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25.
Aschaffenburger Gitarrentage
5. bis 19. Februar 2005

Aschaffenburger Gitarrentage
(Homepage)

Festival der Gitarre feiert sein 25. Jubliäum

Von Ingo Negwer

Ein Vierteljahrhundert ist vergangen, seit Siegfried Hogenmüller erstmals international renommierte Gitarristen in das unterfränkischen Aschaffenburg zu einem Festival einlud. 1983 übernahm das Kulturamt der Stadt die Federfühung der "Gitarrentage", die sich in den folgenden Jahren zu einem viel beacheten Kulturveranstaltung entwickelten. Bemerkens- und lobenswert ist dabei die Tatsache, dass man nicht einfach nur auf die Stars der Szene "schielte", sondern insbesondere den aufstrebenden Virtuosen der jüngeren Generation ein Konzertpodium bot. So waren bereits in den 1980-er Jahren Alvaro Pierri, Manuel Barrueco, Robert Aussel oder David Russel zu Gast in Aschaffenburg. Letzterer gehört seither zu den festen Größen der "Gitarrentage" und leistete auch im diesjährige Jubiläumfestival sowohl mit einem Meisterkurs als auch mit einem Solokonzert seinen Beitrag.

Dass man in Aschaffenburg neben der "klassischen" Gitarre auch stets die anderen stilistischen Facetten dieses vielseitigen Instruments Beachtung schenkt, zeigte in diesem Jahr u.a. das Konzert mit dem Jazzgitarristen Ferenc Snétberger. Der gitarristische Nachwuchs der städtischen Musikschule kam in Gestalt eines Workshopkonzerts mit Helmut Oesterreich auf seine Kosten. Die weiteren Konzerte bestritten im Stadttheater Pablo Márquez, die Katona Twins und Aniello Desiderio.

David Russel demonstrierte mit seinem Soloprogramm das große Spektrum seiner stilistischen Kompetenz, angefangen bei der französischen Lautenmusik des Barock über romantische Virtuosen- und Charakterstücke bis hin zur spanischen Gitarrenmusik des 20. Jahrhunderts. Von Jaques de Saint Luc (1616-1663) spielte Russel eine 8-sätzige Suite, deren delikate Vornehmheit er in mannigfaltigen Klangfarben darzubieten wusste. Dabei gelang es ihm, den Tanzcharakter der einzelnen Sätze plastisch hervorzuheben. Napoléon Costes "Introduction et Polonaise" nutzte Russel zur Demonstration seiner brillanten Spieltechnik, die dem hochvirtuosen Werk kaum Angriffsflächen bot. Der erste Teil des Konzerts endete mit vier Kompositionen von Regino Sainz de la Maza, in denen Elemente der spanischen Folklore den Ton angaben. Nach der Pause entführte David Russel sein Publikum in die entlegenen Gefilde der norwegischen Klaviermusik Edvard Griegs (Sieben lyrische Stücke), ehe er sich mit Sergio Assads "Eli's Portrait" (erstmals in Europa aufgeführt) und "Valseana" wieder der originalen Gitarrenmusik zuwandte. Mit Seguidilla, Tango und Guarija von Emilio Pujol setzte Russel den Schlusspunkt unter ein sehr abwechslungsreiches, gewohnt souverän dargebotenes Programm. David Russel bedankte sich für den begeisterten Applaus mit einer aussergewöhnlichen Zugabe und demonstrierte auf humorvolle Weise Haltungsprobleme beim Gitarrespielen und ihre möglichen Lösungsansätze. Nun wissen wir, dass man mit der altgedienten Gitarrenfußbank auch eine Bierflasche öffnen kann...

