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Dmitri Schostakowisch:
Klavierkonzerte Nr. 1 und 2

Beißend ironische Rehabilitierung

Von Silvia Adler

Fast ein Vierteljahrhundert liegt zwischen der Entstehung von Schostakowitschs erstem und seinem zweitem Klavierkonzert. Die Lebenssituation des Komponisten, die sich in den beiden Werken niederschlägt, könnte unterschiedlicher kaum sein: Während das 1933 komponierte c-Moll-Konzert in einer Phase des musikalischen Aufbruchs entstand, spiegelt das 1957, vier Jahre nach Stalins Tod, geschriebene F-Dur-Konzert die finstere Periode kommunistischer Kulturrepression.

Gemeinsam mit dem georgischen Pianisten Alexander Toradze hat das hr-Sinfonieorchester unter Leitung seines Chefdirigenten Paavo Järvi die beiden Konzerte neu eingespielt. Mit messerscharf akzentuiertem, farbmächtigem Klang schöpfen Pianist und Orchester das erzählerische Potential des von Experimentaltheater und Filmmusik inspirierten 1.Klavierkonzerts aus und verleihen den Parodien und satirischen Einschüben markante Konturen. Während der Trompeter Jürgen Ellensohn sein Instrument in den Karikaturen des ersten Satzes so pointiert einsetzt wie einen gespitzten Zeichenstift, malen Klavier und Orchester das musikalische Tableau in stark kontrastierender Farbschichten aus: Mal skizzenhaft, mit fein geschärfter Linienführung, mal satt romantisch mit breitem Pinselstrich. Eben dieses blitzschnelle Umschalten, der rasche Wechsel von einem musikalischen Tonfall in den anderen, macht den Reiz der Aufnahme aus. Hierin liegt auch die Stärke es Pianisten, der die Zitate von Chopin und Tschaikowsky ebenso wirkungsvoll auf den Punkt bringt wie die scharfzüngigen parodistischen Pointen.

Was sein zweites Klavierkonzert anbelangt, sah sich Schostakowitsch häufig dem Vorwurf angesetzt, er würde sich in seiner Art des Komponierens allzu sehr an die staatlich verordnete sozialistischen Kunstdoktrin anpassen. Die vor beißender Ironie nur so strotzende Interpretation die Paavo Järvi mit seinem Orchester vorlegt, scheint dieser These aufs entschiedenste zu widersprechen und klingt wie eine späte Rehabilitierung des Komponisten. Schon der erste Satz erscheint als eine grotesk pfeifende, sarkastische Karikatur des von den sowjetischen Kunstfunktionären geforderten Optimismus. Ein fratzenhaft verzerrter, fast irrsinniger Frohsinn ist es, den Schostakowitsch den Kunstwächtern da auftischt. Der zweite Satz dagegen wirkt in seiner vollendeten Klangschönheit - die sowohl von Klavier wie vom Orchester beredt ausgekostet wird - wie ein Blick zurück in ein verlorenes goldenes Zeitalter der Musik. Als eine grausam erzwungene, erbärmliche Clownerie erscheint schließlich der letzte Satz. Mit dem hohlen Klang eines hämmernden Jahrmarktsxylophons scheint das Klavier seiner Würde beraubt, vollkommen sinnentleert klingen auch die erschreckend banalen Rhythmen in denen sich das Orchester aufreibt.

Drastischer und unzweideutiger als auf dieser CD kann man Schostakowitschs bittere Anklage gegen die ihn bedrängende Repression kaum formulieren. Schade, dass das Beiheft der CD diese Sichtweise mit keiner Zeile unterstützt. Mit Schostakowischs Concertino in a-Moll, das von den Pianisten Alexander Toradze und George Vatchnadze bestritten wird, bietet die Einspielung eine seltene zu hörende Rarität als Zugabe.

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Dmitri Schostakowitsch:
Piano Concerto n° 1& 2


Alexander Toradze, Klavier

George Vatchnadze, Klavier (Concertino)

hr-Symphonieorchester Frankfurt

Leitung: Paavo Järvi

eingespielte Werke:

Klavierkonzert Nr.1 c-Moll op.35
Klavierkonzert Nr.2 F-Dur op.102
Concertino für zwei Klaviere a-Moll op.94

Gesamtspielzeit: 56:14


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