Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage CDs
Oper & Musiktheater
Zur Homepage Zur Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum






Die rote Fahne weht


Nono macht es dem Rezipienten seiner Musik nicht leicht. Da steht auf der einen Seite einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, dessen Musik zur ergreifendsten und radikalsten gehört, die die Musikgeschichte überhaupt gehört hat, und da steht auf der anderen Seite der glühende Kommunist, der in beinahe allen Werken einen anklagenden Zeigefinger erhebt. Aber das ist ja so häufig die Crux, eine blendende, traumhaft große Musik, die, weil entweder politisch motiviert oder politisch benutzt, Magengrimmen jenseits der musikalischen Ergriffenheit verursachen kann.

Al gran sole carico d´amore, explizit keine Oper, sondern „Bewusstseinstheater“, stellt ein solch problematisches Stück dar und muss sich kritische Fragen schon gefallen lassen, wenn es nicht als bloßes Zeitdokument gehandelt werden will. Die Herausgeber der CD wissen um diese Problemtaik, und so findet sich im Booklet eine kurze, aber sehr sachliche Erörterung der Fragen.

Inhalt des Werkes sind geschichtliche Referenzpunkte gescheiteter Revolutionen.So wird die Pariser Commune von 1871 geschilder,t und das Jahr 1905 findet ebenso Eingang wie die Geschehnisse in Kuba in den 50er Jahren. Das Libretto ist keines im eigentlichen Sinn, es handelt sich vielmehr um eine Collage, die Text-Fragmente von Marx, Brecht, Lenin oder Che Guevara bis Fidel Castro beinhaltet.

Doch da ist eben diese intime Musik, dargeboten und vorzüglich eingespielt vom Staatsorchester Stuttgart unter Lothar Zagrosek. Strengste serielle Schreibweise verbunden mit grenzenloser Expressivität noch in den feinsten Details. Wie kein zweiter Komponist erzeugt Nono eine unerhörte Dichte. Auch in Al gran sol ist Nonos typischer, cantabler Stil der Stimmbehandlung zu beobachten, gemischt mit wundervollen Orchesterfarben. Die Musik wirkt ganz und gar nicht lehrmeisternd. Die Qualität der Musik ist unbestritten und die Aufnahme wird dem vollkommen gerecht. Sehr fein und sensibel ist das Klangergebnis, auch bei den heftigsten Ausbrüchen hält sich das Ensemble, fast etwas distanziert, vornehm zurück. Nonos Musik bedarf nicht der üblichen Orchester-Effekte. Nicht genug zu loben ist der Staatsopernchor Stuttgart, der immer wieder durch Ausgeglichenheit der einzelnen Stimmen und mit faszinierender Beweglichkeit, schwierigste Partituren meistert, so auch hier. In nichts zurück stehen die Solisten, allen voran Claudia Barainsky, die jedem Register eine anschmiegsame und besondere Farbe verleiht, ohne jemals aufgesetzt zu wirken.

Die CD unterstreicht die absolute Ausnahmestellung Nonos in der Musik des 20. Jahrhunderts. Das Stück bedarf unbedingt der Reflexion, zu „genießen“ ist es nicht – soll es auch nicht sein. Teldec hat mit der Aufnahme von Al gran sole ein wichtiges Zeugnis geliefert.


Von Gordon Kampe





Cover

Luigi Nono:
Al gran sole carico d´amore
Azione scenica in 2 tempi

Sopran: Claudia Barainsky
La madre: Lani Poulson
Thiers: Roderic Keating
Pavel: Markus Marquardt
Soldato: Urs Winter
u.a.

Staatsopernchor Stuttgart
Staatsorchester Stuttgart

Leitung: Lothar Zagrosek

Teldec 8573-81059-2




Da capo al Fine

Zur Homepage Zur Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum

© 2001 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: cds@omm.de

- Fine -