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Matthew Borne
Swan Lake Nutcraker!
Ballett mit Event-Charakter
Von Stefan Schmöe
Die DVD-Einspielung von Matthew Bournes eigenwilliger Ballett-Fassung der Carmen, sehr frei nach Bizet unter dem wortspielerischen Titel The Car Man choreographiert, ist jüngst auf dem deutschen Markt erschienen (unsere Rezension). Wer noch nach einem passenden Geschenk für Leute sucht, die zwar Ballett grundsätzlich mögen, sich aber beim endlosen Spitzentanz irgendwann zu langweilen beginnen, dem seien an dieser Stelle Bournes Choreographien von Schwanensee (von 1995 / Video-Fassung 1996) und Nussknacker (2002/2003) ans Herz gelegt. Beide Klassiker werden hier poppig bis schrill in einer Comic-Ästhetik gezeigt, die allen Staub, der sich gerne gerade über diese Stücke legt, kräftig aufwirbelt. Bourne erzählt mit seiner Londoner Compagnie Adventures in Motion Pictures (bzw. deren Nachfolgerin New Adventures) beide Stücke in einer sehr englischen Weise. Nutcracker! spielt in einem englischen Internat, dessen strenge Atmosphäre im krassen Gegensatz zur knallbunten Traumwelt der Zuckerfee steht; Swan Lake spielt auf das britische Königshaus an, wobei der Thronfolger sich auf (homoerotische) Abwege begibt, anstatt das Hofzeremoniell zu befolgen. Die Besetzung der Schwände durchweg mit Männern hat angesichts der üblichen Rezeption etwas Provokatives, ist aber keineswegs tuntenhaft. In ihrem Kern bleiben die Choreographien, schaut man nach dem ersten Überraschungseffekt genauer hin, dem Original recht nahe. Mit einer unverbrauchten Sehweise, die nicht zuletzt auf ein junges, theaterunerfahrenes Publikum abzielt, möchte Bourne Geschichten erzählen, die handfester sind als die ursprünglichen Stories der Handlungsballette. Er sucht klare Bilder und erzählt in einer pantomimischen Weise, die sich bewusst von der klassischen Ästhetik weg begibt. Da macht es auch nichts, dass die Tänzer den technischen Standard der etablierten großen Compagnien nicht ganz erreichen, denn darauf kommt es nicht an. Man darf darin keine programmatische Erneuerung des Balletts suchen, aber eine interessante und teilweise sehr amüsante Alternative sind Bournes Fassungen in jedem Fall. Die ordentlichen musikalischen Interpretationen durch das New London Orchestra unter der Leitung von David Lloyd-Jones (Schwanensee) bzw. das Royal Philharmonic Concert Orchestra, dirigiert von Brett Morris (Nussknacker) spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Ein paar Einschränkungen seien noch genannt: Die DVDs sind keine Mitschnitte von Live-Aufführungen, sondern Studio-Fassungen speziell für die Video-Aufnahme. Das wirkt an vielen Stellen arg gekünstelt und ist gewöhnungsbedürftig. Ärgerlich ist auch, dass den DVDs viel zu wenig Informationen über die Künstler beigegeben sind. Etwas mehr editorische Sorgfalt hätte Bourne schon verdient. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Matthew Bourne Swan Lake (Schwanensee)
Ballett von Matthew Bourne
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