterkunst ganz unterschiedlicher Art, aber gleichen, überragenden Formats.

Weitere Berichte:

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Festspielhaus Baden-Baden
Foto: Christoph Wurzel


Die Programme

31.Mai 2007
Münchner Philharmoniker
Leitung: Christian Thielemann
Deborah Voigt, Sopran

Richard Strauss
"Don Juan"
Tondichtung für Orchester Op. 20
"Vier letzte Lieder"

Richard Wagner
Siegfried-Idyll
Vorspiel und Liebestod
aus "Tristan und Isolde"


2. Juni 2007
SWR Sinfonieorchester
Baden-Baden und Freiburg
Leitung: Michael Gielen

Anton Bruckner
Sinfonie Nr. 8 c-Moll



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