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Glückliches Göttingen
Von Gerhard Menzel
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Fotos von Dorothea Heise
Während die Händel-Festspiele in Karlsruhe und Halle in diesem Jahr unter Inszenierungen von Peer Boysen zu leiden hatten (Almira in Karlsruhe und Rodelinda in Halle), konnte Göttingen mit einer inspirierten, einfallsreichen und unterhaltsamen Inszenierung von Händels "Festoper" Atalanta aufwarten - übrigens Händels "Hochzeitsgeschenk" für seine "Lieblingsschülerin" Prinzessin Anna.
Susanne Rydén (Meleagro) und
Ganz aus dem Geist barocker Aufführungspraxis heraus, transferierte Regisseurin Catherine Turocy - die in Göttingen bereits 1999 Arianna in Creta und 2002 Alcina in Szene gesetzt hatte - wissenschaftlich mehr oder weniger erschlossene Erkenntnisse in lebendige und theaterwirksame Gesten und Bewegungsabläufe. Michael Slattery (Aminta) und Emma Curtis (Irene).
Catherine Turocy, künstlerische Leiterin und Mitbegründerin der New York Baroque Dance Company, integrierte dabei nicht nur die vier Tänzerinnen bzw. Tänzer dieses Spezialensembles geschickt in das Geschehen ein, sondern auch den von Ralf Popken bestens einstudierten Opernkammerchor Hannover. Auf die vollen Kosten dieser sehr detailfreudigen Inszenierung kam aber wohl nur, wer sich ein wenig mit barocker Gestik auskennt. Eigentlich müsste eine kurze Einführung in diese Art der "Schauspielkunst" unablässiger Bestandteil jeder Werkeinführung zu einer derartigen Operninszenierung sein. Ansätze davon wurden zwar geboten, sollten allerdings noch weiter ausgebaut werden. Vor allem müssten diese Veranstaltungen auch dort stattfinden, an denen das Publikum auch uneingeschränkte Sicht auf den oder die Ausführenden hat (nicht so wie im - ansonsten sehr anschaulichen - Dia-Vortrag "Historische Schauspielkunst und barockes Musiktheater" von Carsten Niemann in der Paulinerkirche).
Atalanta (Dominique Labelle)
Für das optisch bis ins kleinste Detail abgestimmte Erscheinungsbild dieser Produktion waren Bonnie Kruger (Kostüme), Scott Blake (Bühnenbild) und Pierre Dupouey (Beleuchtung) verantwortlich. Für Begeisterung sorgte zudem eine riesige Wildsau, der fliegende Merkur und ein - ebenfalls im Libretto gefordertes - funkensprühendes Feuerwerk als Krönung dieses "Hochzeitsspektakels". Fröhliches Jägerleben.
Fast spektakulär waren auch die beiden Hauptpartien besetzt. Susanne Rydén als Meleagro war bestens disponiert und glänzte sowohl in stimmlicher, als auch darstellerischer Hinsicht in jeder Beziehung. Dominique Labelle gestaltete die Titelpartie der Atalanta etwas distinguiert und immer ganz "prima donna". Mercurio (William Berger) als froher Bote.
Emma Curtis als Irene besitzt zwar eine außerordentlich imposante Statur und in der Tiefe eine ausgeprägt mächtige Altstimme, die aber nicht ebenmäßig in die Höhe geführt wird. Diese stimmlichen Defizite überspielte sie jedoch durch ihr intensives und mitreißendes Spiel, vor allem zusammen mit Festival-Debütant Michael Slattery als ihr Geliebter Aminta. Der leicht ansprechende und flexibel geführte Tenor von Michael Slattery und sein überragendes darstellerisches Potential waren einfach unvergleichlich und seine Mimik schier Zwerchfell erschütternd. Die beiden Bässe Philip Cutlip (Nicandro) und William Berger (Mercurio) komplettierten das fast ideale Atalanta-Ensemble. Das festliche Feuerwerk zum krönenden Abschluß.
Nicholas McGegan sorgte mit dem zum "Musical America's 2004 Ensemble of the year" gekürten Philharmonia Baroque Orchestra aus dem Orchestergraben heraus für ordentlichen Schwung und kontrastreich gestaltete instrumentale Stimmungen.
Diese Opernproduktion war wieder einmal ein Höhepunkt der Göttinger Händel-Festspielen 2005 und - zusammen mit dem Amadigi in Bad Lauchstädt - im Jahr 2005 die gelungenste Opernproduktion aller drei Händel-Festspiele in Deutschland. Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
ProduktionsteamMusikalische LeitungNicholas McGegan
Regie
Bühne
Kostüme
Beleuchtung
Solisten
Atalanta
Meleagro
Irene
Aminta
Nicandro
Mercurio
Nicholas McGegan www.nicholasmcgegan.com/ |
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