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Dialogues
Jirí Bárta und Schola Gregoriana Pragensis Dialoge mit der ZeitVon Michael MagercordEin Dialog mit Konzept und eine CD als Projekt. Oder umgekehrt: Eine
Konzept-CD über das Projekt Dialog? Oder einfach ein Crossover der klassischen
Musik?
So ganz lässt sich die CD „Dialogues“ nicht fassen, deshalb erst einmal
die Fakten: Zu hören sind ein Männerchor in der Tradition des gregorianischen
Gesangs und der versierte Cellist-Solist Jiri Barta. Zusammen versuchen sie sich
nicht nur an einem Dialog zwischen zwei unterschiedlichen Musikauffassungen,
sondern auch über die Zeiten hinweg.
Zwei Passagen werden einzig bestimmt von Werken, die sich aus böhmischen
Quellen des 14. Jahrhunderts speisen und ganz und gar an der gregorianischen
Gesangsstruktur orientieren. Das Cello schmiegt sich darin zwar ganz
unaufdringlich ein. Doch diese leichtverständlichen Lieder umrahmen nur das Kernstück der CD,
mit der auch der Spagat – oder eben der Dialog – beginnt. Es handelt sich um
eine Vertonung von Psalmen für gregorianische Männerstimmen, Vibraphon, Harfe
und vier Cellos, die hier auf eines, nämlich jenes von Jiri Barta, reduziert
worden ist. Misere heißt das Stück aus dem Jahre 1993, komponiert hat es
der 1954 geborene polnische Komponist Pawel Szymanski. Das eigenwillige Werk ist
zugleich Höhe- und Tiefpunkt der musikalischen Turnübung, denn wie es beim
Spagat nun einmal so ist, sinkt man immer weiter in die Tiefe, je mehr man sich
in die Weite streckt. Hoch oder tief also? Wirkt es nicht alles sehr angetrengt: Cello-Einlagen
vor Mittelalter-Soudbackground mit mutlos gewisperten, etwas altbackenen
Weissheiten? Oder ist es doch die gewagte Übung des Zusammenpralls von
musikalischen Gegenmodellen? Konzeptlos oder überkonzipiert?
Alle Interpretationen scheinen möglich, und man bliebe von diesem Projekt
des zeitaufhebenden Dialoges doch etwas ratlos zurück, käme da nicht noch die
gregorianisch-cellistische Variate der Fratres vom Altmeister der
metaphysischen Moderne Arvo Pärt. Und wäre da am Ende nicht noch das Solostück
für Cello In der Schlucht von Martin Smolka aus dem Jahre 2009, das auf
dieser CD seine Ersteinspielung erfährt. So löst sich zum Schluss dieser immerhin gewagte Dialog in einem klarverständlichen und aussagevollen Monolog auf. Dafür dankt der Hörer, dessen Dialogbereitschaft allerdings durchaus von der CD belohnt wird durch interessante und teils intensive Auseinandesetzungen, die dabei immer in einer angenehm meditativen Stimmungslage verbleiben. Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Dialogues Jirí Bárta und Schola Gregoriana Pragensis künstlerische Leitung: David Eben Harfe: Katerina Englichova Vibraphon: David Rehor 2. Cello: Jitka Vlasankova Graduale Universi 11:40 Gesamtspieldauer 63'55 Supraphon SU 4009-2 231
Weitere Informationen und Hörbeispiele: |
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