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Musikfestspiele
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Rodelinda
Dramma per musica in drei Akten
Text von Nicola Francesco Haym nach Antonio Salvi
Musik von Georg Friedrich Händel
In italienischer Sprache

Premiere am 8. Juni 2000
in der Stadthalle Göttingen
Besuchte Aufführung: 11. Juni 2000


Göttinger Händel Festspiele

Unglaublich, aber wahr !

Von Gerhard Menzel / Fotos von Kaspar Seiffert



Szenenfoto Grimoaldo (Ian Parton) versucht, seiner "ehemaligen" Geliebten Eduige (Ewa Wolak) klar zu machen, dass er jetzt nur noch Rodelinda liebt.

Eigentlich stand das Produktionsteam vor einem unlösbaren Problem: eine Oper in der Göttinger Stadthalle in Szene zu setzen, zudem Händels Rodelinda, die Oper, mit der vor 80 Jahren in Göttingen die Händel-Renaissance eingeleitet wurde. Zwar haben die ausgiebigen Renovierungsarbeiten der Stadthalle sehr gut getan, aber ein Aufführungsort für eine Oper? Und das, wo doch seit einem Jahrzehnt so viel Wert auf möglichst barocke (szenische) Aufführungspraxis gelegt wurde.

Auf diese Idee kam man, um der zu erwartenden größeren Kartennachfrage von Besuchern der EXPO in Hannover entsprechen zu können. Das für Barockopern ideale Deutsche Theater wäre dafür viel zu klein gewesen.

Szenenfoto (Andrew Foster) macht sich an Eduige (Ewa Wolak) heran und bietet ihr an, für sie die erlittene Schmach an Grimoaldo zu rächen. Sie lehnt aber ab und da sie selbst sich an ihm Rache nehmen will.

Regisseur Igor Folwill und sein Bühnenbildner Manfred Kaderk hatten nach eingehender Besichtigung der Stadthalle eine geniale Idee: die Seitenwände des Saales wurden detailgetreu verlängert und umschlossen bogenförmig das Konzertpodium. Integrierte Türöffnungen, dezente Goldstreifen und ein schmaler Spalt auf der Rückseite des Spielraumes, der sich durch den nach hinten leicht ansteigenden, goldfarbenen "Bühnenboden" hindurch zog, sich vergrößerte und durch den von einem breiten Laufsteg umrahmten Orchesterraum bis in das Parkett führte, boten einen attraktiven und interessanten Spielraum. Nur wenige Requisiten, für die Personen charakteristische Kostüme (Andreas Meyer und Wolfgang Scharfenberger) und eine ausgefeilte Lichtregie (Peter Sandvoß) genügten vollauf, um die verschiedenen Schauplätze anzudeuten. Damit war das größte Problem dieses Unternehmens auf sprichwörtlich einmalige Art und Weise gelöst! Alles andere war dann die Aufgabe der Personenführung.

Szenenfoto Unulfo (Cécile van de Sant) hält Bertarido (Robin Blaze) davon ab, sich Grimoaldo gegenüber zu erkennen zu geben. Alle halten ihn für tot und so soll es vorerst auch bleiben.

Igor Folwill präsentierte sich mit dieser Inszenierung als ein Meister seines Fachs. Die Personen zogen, sobald sie die Bühne betraten, sofort alles Interesse auf sich. Ihre Gebärdensprache, die Blicke, die Gänge, alles war so ausgefeilt und hatte so große Spannung, dass sie das Publikum nicht mehr aus ihrem Bann ließen. Die einzelnen Szenen bauten fast nahtlos aufeinander auf und machten die unterschiedlichen Beweggründe der handelnden Figuren deutlich. Da bewährte sich die sorgfältige Auswahl der Protagonisten.

Szenenfoto An seinem eigenen Grabmahl beklagt Bertarido (Robin Blaze) sein Schicksal. Durch die (scheinbare) Untreue seiner Frau Rodelinda ist alles dahin.

Die beiden Hauptpartien waren mit Dominique Labelle (Rodelinda) und Robin Blaze (Bertarido) mehr als zufriedenstellend besetzt, und obwohl beide innerhalb von sechs Tagen dreimal diese Partien zu bewältigen hatten, absolvierten sie während der Festspiele noch zusätzliche Konzertauftritte (Robin Blaze sprang - dankenswerter Weise - kurzfristig auch für Andreas Scholl in der zweiten Aufführung des Messiah ein). Sie eine gestandene Dame, die den schlimmsten Machenschaften des Tyrannen Grimoaldo (Ian Parton) standhaft trotz und treu zu ihrem Gatten steht, er ein in der Tat jugendlicher Held, der vom Schicksal gebeutelt alles wagt, um seine Gattin und ihr gemeinsames Kind aus den Händen des Barbaren zu befreien. Beide überzeugten sowohl stimmlich, wieauch darstellerisch.

Szenenfoto Als sich die Treue seiner Frau Rodelinda (Dominique Labelle) herausgestellt hat, fallen sie sich glücklich in die Arme und hoffen auf ein gutes Ende, doch Grimoaldo kommt dazwischen und lässt Bertarido in den Kerker werfen.

Um sie herum wirkten ebenfalls glänzend disponierte Sängerdarsteller. Ewa Wolak als Eduige konnte ihren hervorragenden Eindruck, den sie als Leonora in Alessandro Scarlattis "komischer" Oper Der Triumph der Ehre bei den Karlsruher Händel-Festspielen 1999 und 2000 hinterließ, in beeindruckender Weise bestätigen. Auch Cécile van de Sant (Unulfo) und Andrew Foster (Garibaldo) sicherten das künstlerisch hohe Niveau der Aufführung. In der "stummen", aber abendfüllenden Rolle des Sohnes Flavio alternierten Arne Kolb und Fabian Lindhorst.

Szenenfoto Nach Bertaridos Flucht, zu der ihm Unulfo verholfen hat, rettet er seinem Widersacher Grimoaldo das Leben, indem er den Mordversuch Garibaldos vereitelt und diesen tötet. Daraufhin erkennt Garibaldo sein Unrecht und gibt Bertarido, Rodelinda und ihrem Sohn Flavio die Herrschaft über Mailand zurück, während er sich reumütig mit Eduige nach Pavia zurückziehen will.

Der Garant für die hohe musikalische Qualität der Produktion war Festspielleiter Nicholas McGegan. Diese Rodelinda bestach durch eine differenzierte und ungeheuer lebendige Interpretation von Händels Musik. Mit dem Orchester Concerto Köln stand ihm auch eines der besten "Barock-" und Opernorchester zur Verfügung, das in dieser Rodelinda vor allem die lyrischen Dimensionen des Werkes genussvoll gestaltete.


FAZIT
Ein Glücksfall für die Händel-Festspiele in Göttingen 2000. Aber, diese szenische Lösung war in der Tat einmalig! Das Problem, 'wie kann man in der Stadthalle Opern inszenieren', bleibt weiterhin bestehen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Nicholas McGegan

Inszenierung
Igor Folwill

Bühnenbild
Manfred Kaderk

Kostüme
Andreas Meyer
Wolfgang Scharfenberger

Beleuchtung
Peter Sandvoß



Concerto Köln


Solisten

Rodelinda
Dominique Labelle

Bertarido
Robin Blaze

Grimoaldo
Ian Parton

Eduige
Ewa Wolak

Unulfo
Cécile van de Sant

Garibaldo
Andrew Foster

Flavio
Arne Kolb / Fabian Lindhorst


Weitere Informationen
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(Homepage)




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