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Der Ring - Die Szene als Modell 
"Mein lieber Schwan" - Wege und Motive zu Wagner

Zwei Ausstellungen zu den Bayreuther Festspielen 2006

Von Gerhard Menzel / Fotos von Gudrun Föttinger



Der Ring - Die Szene als Modell 

Die erste der beiden Sonderausstellungen, Der 'Ring' - Die Szene als Modell wurde von den Bayreuther Festspielen und dem Richard-Wagner-Museum in Zusammenarbeit mit der Schloss- und Gartenverwaltung Bayreuth-Eremitage sowie mit Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland und der Bayerischen HypoVereinsbank während der diesjährigen Festspielzeit im Markgräflichen Opernhaus veranstaltet. Sie war in vielerlei Hinsicht bemerkenswert und bescherte den Besuchern zudem eine kunsthistorische Sensation!

FotoDas Markgräfliche Opernhaus Bayreuth

Es ist nunmehr 130 Jahre her, dass Richard Wagner mit dem erstmals in Bayreuth komplett aufgeführten Ring-Zyklus zum ersten Mal seine eigenen Festspiele in dem speziell hierfür errichteten Festspielhaus veranstaltete. In diesem Jahr erlebte nun die Neuinszenierung der Tetralogie durch Tankred Dorst auf der Bühne des Festspielhauses seine Premiere. Zusammen mit dem zeitgleichen Abschluss der in den vergangenen vier Jahren bewerkstelligten Restaurierungsarbeiten der Bühnenbildmodellsammlung des Richard-Wagner-Museums, konnten diese Exponate endlich wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Neben Skizzen, Entwürfen, Figurinen und Requisiten bildeten diese Bühnenbildmodelle nun den eindrucksvollsten Teil der Sonderausstellungen, Der 'Ring' - Die Szene als Modell.

FotoDie kolorierten Vergrößerungen der "Ring"-Visionen von Joseph Hoffmann (1831-1904)

Den Anfang der Ausstellung bildete allerdings eine schon spektakuläre kunsthistorische Sensation! Die bis vor kurzem als verschollen verzeichneten farbigen, in Öl ausgeführten Originale des Wiener Landschaftsmalers Joseph Hoffmann (1831-1904), die zwar als Schwarz-Weiß-Fotografien publiziert worden waren und als Wagners szenische Visionen des "Ring" zu Ikonen der Wagner-Aufführungsgeschichte avancierten,  konnten ausfindig gemacht, für das Richard-Wagner-Museum erworben und nun erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden. Es handelt sich dabei um 14 farbige Ölskizzen im Format von ungefähr 20 mal 30 Zentimetern sowie um fünf kolorierte Vergrößerungen. Hoffmann entwarf sie im Stil von Mythen- und Historiengemälden, malte aber nicht nur die Kulissen der einzelnen Akte, sondern auch Schlüsselszenen mit den dort handelnden Personen, inklusive Lichtwechseln, Gewittern, Regenbogen und Visionen am Horizont. Damit ist erst jetzt eine Vorstellung von der beabsichtigten Farbgestaltung des Uraufführungs-Rings möglich! Auch diese Skizzen und Entwürfen sind als farbige Abbildungen in dem auch dadurch unbedingt empfehlenswerten Ausstellungskatalog enthalten.

FotoRestaurierte Bühnenbildmodelle
des Richard-Wagner-Museums


Da  Joseph Hoffmann aber über keine entsprechende Werkstatt und nicht die technische Erfahrung verfügte, seine Entwürfe praktisch umzusetzen, engagierte Wagner schließlich die Coburger Brüder Max und Gotthold Brückner als Bühnenbauer. Zusammen mit den ausgestellten Kostüm-Figurinen von Carl Emil Doepler (1876) sowie von Hans Thomas und Arpad Schmidhammer (1896), gaben ihre Bühnenbildentwürfe eine Vorstellung von dem, wie der erste Bayreuther Ring dann endgültig ausgesehen hatte. Die Präsentation einer digital erstellten Animation des ersten Bildes aus dem Rheingold („In den Tiefen des Rheins“) vermittelte einen Einblick in die damals technisch bewerkstelligte Umsetzung dieser Entwürfe. Dass Wagner über den ersten Bayreuther „Ring“ vor 130 Jahren allerdings gar nicht glücklich war, lag zum einen an seinen eigenen Ansprüchen und zum anderen auch an der noch nicht weit genug entwickelten Technik (vor der Erfindung der Elektrizität konnten beispielsweise beim „Rheingold“ die geplanten Projektionen mit Laterna-Magica-Effekten hinter Gazeschleiern nicht verwirklicht werden).

