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Bunter Bilderreigen mit UnterhaltungswertVon Christoph Wurzel / Foto von Andrea Kremper
Philippe Arlaud ist ein Spezialist für farbenfrohe Bühnenbilder. So hat er für Verdis musikalische Komödie auch seiner Phantasie freien Lauf gelassen. Herausgekommen ist ein Feuerwerk an bunten Bildern, quicklebendigen Szenenarrangements und überraschenden Bühneneffekten. Das mag passend erscheinen für Verdis komische, letzte Oper, die George Bernard Shaw als "belangloses Marionettentheater" abqualifizierte. In der Tat, alle sind irgendwie Strippenzieher und Gezogene zugleich. Ein rasantes Wechselspiel von Narren und genarrt Werden schnurrt auf der Bühne ab, ermöglicht durch ein raffiniert ausgeklügeltes System von Videoprojektionen auf einer halbrunden rückwärtigen Leinwand. Mehr braucht es an Requisiten kaum, außer einem Doppelbett (Ziel von Falstaffs Sehnsucht), ein paar Kisten und Kästen (Ausdruck seiner Erbärmlichkeit), einem Geldkoffer (Symbol seiner Gier), einem Hirschgeweih (Zeichen des Spotts) und natürlich einem Waschkorb (Mittel zum Zweck seiner Blamage). Diese Projektionen verändern die Szene blitzschnell und tragen so zu dem enormen Tempo dieser Inszenierung bei: so rasch wie sich die Lage ändert, so rasch switcht das Bühnenbild zur nächsten Situation.
Die Komik allerdings, die Arlaud inszeniert hat, kommt stellenweise doch dem Klamauk verdächtigt nahe. Drastische, bisweilen derbe Situationskomik in den Ensembles, z.B. bei Falstaffs Dienerpaar oder bei Dr. Cajus, zieht zwar die Lacher auf ihre Seite, lässt aber dem tieferen Sinn nur wenig Raum oder, wie in der Feenszene, dem Poetischen. Die Darsteller vermögen allerdings ihren Figuren manchen ironischen Zug abzugewinnen. Als geborene Komödianten erscheinen vor allem Ambrogio Maestri in der Titelrolle und die glänzende Jane Henschel als Mrs. Quickly. Veronique Gens ist ein charmant selbstbewusster und verschmitzt intelligenter Gegenpol zum aufgeblasenen dicken Ritter. Gesungen wird in allen Rollen vorzüglich. Michael Volle ist ein blendender Ford und das junge Paar, Maria Bengtsson als Nannetta und Raúl Hernández als Fenton, steht an Stimmqualität nicht zurück.
Alice Ford`s Schlafzimmer:
Auch ein paar Anspielungen auf die heimliche Konkurrenz zwischen Verdi und Wagner hat Arlaud untergebracht: wie die Rheintöchter erscheint Falstaff als schwimmender Sänger und im Finale prangt zur Schlussfuge ("Alles auf der Welt ist Posse") eine mächtige Weltesche im Bühnenrund. Aber weitergeführt wird diese Idee dann nicht - verschenkte Gelegenheiten. Das Bad in der Themse: Ensemble
Der subtile Witz kommt daher meist aus dem Orchestergraben, wo Thomas Hengelbrock ein hervorragend einstudiertes Balthasar-Neumann-Ensemble zu temperamentvollem Spiel animiert. Verdi auf Originalklanginstrumenten: dies hatten dieselben Beteiligten schon vor 3 Jahren an gleicher Stelle im "Rigoletto" mit so großem Erfolg probiert. Auch den geistreich gefügten Motiven der "Falstaff"-Partitur tut diese Entschlackungskur gut. Ein fein durchleuchteter Orchesterklang war zu hören, mit Verve gespielt und klangschön intoniert. Ganz neue Klangfarben wurden Verdis Musik abgewonnen: leichtere, hellere und klarere als man sie üblicherweise zu hören bekommt. An diesem Ort war die Komödie auf ihrem höchsten Niveau.
Scherz, Ironie und wenig tiefere Bedeutung. Dafür aber brillant gespielte Musik. Weitere Berichte:Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
ProduktionsteamMusikalische LeitungThomas Hengelbrock
Inszenierung,
Kostüme
Video-Design
Musikalische Assistenz
Solisten
Sir John Falstaff
Ford
Fenton
Dr. Cajus
Bardolfo
Pistola
Mrs Alice Ford
Nannetta
Mrs. Quickly
Mrs. Meg Page
Akrobaten
Danilo Marder
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- Fine -