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Oper & Musiktheater
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Alceste
Singspiel in fünf Akten
Text von Christoph Martin Wieland (1733 - 1813)
Musik von Anton Schweitzer (1735 - 1787)


Programmatisches Singspiel mit Stolperstellen

Von Stefan Schmöe


Als Christoph Martin Wieland 1773 das Textbuch zu Alceste entwarf, schwebte ihm nichts Geringeres vor als die Geburt des deutschen Singspiels: Der Dominanz Metastasios als zentraler Gestalt der internationalen Opernszene sollte ein deutschsprachiges Libretto entgegengesetzt werden, dass mindestens ebenbürtig sei. Goethe hatte für das Resultat allerdings nur Spott übrig, und auch Mozart hielt den Entwurf nur für mittelmäßig. Dem Erfolg der Oper, zu der Anton Schweitzer, Kapellmeister einer Opernkompagnie, die Musik schrieb, tat solche später geübte Kritik keinen Abbruch: Alceste wurde nach der Weimarer Uraufführung in etlichen Theatern nachgespielt. Wieland war ein Jahr zuvor als Prinzenerzieher an den Weimarer Hof gekommen und war eine der überragenden Gestalten im Geistesleben seiner Zeit; der solide arbeitende, aber keineswegs geniale Schweitzer war ihm nicht unbedingt ein gleichwertiger Partner in reformatorischen Bestrebungen. So liegt das historische Interesse an dieser Oper sicher eher auf der Entwicklung eines Librettos als in der Musik.

Aus heutiger Sicht fällt vor allem das Ungleichgewicht aus tragischem antiken Stoff und der stark kammerspielartigen Form auf: Nur vier Personen agieren (selbst der Chor spielt praktisch keine Rolle), und die dramatische Aktion ist auf ein Minimum reduziert. Nur selten treffen die Protagonisten direkt aufeinander, statt dessen vollzieht sich die Handlung in endlosen hölzernen Rezitativen. Misslungen ist vor allem das Finale (Alceste, die sich gemäß einem Orakelspruch für die Heilung ihres kranken Gatten Admet geopfert hatte, wird von Herkules aus dem Totenreich zurückgeholt, wobei sich Admet beim glücklichen Wiedersehen als ziemlich begriffsstutzig erweist). Von Mozarts großem deutschem Singspiel Die Entführung aus dem Serail, nur neun Jahre später entstanden, ist Alceste scheinbar unendlich weit entfernt. Dennoch ist der Einfluss dieser Oper als Wegbereiter für die deutsche Sprache auf der Opernbühne groß – und trotzdem wäre es vorerst wohl nicht zu einer CD-Einspielung gekommen, hätte sich nicht in Weimar, also am Entstehungsort des Werkes, ein Kreis engagierter Künstler und Kulturbegeisterter gefunden, die aus Interesse an der Widerbelebung des Gesamtwerkes Wielands eine Aufführung der Alceste und schließlich (teilweise unter Verzicht der Musiker auf Honorare) in Zusammenarbeit mit dem MDR und der Firma NAXOS auch die vorliegende Aufnahme ermöglichten.

Musikalisch bestechen vor allem die beiden Sopranistinnen Ursula Targer und Sylvia Koke, beide mit leichten und beweglichen, dabei aber auch leuchtenden Stimmen, die auch in den Koloraturen sehr sicher geführt sind. Tenor Christian Voigt und Bass Christoph Johannes Wendel können an Glanz da nicht ganz mithalten, lösen ihre Aufgaben aber durchaus zufriedenstellend. Sehr zuverlässig spielt das Philharmonische Orchester Erfurt, dass sich hervorragend auf den Tonfall dieser Musik einstellt. Durchweg ausgezeichnet sind auch die Soli der Orchestermusiker, etwa die konzertierende Solovioline. Dirigent Stephan E. Wehr balanciert die Musik sehr geschickt aus zwischen dramatischem Gestus und der Schlichtheit, die letztendlich (bei aller Virtuosität im Detail) das Werk kennzeichnet. Die Musik dient hier nie als Vorlage für die Selbstdarstellung der Musiker, sondern alle stellen sich in den Dienst des Werkes – und das ist bei Wehr und seinem Ensemble hervorragend aufgehoben.

Das schwierige Verhältnis zwischen Musik und Text wird von Wieland und Schweitzer sicher nicht ansatzweise gelöst, und daraus entstehen manche Stolperstellen, insbesondere in den oft unausgereiften Rezitativen. Aber auch wenn Alceste kein ganz großer kompositorischer Wurf ist, so überzeugt doch der Abwechslungsreichtum der vorhandenen musikalischen Mittel beim Anhören letztendlich mehr als der Text, dem die ursprüngliche Aufmerksamkeit der Produzenten galt- und darin gewinnt die Aufnahme ihren Reiz jenseits eines rein musikhistorischen Interesses.


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Cover

Anton Schweitzer:
Alceste


Alceste: Ursula Targler
Parthenia: Sylvia Koke
Admet: Christian Voigt
Herkules: Christoph Johannes Wendel

Opernchor des Theaters Erfurt
Einstudierung: Andreas Ketehut

Philharmonisches Orchester Erfurt
Dirigent: Stephan E. Wehr

Aufnahme: Erfurt, 28.-30.5.2001
NAXOS 8.555925-26 (2 CDs)



Da capo al Fine

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