FotoNeben weiteren Bühnenbildmodellen aus allen Epochen der Bayreuther Festspiele - von der spätromantischen Gründerzeitheroik über das Nazi-Pathos bis zur abstrahierenden Nachkriegsernüchterung bei Wieland Wagner, zum Jubiläums-„Ring“ 1976 von Patrice Chéreau und den folgenden Auseinandersetzungen von  Peter Hall, Harry Kupfer, Alfred Kirchner bis zu Jürgen Flimm im Jahr 2000 - bereicherten originale Bühnenbildteile, Kostüme und Requisiten, von denen viele hier erstmals präsentiert wurden, diese umfangreiche und mit viel Liebe konzipierten Ausstellung. Zusätzlich versorgte ein zur Verfügung gestellter „Audio-Guide“ die Besucher mit ausführlicheren Informationen über das Werden und den Wandel der Bilder und die jeweiligen zeitgeschichtlichen, ästhetischen und politischen Hintergründe im Laufe der Jahre.

Das Zentrum der Ausstellung befand sich schließlich genau an dem Ort in Bayreuth, der Richard Wagner seinerzeit bewog, diese Stadt als „seine“ Festspielstadt zu küren: die Bühne des Markgräflichen Opernhauses. Sie repräsentiert gleichsam den Beginn der Realisierung von Richard Wagners Festspiel-Idee. Hier fand auch an seinem 59. Geburtstag (22. Mai 1872) die Feier zur Grundsteinlegung des Festspielhauses statt, bei der er die 9. Symphonie von Ludwig van Beethoven dirigierte.

FotoDer „Ring“ der Bühnenbildmodelle auf der
Bühne des Markgräflichen Opernhauses


Um die kreisförmig aufgestellten Kostüme des Wotan im Wandel der Inszenierungen in der Mitte der Bühne, präsentierte sich das große Rund, der „Ring“ der Bühnenbildmodelle. Jeweils ein Modell und einige Fotos aus den Inszenierungen - bei den neueren Produktionen durch Filmausschnitte bereichert (Monitore)  – wurden von kurzen Texten ergänzt, die  wesentliche Informationen über die jeweiligen Inszenierungszyklen zusammenfassten.

Der im Deutschen Kunstverlag und mit Unterstützung der Oberfrankenstiftung sowie dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege begleitend zur Ausstellung erschienene Katalog ist nicht nur zur Nachbereitung vorzüglich geeignet, sondern auch ohne die Live-Besichtigung als historisch wertvolle Dokumentation eine „Pflichtlektüre“ für alle an diesem Thema Interessierten.



 
Henning von Gierke
"Mein lieber Schwan..." – Wege und Motive zu Wagner


Die zweite Sonderausstellung, die das Richard-Wagner-Museum im Haus Wahnfried noch bis Ende November 2006 zeigt, widmet sich Henning von Gierke und dessen Auseinandersetzung mit dem Werk Richard Wagners, das unter dem Motto „Wege und Motive zu Wagner“ in vier Räumen in Szene gesetzt ist.

Foto1. Ausstellungsraum
Motiv-Bilder von Henning von Gierke

Wie auch in der bildenden Kunst, geht es in den Musikdramen Richard Wagners ebenfalls immer wieder um das Erkennen der eigentlichen Identität, die durch den „Spiegel“ des Kunstwerks zum Vorschein kommen kann und in denen wir uns durch das ästhetische Erleben der Bilder seiner Dramen, selbst erkennen können.

Die Magie dieses besonderen Augen-Blicks steht auch im Zentrum der Werke des Malers Henning von Gierke, der seine Bilder seit 1968 der Öffentlichkeit präsentiert (neben Deutschland auch in Frankreich, der Schweiz, in Spanien und den USA). Er versteht es,  aus einer vermeintlich alltäglichen Erscheinung oder Landschaft, die Poesie des besonderen Moments sichtbar zu machen und ihm die Aura der Sinnlichkeit als höchsten Ausdruck menschlichen Empfindungsvermögens zu geben. Beispiele dafür sind zunächst die  Motiv-Bilder zu Beginn der Ausstellung bzw. im Ausstellungskatalog).

Foto2. Ausstellungsraum
 
Die "archäologische Ausgrabungsstätte"
mit Motiven aus Wagners Werk-Kosmos


Der 1947 in Karlsruhe geboren Maler arbeitete zunächst als Bühnenbildner für das Schauspiel und als Filmausstatter, bei der die Zusammenarbeit mit Werner Herzog eine ganz besondere Rolle spielte ("Herz aus Glas", "Strozek", "Woyzek", "Nosferatu" und "Fitzcarraldo").

Von Gierkes erste Arbeit für das Musiktheater war 1984 das Bühnenbild und die Kostüme zu "Doktor Faust" von Ferruccio Busoni am Teatro Comunale in Bologna. Bereits 1987 folgte dann unter der Regie von Werner Herzog die für Aufsehen sorgende Produktion des - durch seinen poetischen Realismus geprägten - vom Publikum überwiegend geliebten "Lohengrin" bei den Bayreuther Festspielen.

