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Jedem Ring sein Buch?

Als Bildband entscheidet die Veröffentlichung zum Münsteraner Ring diese Frage für sich

Von Meike Nordmeyer
Oktober 2001



Es ist zu bezweifeln, ob nun jede der durchaus zahlreichen komplettierten Ring-Aufführungen, die anläßlich der Jahrtausendwende landauf-landab fertig gestellt wurden, wirklich mit einer Buchveröffentlichung abgeschlossen werden muss. Das Ereignis dieser großen Live-Situation einer Ring-Aufführung einzufangen, bleibt unmöglich, eine Annäherung schwierig, ein allein bemühter Versuch daher nicht immer angebracht. Ein Buch, das umfassend rückblicken möchte, stößt da schnell an die Grenzen der zweidimensionalen bildlichen Darstellungsmöglichkeit und erliegt zudem häufig einem Erklärungszwang in den Texten. Das verständliche Bedürfnis, der Vergänglichkeit einer Inszenierung etwas entgegenzusetzen, rechtfertigt da nicht gleich jedes Buchprojekt.

Der Band zum Münsteraner Ring zerstreut diese Skepzis jedoch souverän und unmittelbar beim ersten Durchblättern, denn er bietet hochwertige Bildarbeit und allein schon deswegen möchte man das Buch nicht missen. Die erfolgreiche, vielgelobte Inszenierung von Peter Beat Wyrsch mit ihren abstrakten, visionär ausgestalteten Bühnenbildern von Roland Aeschlimann konnte von Theaterfotograf Michael Hörnschemeyer meisterhaft eingefangen werden. Farb- und Schwarz-weiß-Bilder werden gezeigt, die von hoher atmosphärischer Dichte sind, und damit viel von der Szenerie zu erzählen vermögen. Die Sänger werden zudem hervorragend in ihren Rollen potraitiert. Bild für Bild erschließt sich ein Bühnenerlebnis. Entstanden ist damit ein wertvoller Bildband der Bühnenfotografie. Den Fotos wird im Buch ihrer Bedeutung entsprechend der meiste Raum gewährt, sie finden sich von der schlichten Gestaltung des Bandes bestens eingerahmt. Der Name des Fotografen hätte allerdings mit einem Untertitel des Buches eigens Erwähnung finden sollen oder hätte wenigstens im Inhaltsverzeichnis angegeben werden müssen. Der kleine Vermerk des Namens am Bucheingang und die Aufführung in der Besetzungliste im Anhang wird der Bedeutung seiner Fotos für dieses Buch nicht gerecht.

Ergänzend zu Hörnschemeyers Bildern der Aufführungen wird jedes Kapitel zu den verschiedenen Ring-Abenden von Fotos der jeweiligen Bühnenmodelle eingeleitet. Diese Fotos erstellte Bühnenbildner Aeschlimann. Eine zunächst abgebildete Zeichnung zeigt jeweils die geometrische Grundfigur, die jedem Abend zugrundegelegt wurde und die im Laufe der Auführungsserie freilich immer komplexer wurde. Die Fotos der Bühnemodelle verdeutlichen darauf schlicht aber eindrücklich, wie aus der Grundfigur für jeden Abend eine eigene wirkungsvolle und variable Architektonik entwickelt werden konnte. Die Bilder gewähren so direkten Einblick in die Denkwerkstatt eines Inszenierungteams. Der Prozess der Strukturierung und Durchformung erschließt sich hier über den optischen Eindruck unmittelbar und erspart so allzu bemühte verbale Nacherzählungsversuche. Hier macht das Buch als hervorragend aufbereitetes Bilder-Buch Sinn. Es vermag mehr als Erinnerungsstück zu sein, denn es gelingt eine Bündelung in der Rückschau, die weit über die einzelne Bühnenerfahrung der Abende hinausgeht. So leistungsfähig kann eine Buchergänzung zur Inszenierung sein.

Weniger überzeugend ist dagegen die Ergänzung der Abbildungen durch die Skizzen zur Kostümgestaltung von Renate Schmitzer. Wohlgemeint ist da die Absicht, eine Vielzahl an Materialien zur Ansicht anzubieten. Der große Bogen der Bühnen-Bilder wird aber doch erheblich gestört durch das Einfügen der Skizzen. Die Zeichnungen hätten wenn überhaupt seperat im Anhang gebracht werden sollen.

Die Texte können zu diesem anspruchsvollem Bilderreigen indess fast nur noch Beiwerk sein. So bleiben sie denn auch recht unverbunden zum Bildmaterial stehen. Die höchst schlichte, eigentlich recht strenge Gestaltung des Buches ist optisch gelungen, tut der Präsentation der Bilder gut, umgeht aber im Textteil das Problem der Unübersichtlichkeit nicht. Beim Durchblättern entsteht schnell Unsicherheit, in welchem Beitrag und welchem Textabschnitt man sich gerade befinde.

Eingeleitet wird der Band natürlich von den nötigen Gruß- und Dankesworten. Hier fällt eine gewisse inhaltliche Wiederholung in den Texten allerdings auf. Einen übergeordneter Lektor, der die Texte daraufhin durchsah, gab es möglicherweise nicht. So auch der ausführliche Text von Dramaturg André Meyer, der erhellend, wenngleich nicht spektakulär vom Ring allgemein und ein wenig auch von der Münsteraner Produktion spricht und dabei doch etwas redundant geraten ist.

Das Buch beschließen fünf wissenschaftliche Texte zum Thema "Wagner und die Stadt Münster". Interessante Beiträge finden sich hier, wenngleich die reichen Beobachtungen und Rechercheergebnisse doch sprachlich etwas gewinnender hätten präsentiert werden dürfen. Warum die weiteren Informationen, die die aktuelle Münsteraner Ring-Produktion betreffen, wie der Pressespiegel und die ausführliche Besetzungsliste mit Probenfotos, auseinander gerissen werden, um die wissenschaftlichen Beiträge einzurahmen, das ist nicht ganz klar. Hier erscheint die Reihenfolge und die Zusammenstellung der Texte doch etwas willkürlich.

Die Worte dieses Bandes bleiben eben nur Ergänzung zu den erstklassigen Fotos von Hörnschemeyer und den erhellenden Bildern der Bühnenmodelle, für die sich die Anschaffung des Buches umbedingt lohnt - auch für die Opernfans, die bisher keine Vorstellung des Münsteraner Rings besucht haben. Sie werden es sich dann wohl anders überlegen, und sich schnell um Karten bemühen. Besondere Liebhaber der Fotokunst werden diesen Band ebenfalls zu schätzen wissen, auch ganz ohne Opernbesuch.




Cover


Im Auftrag der Städtischen Bühnen Münster
hrsg. von Klaus Hortschansky und Berthold Warnecke:
Der Ring des Nibelungen in Münster. Der Zyklus von 1999 bis 2001.
agenda Verlag, Münster 2001.
262 Seiten.
Hardcover, DM 59,80
ISBN 3-89688-102-7
Paperback, DM 39,80
ISBN 3-89688-103-5



Unsere Rezensionen
zu den Ring-Aufführungen in Münster



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