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Requiem

Hector Berlioz:
Grande Messe des Mortes op.5


Aufführungsdauer: ca. 1h 45' (keine Pause)

Jahrhunderthalle Bochum, 7. Juli 2004

Logo: RUHRtriennale

Musikalischer Weltuntergang

Von Stefan Schmöe


Kurz vor Beginn des Konzertes verdunkelte sich der Himmel, und die nachfolgenden Regengüsse setzten sintflutartig den Parkplatz an der Jahrhunderthalle derart unter Wasser, das ich später regelrecht zu meinem Fahrzeug waten musste. Dabei hätte die Grande Messe des Mortes op.5 von Hector Berlioz solchen Beistandes gar nicht bedurft, denn der Komponist hat in dieser Totenmesse genügend musikalische Mittel bereitgestellt, um den Weltuntergang adäquat zu beschreiben. Blechbläsergruppen aus allen vier Himmelrichtungen bescheren dem Hörer eine Quattrophonie, die zwangsläufig an ihre physikalischen Grenzen stoßen muss: Die Zeitverzögerung des Schalls durch die weit voneinander entfernt stehenden Gruppen führt dazu, dass man bestenfalls innerhalb eines engen Bereiches alles zum rechten Zeitpunkt hört.

Auf diesen eher vordergründigen Effekt kam es Sylvain Cambreling am Pult des vorzüglichen SWR Rundfunkorchesters Baden-Baden und Freiburg aber ohnehin kaum an, wie Cambreling überhaupt alle Effekthascherei ebenso vermeidet wie jedes unkultivierte Forte. Die exzellenten Blechbläser spielen jede noch so laute Stelle stets weich und mit Bedacht auf den Gesamtklang, verzichten auf jede schneidende Einfärbung, sondern behalten auch an den extremen Stellen eine warme Klangfarbe. Cambreling behandelt das Orchester wie eine riesige Orgel, behandelt einzelne Orchestergruppen wie Register und Mixturen – allerdings mit einer fein ausgehörten Binnendynamik, die jedem einzelnen Ton sein Eigenleben verschafft. Nicht die einzelne melodische Phrase (so schön sie auch sein mag), sondern die flächige, raffiniert instrumentierte Struktur bildet Cambreling heraus, an vielen Stellen mit einem Minimum an Vibrato und oft in zurückgenommener Lautstärke.

Es ist ein Wagnis, dieses bis auf eine verhältnismäßig kleine Solopartie vom Chor getragene Riesenwerk mit einem Chor aus Amateursängern zu besetzen; von kleinen Schwächen in den sehr leisen Passagen und leichten Ermüdungserscheinungen der Tenöre gegen Ende der Aufführung abgesehen leisteten das Chorwerk Ruhr (Einstud.: Robin Gritton) sowie die aus Spanien angereisten Chöre Orfeón Donostiarra de San Sebastian (Einstud.: José Antonio Sáinz) und Orfeón Pamplonés (Einstud.: Alfonso Huarte) Großartiges. Der Verzicht auf solistisch ausgebildete Sänger, wie man sie oft in den Opern- und Rundfunkchören (heraus-)hört, führt auch im Chor zu einem vibratoarmen, flächigen – und hier sehr homogenen - Klang, warm leuchtend in den Frauenstimmen und auf den unangestrengten Bässen ruhend.

Gegen Ende der ansonsten hochklassigen Aufführung schlichen sich leider leichte Konzentrationsschwächen ein, so bei den nicht mehr ganz präzisen Einsätzen der Holzbläser im Agnus Dei - vor allem aber der (kurzfristig für den erkrankten Piotr Beczala eingesprungene)Tenor Daniil Shtoda aber trübte mit seiner (zum Glück nicht sehr umfangreichen) Solopartie den Gesamteindruck. Mit einer kräftigen und schön baritonal eingefärbten, etwas zum „Knödeln“ neigenden Stimme, aber auch mit allerlei tenoralen Unarten wie Nachdrücken oder Verzögern der Spitzentöne ausgestattet, fiel Shtoda durch derart unsensible Gestaltung, aus dem musikalischen Konzept Cambrelings heraus. Da half es auch nicht, betroffen die Hand aufs Herz zu legen – denn genau dieses Pathos hat Cambreling ansonsten mit Erfolg vermieden. Und gerade dieser Verzicht auf den opernhaften Gestus macht das viel zu selten zu hörende Werk zum Ereignis.

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Programm:


Hector Berlioz:
Grande Messe des Mortes
op.5 (Requiem)

Daniil Shtoda, Tenor

Orfeón Donostiarra
de San Sebastian

(Einstud.: José Antonio Sáinz)

Orfeón Pamplonés
(Einstud.: Alfonso Huarte)

Chorwerk Ruhr
(Einstud.: Robin Gritton)

Sinfonieorchester des SWR
Baden-Baden und Freiburg

Leitung: Sylvain Cambreling







Weitere Informationen
erhalten Sie von der
RuhrTriennale
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