Die nächste Wagner-Produktion war dann 1990 "Der Fliegende Holländer" am Bayerischen Nationaltheater in München, bei dem er neben dem Bühnenbild auch für die Inszenierung verantwortlich zeichnete. 2001-2003 realisierte von Gierke dann in Tokio Wagners "Ring des Nibelungen", dem 2002 auch noch der "Parsifal" folgte.

Foto3. Ausstellungsraum
Konzepte und Entwürfe zu
den Inszenierungen von
"Der fliegende Holländer"
und "Lohengrin"



Die Ausstellung im Haus Wahnfried zeigt in vier inszenierten „Erlebnisräumen“ die intensive Auseinandersetzung des Malers Henning von Gierke mit diesen sieben Werken Wagners und präsentierte in Zeichnungen, Skizzen, Konzepten, Modellen und Filmdokumenten den Weg von der Idee zur Realisierung einer szenischen Vision auf der Bühne.

Hierzu gehören auch ca. 60 Bühnenbildentwürfe, Figurinen und Requisitenzeichnungen zur Bayreuther "Lohengrin"-Produktion von 1987, die 1990 vom Sammler und Mäzen Dr. Karl G. Schmidt für die SchmidtBank erworben und 2005 vom Resba-Geschäftsführer Dr. Paul Wieandt dem Richard-Wagner-Museum als Schenkung übergeben wurden

Foto3. Ausstellungsraum
Konzepte und Entwürfe
zu "Parsifal"



Die Ausstellungsräume

1. Ausstellungsraum
Bildwelten des Malers aus der heraus von Gierke dem Werk Wagners begegnet.

2. Ausstellungsraum
Eine Art archäologische Ausgrabungsstätte, bei der die Motive aus Wagners Werk-Kosmos aus der Tiefe ihres historischen und literaturgeschichtlichen Ursprungs ergründend ans Tageslicht der ästhetischen Wahrnehmung gehoben werden.

3. Ausstellungsraum
Aus der Begegnung der Motive Wagners mit der inneren Bilderwelt des Künstlers entsteht der konzeptionelle Beginn einer Inszenierung. Das Konzept wird anschließend aus der Hand seines Urhebers in die Verantwortung jener Vielzahl von Menschen gegeben, durch deren gemeinsame Arbeit das eigentliche Theaterkunstwerk entsteht.


Foto4. Ausstellungsraum




4. Ausstellungsraum
Dokumente der kreativen Arbeit als bleibende Gegenstände der Anschauung als Museumsexponate. Entwürfe, Skizzen und Figurinen sowie schließlich das bewegte Abbild der Inszenierung im Filmdokument.






All diese Dokumente erlauben als wertvolle Relikte die Erinnerung an einen kreativ schaffenden Geist. Sie sind in dem exzellenten Katalog (bis auf das Filmdokument) in vorbildlicher Weise für das papierne Medium aufbereitet worden und auch als eigenständige Dokumentation ein ästhetischer Genuss.
 

Weitere OMM-Berichte über die
Bayreuther Festspiele 2006


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Bilder


Der Ring - Die Szene als Modell


Die Szene als Modell : die Bühnenbildmodelle des Richard-Wagner-Museums und der "Ring des Nibelungen" in Bayreuth ; 1876 - 2000 / [Landesstelle für die Nichtstaatlichen Museen in Bayern]. Mit Beitr. von Peter Axer .... - München ; Berlin : Dt. Kunstverl., 2006. - 171 S. : zahlr. Ill. ; 24 cm
(Bayerische Museen ; Bd. 30)
ISBN 978-3-422-06648-9 kart. : EUR 20.00
ISBN 3-422-06648-9 kart. : EUR 20.00

Weitere Informationen unter:
www.kunstbuecher-online.de/




Bilder

"Mein lieber Schwan" - Wege und
Motive zu Wagner

Katalog zur  SONDERAUSSTELLUNG
"Wege und Motive zu Wagner"
im Richard-Wagner-Museum Bayreuth
14.Juli - 30. November 2006

Henning von Gierke, mein lieber Schwan : Motive und Wege zu Wagner / Richard-Wagner-Museum, Haus Wahnfried Bayreuth. Hrsg. von Jürgen Walter Müller. - Nürnberg : Verl. für Moderne Kunst, 2006. - 99 S. : zahlr. Ill. ; 28 cm
Ausstellungskatalog
ISBN 978-3-938821-85-5 kart. : EUR 20.00
ISBN 3-938821-85-X kart. : EUR 20.00

Weitere Informationen unter:
www.henningvongierke.de/

http://wagnermuseum.de/


Weitere OMM-Berichte über die
Bayreuther Festspiele 2006



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