Der argentinische Gitarrist Pablo Márquez lebt schon seit vielen Jahren in Europa. Neben seiner regen Konzerttätigkeit ist er Professor am Conservatoire de Région Strasbourg. Dennoch blieb er seiner Heimat stets eng verbunden, was sich in Aschaffenburg auch in seinem Soloprogramm äußerte, das gänzlich der Musik aus Argentinien gewidmet war. Im ersten Teil erklangen Originalkompositionen und Arrangements aus Salta, Márquez' Heimatprovinz im argentinischen Nordwesten. Die Werke von Gustavo Kantor, Eduardo Falú, Enrique Uriburu, José Sutti u.v.a. gründen fest auf den Wurzeln der lateinamerikanischen Folkore. Traditionelle Tänze wie zamba, chacarera oder vidala bilden die Basis der Musik, die Pablo Márquez mit rhythmischem Elan und emphatischem Spiel mitreißend zur Geltung brachte. Darüber hinaus ließ er auch Raum für lyrische Zwischentöne, beispielsweise in der mit sensibler Kantilene gestalteten zamba "Carta a Peridiguero" von Dino Saluzzi. Im Mittelpunkt des zweiten Teils standen Werke der beiden bedeutendsten argentinischen Komponisten des 20. Jahrhunderts: die "Cinco Piezas" von Astor Piazolla und die späte Sonata op. 47 von Alberto Ginastera - beides übrigens die einzigen originalen Gitarrenkompositionen ihrer Schöpfer. Insbesondere in Ginasteras höchst anspruchsvoller Sonata konnte Márquez durch seine exzellente Virtuosität, gepaart mit einer außergewöhnlichen expressiven Intensität beeindrucken.

Schon mehrfach zu Gast bei den "Aschaffenburger Gitarrentagen" war auch Aniello Desiderio. Nach 1996 gab er beim diesjährigen Festival zum zweiten Mal ein Solo-Recital im Stadttheater. Auf dem Programm stand auschließlich spanische Gitarrenmusik: zu Beginn drei Arrangements von Werken Isaac Albéniz' (Asturias, Cadiz und Sevilla), gefolgt von Joaquín Rodrigos "Fue un tiempo Italica famosa" und Emilio Pujols Tonadilla, Tango und Guarijo. Mit der virtuosen Komposition "Tandras" von Paco de Lucia stellte Desiderio unter Beweis, dass er auch auf dem Gebiet des Flamenco ein fachkundiger Interpret ist. Vor allem aber beeindruckte er durch eine stupende technische Perfektion und eine wahre Fülle an Klangfarben. Sein durchweg edler Gitarrenton ist zudem zu einer enormen dynamischen Spannweite fähig, so dass man nicht recht nachvollziehen konnte, warum die Veranstalter gerade bei diesem Konzert auf eine zusätzliche Verstärkung zurückgriffen. Dies führte zumindest von meinem Sitzplatz aus zu einigen akustischen Irritationen, die allerdings den hervorragenden Gesamteindruck des Abends nicht nachhaltig trüben konnten. Desiderio kostet die Freiheiten aus, die ihm die makellose Beherrschung seines Instruments bietet, treibt rubati und Vibrato bisweilen ins Extrem (Albéniz) und entlockt manchem Stück so seinen hintergründigen Humor, etwa Pujols Tango oder Carlo Domeniconis "Homage a Jimi Hendrix". Rodrigos berühmte Hommage an Manuel de Falla (Invocazion y Danza) gestaltete er als gleichsam exstatische Steigerung. Weitere Stationen dieses an Höhepunkten reichen Konzertabends waren de Fallas "Omagio a Debussy", Joaquín Turinas "Omagio a Tárrega" und als fulminanter virtuoser Schlusspunkt Mario Castelnuovo-Tedescos "Omagio a Paganini". Das Publikum feierte Aniello Desiderio anschließend mit langen Ovationen.

Leider war es mir nicht möglich, alle Konzerte zu besuchen, doch bestätigte das Gesehene und Gehörte den erstklassigen Ruf, den sich die "Aschaffenburger Gitarrentage" in den zurückliegenden 25 Jahren erworben haben. Man kann Werner Wunderlich und seinem Team vom Kulturamt nur beglückwünschen und für das nächste Vierteljahrhundert alles Gute wünschen!

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Da capo al Fine

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