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Bayreuther-Festspiele 2006

25. Juli - 28. August 2006


Von Gerhard Menzel

Wie jedes Jahr bildete die Eröffnung der Bayreuther Festspiele ein großes gesellschaftliches Ereignis. Der Einzug der Gäste auf dem roten Teppich ist das von vielen erwartete Schaulaufen der Prominenz und derer, die dazu gezählt werden oder sich selbst hinzuzählen.

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Festspielhaus

Da auch bei einer Neuinszenierung des "Ring" die Festspiele nicht mit dem "Rheingold" eröffnet werden, wurde dieses Jahr dem "fliegende Holländer" diese Ehre zu Teil, der in der Inszenierung von Claus Guth nun zum letzten Mal auf dem Spielplan der Bayreuther Festspiele stand.

Während es um die Inszenierung von Claus Guth wirklich schade ist (in den ganzen vier Aufführungsjahren gab es keine adäquate, sängerisch den Ansprüchen genügende Besetzung), werden die meisten froh sein, dass dieses Schicksal im nächsten Jahr auch den "Parsifal" in der Inszenierung von Christoph Schlingensief ereilt.

Foto Pause

Von Christoph Marthalers "Tristan und Isolde"-Inszenierung kann man sich 2007 erholen, obwohl die Produktion mit einer herrausragenden Sängerbesetzung dieses Jahr - vor allem dank Peter Schneider - musikalisch ein sehr hohes Niveau erreichen konnte. Dafür gibt es 2007 (und gleichzeitig letzen Mal) ein Wiedersehen mit dem farbenprächtigen und sehr tableauhaft gestalteten "Tannhäuser" in der Inszenierung und den Bühnenbildern von Philippe Arlaud. Die musikalische Leitung wird dann der damit bei den Festspielen debütierende Fabio Luisi übernehmen (Chefdirigent des MDR-Sinfonieorchesters Leipzig, der Wiener Symphoniker, GMD der Sächsischen Staatsoper Dresden und ab 2007 auch Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden).

"Der Ring des Nibelungen", der in diesem Jahr in der Neuinszenierung von Tankred Dorst im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit stand, wird 2007 unter dem Dirigat von Christian Thielemann ins zweite Aufführungsjahr gehen. Tankred Dorst kann dann hoffentlich die Bühnenbilder von Frank Philipp Schlößmann und die Sänger in den Kostümen von Bernd Ernst Skodzig lebendiger und überzeugender mit Leben füllen, sodass man dann am Ende der Götterdämmerung auch das Gefühl haben kann, etwas Besonderes und Bewegendes erlebt zu haben.

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Festspielhaus

Nachdem sich die Diskussionen um die Person Wolfgang Wagners zunächst beruhigt haben, sollte sich die Festspielleitung auch einmal Gedanken darüber machen, ob nicht wieder handwerklich geschulte und mit Wagner und Operninszenierungen bestens vertraute Regisseure sich der Werke annehmen sollten, auch wenn es sicherlich mehr Aufmerksamkeit erregt, wenn man etwa mitteilt, dass die nächste Inszenierung ein taubstummer Ureinwohner aus Nordsibirien übernehmen werde, der noch nie mit der europäischen Kultur in Berührung gekommen und daher ohne "Vorbelastung" ist.

Vom Fach und handwerklich sicherlich eine Bank für die Zukunft dürfte dagegen Katharina Wagner sein, die - abgesehen von Cosima Wagner - die erste Frau sein wird, die auf dem Grünen Hügel eine Inszenierung vorstellt. Mit den "Meistersingern von Nürnberg" hat die Wagner-Urenkelin für ihr Debüt allerdings gleich einen der ganz großen Brocken zu bewältigen. Sowohl ihre Bayreuth- und Meistersinger-Erfahrungen, als auch die ersten unter ihrer Verantwortung stehenden Produktionen wie "Der fliegende Holländer" (Würzburg 2002) und "Lohengrin" (Budapest 2003), werden ihr - zusammen mit einem sicherlich motivierten und verantwortungsbewussten Team - gewiss helfen, diese "Feuer- und Wasserprobe" auf dem Hügel zu bestehen. Mit dabei sind Bühnenbildner Tilo Steffens, Michaela Barth (Kostüme), der Lichtdesigner Andreas Grüter und Dramaturg Robert Sollich. Die Musikalische Leitung übernimmt Sebastian Weigle (seit September 2004 Chefdirigent des Gran Teatre del Liceu in Barcelona). Freilich sollte der übergroße "Druck", der mit dieser Produktion einhergeht, möglichst behutsam und bedacht abgefangen werden, um die produktiven Kräfte nicht unnötig zu lähmen. Dafür viel Erfolg !

Inszenierungen von Katharina Wagner im OMM
"Der fliegende Holländer" (Würzburg 2002)
"Lohengrin" (Budapest 2003)



Foto Evangelisches Gemeindehaus

Einführungsvorträge
Wer nicht nur darauf aus war, sich inhaltlich auf die jeweilige Festspielaufführung vorzubereiten, wie sie der Konzertpianist Detlev Eisinger bei seinen alljährilichen Einführungsvorträgen im Balkonsaal der Stadthalle anbietet, sondern sich intensiver mit der Musik Wagners und deren Beziehungen zu Werken anderer Komponisten informieren wollte, fand sich bei Stefan Mickischs Einführungsvorträgen im Großen Saal des Evangelischen Gemeindehauses ein. An zwei spielfreien Abenden lud Stefan Mickisch zusätzlich noch zu einem ganz besonderen Gesprächskonzert ein, das sich den "Tonarten und Sternzeichen" widmete. Wer diese höchst interessanten Veranstaltungen allerdings verpasst hat, kann sich zumindest den Live-Mitschnitt dieses Programms vom Musikfestival in Lockenhaus auf CD anhören.

