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Willkommenes QualitätserzeugnisBereits 1999 war eine bemerkenswerte, auch klangtechnisch sehr gelungene Siegfried-Aufnahme bei der rührigen Ratinger Firma ARS Produktion herausgekommen, als erster von vier Live-Mitschnitten des in den Jahren 1997 bis 1999 vom damaligen Intendanten Michael Leinert neuinszenierten Ring des Nibelungen am Staatstheater Kassel - damals von vielen aufgrund der gelungenen Ensembleleistung, der spürbaren Begeisterung und der Frische der Beteiligten von der Kritik gelobt, nicht zuletzt auch wegen des sorgfältigen, ausgewogenen, kontrollierten und doch stets intensiven, Spannung erzeugenden Dirigats Roberto Paternostros. Besonders Christian Franz hat sich inzwischen einen Namen gemacht in der kleinen Gruppe der Heldentenöre: Er singt nicht nur an seinem Stammhaus, der Staatsoper Berlin, erstes Fach, sondern in diesen Tagen auch bei den Bayreuther Festspielen die hier eingespielte Partie. Bei aller Irritation über das ausgeprägte Vibrato, über Intonationsschwankungen, über das eher charakter- als heldentenorale Timbre (das seinen Einsatz als Loge in derselben Produktion nachvollziehbar macht): Den jugendlichen Überschwang des Titelhelden und dessen aufbrausendes Temperament nimmt man dem Sänger ab, er steht die Partie auch weitgehend mühelos durch (was ja nicht wenig ist in diesen Zeiten), und er ist nicht nachlässig in der Artikulation des Wagnerschen Textes. Manfred Jung gab einen vielschichtigen, nicht über Gebühr übertreibenden Mime von wechselvoller Stimmqualität, Claudio Otelli war der eher langweilige, oberflächliche, undeutlich und mit viel Druck singende Wanderer, Klaus Wallprecht ein nuanciert-suggestiver Alberich, Dieter Hönig ein harmloser, blasser Fafner, Silke Marchfeld eine vorwiegend in der Tiefe überzeugende Erda mit ansonsten unausgeglichener Stimme, Marisca Mulder ein wohl optisch überzeugenderer Waldvogel mit eher unattraktivem Timbre. Besondere Aufmerksamkeit erzielte die Brünnhilde Susan Owens, deren gesundes, bis zu den leuchtenden Spitzentönen unverkrampftes, stets schlankes, die vom Komponisten gewünschte dynamische Bandbreite auskostendes und unerhört textverständliches Singen diese Einspielung habenswert machte. Viel Lob verdient daneben das vorbildlich pralle Beiheft mit den erhellenden Artikeln zur Inszenierung, Premierenkritiken, den informativen Biografien der Mitwirkenden, den freundlich-anerkennenden Grußworten von Wolfgang Wagner, Götz Friedrich und Ioan Holender (in deutscher wie in englischer Sprache), den vielen eindrucksvollen Produktionsphotos und nicht zuletzt mit dem vorbildlichen Abdruck des Librettos mit den Noten der wichtigsten Leitmotive, was eine intensivere Beschäftigung mit dem Werk leicht macht. Die gepriesene editorische Sorgfalt gilt uneingeschränkt auch für die im Juni veröffentlichte Götterdämmerung-Aufnahme, die ein gelungenes tönendes Zeugnis dafür ist, was ein Opernhaus mittlerer Größe und begrenzter finanzieller Möglichkeiten zu leisten vermag (hoffentlich müssen wir nun nicht wieder zwei Jahre warten, bis die beiden verbleibenden Teile des Bühnenfestspiels auf den Markt kommen!). Und wieder ist es Susan Owen, die den stärksten musikalischen Eindruck hinterlässt und mit ihrer Leistung viele vermeintlich hochdramatische Kolleginnen deklassiert: Die Mittellage und Tiefe ihres kraftvollen, aber stets diszipliniert geführten, auch für schnellere Notenwerte und geschmackvoll eingesetzte, gehaltvolle Piani noch ausreichend flexiblen Soprans sind hörbar, aber nicht auf Kosten der nach wie vor strahlenden, unerhört sicheren Höhe nachgedunkelt, sie bewältigt die kräftezehrende Partie mit nie nachlassender musikalischer Präzision und interpretatorischer Reife (und das beim Rollendebüt!), die Brünnhildes ungeheure Liebeskraft ebenso nahe gehen lassen wie ihre Verletztheit, ihre Wut- und Rachegefühle und ihr Abgeklärtsein am Ende. Christian Franz' diesmal hörbar überstrapazierter, besonders bei länger zu haltenden Tönen unschön ausgeleierter Tenor ist dagegen streckenweise eine Pein. Er klingt am besten, wenn er sich gegen Ende des ersten Aufzugs den Gunther mimend in der wenig anstrengenden Gunthertessitur bewegt und wenigstens für einen Moment sein forciertes Dauerforte aufgibt. Bodo Brinkmann war 1999 über den Zustand "sommerlich reifer Stärke" weit hinaus und kann die erheblichen stimmlischen Verschleißerscheinungen nur streckenweise durch seine immense Erfahrung in diesem Fach und pseudoexpressiven Sprechgesang kompensieren, während Gertrud Ottenthal sich durchaus Mühe gibt, mit ihrem vollen, nicht immer ausgeglichenen und in der Tiefe deutlich schwächeren jugendlich-dramatischen Sopran der Gutrune Format zu verleihen. Manfred Volz' hintergründigem, aber sehr diskreten Hagen fehlt es für meinen Geschmack an der nötigen Schwärze, der diabolischen Ausstrahlung und der Kraft in den Extremlagen. Renée Morloc war eine temperamentvoll-berührende Waltraute mit dem nötigen Schuss Metall in der Stimme, die keine schlechte ist, wenn die Tessitura stimmt. Solides Niveau bieten auch die Interpretinnen der Nornen - besonders Joke Kramer mit ihrer ausladend-gebieterischen Tiefe -, der Rheintöchter und auch die Chöre, während das Orchester des Staatstheaters erneut eine Spitzenleistung zustande bringt, souverän gelenkt von Roberto Paternostro, der es glänzend versteht, schöne Einzelleistungen zu einem stimmigen Ganzen zusammenzufügen und ohne spektakuläre Tempi einen nicht enden wollenden Spannungsbogen zu konstruieren, was umso mehr erstaunt, als Wagners Tetralogie Neuland für ihr war. Eine interessante Aufnahme also, die Geneigte in einer vom Kunstschmied Michael Schrader entworfenen Metallskulptur unterzubringen die Chance haben. Die Skulptur wird im Booklet zur Bestellung angeboten. Von Thomas Tillmann |
![]() Richard Wagner Der Ring des Nibelungen Ein Bühnenfestspiel für drei Tage und einen Vorabend Siegfried Zweiter Tag
Aufnahme: Staatstheater Kassel
Aufnahme: Staatstheater Kassel |
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