Stefan Mickisch: "Tonarten und Sternzeichen"


Foto

Markgräfliches Opernhaus

Sonderausstellungen
Passend zur Neuinszenierung des "Ring des Nibelungen" gab es im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth eine Sonderausstellung mit dem Titel "Der Ring - Die Szene als Modell", die die 130-jährige Geschichte von Wagners in Bayreuth uraufgeführten Zyklus sehr plastisch und eindrucksvoll dokumentierte. Eine zweite Sonderausstellung "Mein lieber Schwan - Wege und Motive zu Wagner" widmet sich Henning von Gierke und seiner Auseinandersetzung mit dem Werk Richard Wagners und ist noch bis Ende November 2006 im Richard-Wagner-Museum (Haus Wahnfried) zu sehen.

Zwei Ausstellungen zu den Bayreuther Festspielen 2006
"Der Ring - Die Szene als Modell" und
"Mein lieber Schwan" - Wege und Motive zu Wagner


Foto Wirtschaftswissenschaftliches Gymnasium

Festival junger Künstler Bayreuth
"Mein lieber Schwan!" lautete auch das Motto einer Veranstaltung, die das Festival junger Künstler Bayreuth in sein Programm aufgenommen hatte. In der Reihe "Bayreuther Wagner Lektionen" präsentierte Claus J. Frankl hier "Richard Wagner in Parodie und Anekdoten". Frankl stammt aus Bayreuth, studierte Musiktheater- und Opernregie an der Folkwang-Hochschule Essen und arbeitet seit 1984 als Schauspieler, Dramaturg, Autor und als Regisseur (aktuell: Regieassistenz beim diesjährigen "Tristan"). Bei diesem, von ihm konzipierten Kuriositäten-Abend im Europasaal (Aula) des Wirtschaftswissenschaftlichen Gymnasiums, konnte er alle seine Talente ins beste Licht setzen. Dabei weiß er nicht nur ungeheuer viel über Wagner, sondern er kann sein Wissen auch über gut zwei Stunden mit Begeisterung und Leidenschaft dem Publikum vermitteln, ohne dass es jemals langweilig oder zu theoretisch würde. Hier war das Zuhören auf Anekdoten, Witze und Geschichten über den großen "Meister", der im wirklichen Leben nur eine Größe von 1,68 Metern aufwies, eine reine Freude!

Schon das Leben Wagners hatte kurioses an sich, der zur Inspiration ungeheueren Luxus benötigte, wie zum Beispiel Satinhosen, zwei Dutzend Morgenmäntel und sogar den richtigen Zwieback. Aber auch seine Werke und Texte wie "Garstig glatter glitschriger Glimmer! Wie gleit' ich aus! Mit Händen und Füssen nicht fasse noch halt' ich das schlecke Geschlüpfer!" boten und bieten immer wieder den Nährboden für kreatives Gestalten. Schon immer forderten außergewöhnliche Werke zu Bewunderung und Ablehnung heraus, die in beiderlei Fällen auch zu mehr oder weniger gelungenen Parodien anregten. Was die Ausmaße betrifft, ist auch hier Richard Wagner einzigartig. Schon zu Lebzeiten Wagners hatten daher diverse Parodien Hochkonjunktur.

So präsentierte Claus J. Frankl neben dem Couplet des Siegfried aus der burlesken Operette in drei Akten "Die lustigen Nibelungen" (1904) von Oscar Straus, das er selbst mit Hingabe vortrug, zwei Arien aus der wohl berühmtesten Wagner-Parodie "Tannhäuser oder der Keilerei auf der Wartburg, eine Zukunftsposse mit vergangener Musik und gegenwärtigen Gruppierungen in 3 Akten" von Carl Binder (1857), zu der kein Geringerer als Johann Nestroy den Text lieferte. Nicola Becht (Sopran) wurde dabei von Helene Frucht am Klavier begleitet. Daneben standen noch zwei Wesendonck- und zwei Siegfried-Wagner-Lieder auf dem Programm, das vom Publikum mit großer Freude goutiert und mit verdientem Beifall bedacht wurde. Claus J. Frankl ermöglichte es dem Auditorium sogar, später sagen zu können, einmal in Bayreuth gesungen zu haben. Wagners Auftragskomposition "Gruß seiner Treuen an Friedrich August den Geliebten bei Seiner Rückkunft aus England den 9. August 1844" ist ebenfalls eine Kuriosität und Frankl animierte das Publikum, hierbei den Refrain mitzusingen.

Aus seiner Zeit am Metropol-Theater Berlin resultierend, beendete eine Collage von Claus J. Frankl zu Sentas Ballade aus dem "Fliegenden Holländer" den heiteren und sehr informativen Abend. Hier schlichen sich in das Original immer wieder Schlager und Hits ein, wie "Nimm mich mit Kapitän auf die Reise", "Eine Seefahrt die ist lustig" oder "Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern". Eine tolle Veranstaltung!

Foto Festival junger Künstler Bayreuth
http://www.das-treffen.de/



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